Wichtiger Befreiungsschlag des RKH - die Füchse konnten im vorletzten Spiel der Saison die rote Laterne loswerden. Foto (c) Feltes
Der vorletzte reguläre Spieltag der Rugby-Bundesliga bot einige packende Derbys, eine Vorentscheidungen im Kampf gegen den Abstieg sowie um die Playoff-Plätze und viel packendes Rugby. Der SC Neuenheim feierte einen in der Höhe kaum erwarteten Derby-Triumph, der die Königsblauen auf Platz zwei katapultiert, während Heusenstamm ein wichtiger Befreiungsschlag im Keller gelang. Hamburg und der BRC gewannen ihre Derbys im Norden.
Süd/West
TSV Handschuhsheim 7-39 SC Neuenheim
Mit einem derart deutlichen Derbysieg der Neuenheimer hätten wohl selbst die größten Optimisten unter den Anhängern der Königsblauen nicht gerechnet. Noch weniger hätten damit vor rund einem Monat erwartet, dass der SCN den Erzrivalen noch abfangen würde können - doch nach drei Löwen-Pleiten in Serie steht der SCN nun tatsächlich auf Rang zwei und kann gegen die RGH kommende Woche das Heim-Viertelfinale perfekt machen.
Im Derby zeigten die Neuenheimer, noch ganz anders als in der Hinrunde, von Anfang an die Leidenschaft, die dieses Traditionsduell erfordert. Während die Löwen größtenteils lethargisch agierten, brachte SCN-Achter Rinklin die Gäste nach nicht einmal fünf Minuten mit einem starken Antritt in Führung.
Handschuhsheim wehrte sich, rannte aber minutenlang vergebens gegen die Neuenheimer Linie an. Wenig später erhöhte Neuenheims Hüne Henning Brockmann, der aus letzten Sommer aus Hamburg gekommen war und bisher wenig Erfahrung mit der „Mutter aller Derbys“ hatte. Neuenheim war nun wieder dominant, vor allem auch bei den Standards, was in der Vergangenheit gegen Handschuhsheim selten der Fall war.
Noch bis zur Pause konnte Neuenheim erneut durch Innen Wakefield erhöhen und für klare Verhältnisse sorgen. Als ein Neuenheimer Paket dann mit dem Pausenpfiff zu Boden gebracht wurde, identifizierte Schiedsrichterin Latos Löwen-Prop Schüle als Schuldigen und schickte ihn mit Gelb zum Abkühlen, während die Neuenheimer einen Strafversuch zugesprochen bekamen, der gleichbedeutend mit der 26-0 Führung und dem Offensiv-Bonus war.
In Durchgang zwei startete der TSV direkt mit mehreren Wechseln, doch die ersten Punkte gingen wieder an die Gäste. Nikolai Klewinghaus versenkte ein Dropgoal und wenig später einen Straftritt, womit die Führung 20 Minuten vor Schluss auf 32-0 anwuchs. Dem eingewechselte Bennet Veil gelang dann noch der Ehrenversuch für die Löwen, da war die Partie aber bereits lange verloren.
Den Schlusspunkt setzte dann Neuenheims eingewechselter Stürmer Conor Arnold, der aus SCN-Sicht ein Ausrufezeichen hinter einen wichtigen Derbysieg setzte. Neuenheims Team-Manager Axel Moser sprach im Nachgang davon, dass man mit diesem Sieg „die Scharte aus dem Herbst ausgewetzt habe“. Er habe, so Moser gegenüber TR, während des gesamten Spiels nie den Eindruck gehabt es könne etwas schief gehen. Diese Leistung sei die beste unter Trainer Curtis Bradford bisher.
Handschuhsheims Pressesprecher Moritz Bayer analysierte derweil: „Wir haben zu keinem Zeitpunkt richtig ins Spiel gefunden, uns hat ein wenig der Kampfgeist gefehlt - man muss gleichzeitig anerkennen, dass der SCN bockstark gespielt hat!“ Die Handschuhsheimer erwartet damit wohl ein Trip im Playoff-Viertelfinale zur Germania List, oder dem Berliner RC, wie schon im Vorjahr. Neuenheim darf derweil, sofern man gegen die RGH nichts anbrennen lässt daheim den Verlierer aus dem Duell SCG gegen BRC empfangen.
RK Heusenstamm 34-24 RG Heidelberg
Für die Füchse ist dieser Sieg der erhoffte Befreiungsschlag, mit dem sie am vorletzten Spieltag die rote Laterne an den Aufsteiger Köln abgeben. Ohne Coach Markus Walger, der selbst wenige Kilometer weiter beim Jugendfestival der Frankfurter weilte, spielte dessen Team ein schnelles Spiel und zeigte mehr Determination als die Gäste - obwohl es für diese noch immer um den Playoff-Einzug ging.
Direkt zum Auftakt tankte sich Füchse-Achter Nicholas Rainger nach einem RGH-Fehler zum ersten Versuch durch - da waren nicht einmal zwei Minuten gespielt. Die RGH konterte mit zwei schnell herausgespielten Versuchen durch Louis Biniak und Finn Dieckmann, doch noch vor der Pause konnte Heusenstamm die Führung zurückerobern. Nationalspieler Zinzan Hees und der südafrikanische Schluss Jarred du Plessis stellten auf 15-12 für die Gastgeber.
Auch in der zweiten Halbzeit blieb es weiter ein munteres Duell mit hohem Tempo. Zunächst war es wieder die RGH, die das Spiel wendete, als Luca Meffert per Versuch auf 19-15 stellte. Dann folgte eine wilde Viertelstunde, in der es das Feld hoch und runter ging und Heusenstamm zu drei Versuchen durch Cloppenburg, Franke und du Plessis kam, während RGH-Youngster Nick Hittel für die Gäste punktete.
In den letzten zehn Minuten war dann die Luft raus und spätestens, als sich der eingewechselte RGH-Prop Falcone einen gelben Karton abholte, war die Partie gelaufen. Heusenstamm hatte endlich wieder einen Grund zu jubeln und hat nun doch beste Chancen, die Klasse zu halten, auch wenn es kommende Woche zum TSV Handschuhsheim geht. Denn der direkte Konkurrent Köln hat Meister Frankfurt 1880 zu Gast und ist in diesem Duell krasser Außenseiter.
München RFC 47-17 RSV Köln
Der Ausflug des Aufsteigers in die bayerische Landeshauptstadt war aus mehrererlei Hinsicht ein bitterer. Nicht nur vergab der RSV eine ordentliche Pausenführung und verpasste es in einer schwachen zweiten Hälfte zumindest einen Bonuspunkt zu holen - zu allem Überfluss gelang Heusenstamm im Parallelspiel noch der Big Point, womit Köln nun akut abtiegsgefährdet ist. Die Münchner Gastgeber wiederum haben nun sehr gute Chancen, kommendes Wochenende daheim den Playoff-Einzug gegen Offenbach zu feiern.
Den besseren Start in die Partie hatten die Kölner, da sich Flanke Christoph Weißberg nach weniger als fünf Minuten den Weg über die Linie bahnte. Nach zwei Straftritten durch Niklas Hohl erhöhte dann RSV-Eigengewächs Fritz Schäfer auf 14-6, bevor es nach je einem weiteren Straftritt auf beiden Seiten mit einer 17-9 Führung für die Gäste in die Pause ging.
Direkt nach dem Pausentee schafften die Münchner durch einen Versuch von Neuner Cabrera nach schnell angekratztem Straftritt den Anschluss. Nach zehn Minuten Leerlauf kippte das Momentum dann aber vollends und die Gäste hatten nicht mehr viel hinzuzusetzen. Erneut Fabrizio Cabrera und Außen Fred Odur besorgten per Doppelpack die erste Münchner Führung.
In der Schlussphase machten die Münchener dann eine klare Angelegenheit draus und erzielten drei weitere Versuche in der Schlussviertelstunde gegen resignierende Kölner. Schiavini, Niklas Hohl und erneut Schiavini schraubten das Punktekonto weiter hoch. Für den Kampf um Rang vier sind dies gute Nachrichten, denn Offenbach blieb im verschobenen Spiel gegen Frankfurt punktlos und hat nun vier Zähler Rückstand auf die Münchner, denen damit schon eine knappe Niederlage ohne Offenbacher Bonuspunkt reichen würde, um Platz vier zu verteidigen. Köln wiederum steht aufgrund des deutlichen Heusenstammer Sieges gegen die RGH nun kurz vor dem direkten Wiederabstieg, da gegen Frankfurt 1880 wohl keine Punkte zu erwarten sind.
Frankfurt 1880 41-12 Offenbacher SCR
Eigentlich hätte diese Partie bereits am Donnerstag-Abend ausgetragen werden sollen, da Frankfurt das Wochenende über sein großes Jugendfestival ausgetragen hat, das im Verein alle Kräfte bindet. Am Donnerstag zogen dann aber heftige Gewitter durch das Rhein-Main-Gebiet und der Ausnahmezustand wurde ausgerufen, so dass die Partie nicht ausgetragen werden konnte.
Schließlich konnten beide Teams am Sonntag-Abend einen Ersatz-Termin miteinander vereinbaren, was dank der geringen Distanz beider Städte, die mit der S-Bahn nur Minuten auseinander sind, kein Problem war. In einer mit viel Physis geführten Partie übernahmen die Frankfurter früh das Zepter und konnten sich auf ihre Leistungsträger um Adler-Innen Leo Wolf, den fidschianischen Außen Mandanawa sowie Raynor Parkinson verlassen.
Zur Pause war der Bonuspunkt für 1880 beim Stand von 26-0 bereits in der Tasche. In Durchgang zwei erhöhte zunächst Adler-Achter Marcel Henn mit einem starken Antritt, bevor es in der Schlussphase hektisch wurde. Zunächst holte sich Frankfurt-Außen Mandanawa für ein gefährliches Tackle einen gelben Karton ab. In Überzahl folgten Offenbachs erste Punkte durch den Georgier Elisashvili, bevor Frankfurts junger Prop Chris Edene für einen Kopfstoß rot sah.
Doch ausgerechnet in doppelter Unterzahl erhöhte Frankfurt noch einmal die Schlagzahl und stellte auf 41-12 durch Versuche von Stella und Dixon. Mit dem Schlusspfiff dann der zweite Offenbacher Versuch durch den Amerikaner Christian Holmes, der einst selbst für 1880 auflief. Rein rechnerisch ist Frankfurt damit nun nicht mehr von Rang eins zu verdrängen, während Offenbach ein direktes Duell in München um Rang vier hat.
Nord/Ost
Hannover 78 48-12 Victoria Linden
Hannover 78 kann nach dem Sieg gegen den Hannoveraner Rivalen mit dem Heim-Viertelfinale planen. Da BRC und Germania List sich kommendes Wochenende gegenseitig die Punkte nehmen, ist der Vorjahres-Nordstaffelsieger nicht mehr aus den Top-Zwei zu verdrängen. Dabei war die vermeintliche Pflichtaufgabe ein hartes Stück Arbeit.
Trotz der frühen Führung der Gastgeber nach einem schönen Spielzug, abgeschlossen durch 78-Topscorer Alex Brosowksi, hielt Victoria nach Kräften dagegen und warf sich in jeden Kontakt. Der wuchtige Innen Niklas Stehling legte nach einer Viertelstunde für 78 mit einem starken Ballvortrag nach. Danach war es Zweite-Reihe-Stürmer Jaide Barlow, der für 78 den Offensiv-Bonus eintütete.
Noch vor dem Pausenpfiff machte 78-Außen Brosowski mit zwei weiteren Versuchen seinen lupenreinen Hattrick perfekt, konnte aber selbst nur einmal erhöhen, weswegen es mit 29-0 in die Pause ging. Aus der Umkleidekabine kamen die Zebras noch einmal mit viel Willen Zebras-Sturm-Tank Jeremy Küster belohnte die Gäste dann mit ihrem ersten Versuch.
Im Norden weiter unangefochten: Hannover 78 steht vorm erneuten Staffelsieg in der Bundesliga Nord
Doch an der Überlegenheit der 78er, besonders im Kombinationsspiel, änderte das wenig. Denn Alex Brosowski wurde wenig später zu seinem vierten Versuch freigespielt. Erst als Liam Boese mit Gelb vom Feld musste, kam Victoria noch einmal auf und punktete durch Hakler van Jaarsveld.
Als Felix Eilers dann vom Feld musste und 78 schon das gesamte Kontingent aufgebraucht hatte, bestand für wenige Minuten gar eine doppelte Überzahl für die Gäste. Doch 78 verteidige aufmerksam und konnte in der Schlussphase sogar noch zwei Versuche durch Hohls und Piosik nachlegen.
78-Coach Christian Doering fasste das Geschehen anschließend wie folgt zusammen: „Wir haben nicht schön, aber mit Bonuspunkt gewonnen. Leider haben wir unsere Überlegenheit nicht so richtig in Punkte umsetzen können. Das wollen wir im nächsten Heimspiel gegen den HRC besser machen und die Nordmeisterschaft eintüten.“ Victoria wiederum ist im Abstiegs-Endspiel bei St. Pauli kommende Woche zum Siegen verdammt, sonst steigen die Zebras ab.
Hamburger RC 31-24 FC St. Pauli
Nach mehreren enttäuschenden Leistungen, die auch im Verein für viel Unmut sorgten, kann man den Paulianern zumindest den Kampfgeist nicht absprechen. Im Hamburger Derby lieferten die Braun-Weißen dem favorisierten HRC einen leidenschaftlichen Kampf. Dabei war besonders der erste Durchgang äußerst ausgeglichen. Nach Versuchen von Hamburgs Achter von der Lohe, sowie Noel Bandholz lagen die Roten zur Pause mit 18-17 in Front. Pauli-Neuner O’Sullivan hatte von einem Fehler profitiert und war zum ersten Versuch der formal als Gäste auftretenden Pauli-Rugger abgelegt und später einen Doppelpack geschnürt.
Nach der Pause zog der Hamburger RC dann konsequent auf 31-17 davon, dank eines Versuchs von Fernando Raga, sowie drei Straftritten von Tom Hilll. In der Schlussphase machte es St. Pauli noch einmal spannend, als Lucas Dau erneut für Braun-Weiß punktete und den Anschluss herstellte. Doch in der Schlussphase verteidigte der HRC die Pauli-Angriffe souverän herunter und holte sich damit den zweiten Derbysieg in dieser Saison. Für mehr als Rang fünf reicht dies aber nicht mehr. Sankt Pauli wiederum darf im letzten Heimspiel auf keinen Fall gegen Victoria Linden verlieren, sonst droht der Abstieg in Liga zwei.
HRC-Pressesprecher Höllmann, der selbst auf dem Rasen stand, kommentierte anschließend gegenüber TR: "St. Pauli hat wie erwartet hart gekämpft und alles gegeben, aber ich glaube, sowohl die beiden direkten Vergleiche als auch die Tabelle sprechen für sich. Jetzt gilt es, sich auf das letzte Spiel der Saison zu konzentrieren und uns gebührend aus der Saison 23/24 zu verabschieden."
RK 03 Berlin 7-76 FC St. Pauli
Es war ein intensives Berliner Derby, allerdings nur in der ersten halben Stunde. In der Auftaktphase konnten die Gastgeber vor solider Kulisse die physische Härte des Berliner RC mitgehen und selbst mehrfach gefährlich in die 22 der Gäste vorstoßen, auch wenn dabei nur ein Versuch durch RK-Schluss Amouroux raussprang.
Der BRC dagegen hatte von Anfang an einen klaren Spielplan und bahnte sich mit Achter Zimmermann und der starken ersten Reihe um Mathis Blume und Fatu Stone immer wieder den Weg über die Vorteilslinie. So ging es mit 15-7 in die Pause und in Durchgang zwei hatte der RK nicht mehr viel entgegenzusetzen.
Zunächst verletzte sich Kapitän Rettstatt schwer an der Schulter und danach brachten die Gäste wertvolle Verstärkungen auf den Rasen, allen voran Gabriel Hellstern, der für einen Stürmer ein beeindruckendes Tempo mitbrachte. So erzielten die Gäste Versuche im Minutentakt und der RK derweil nur Fehler, die zu Straftritten führten.
Dass in der Schlussphase mit Nico Hentze und Simon Lüders zwei Youngster für den BRC auf dem Feld standen, die bis 2023 alle Jugendteams des RK durchlaufen hatten, machte die Derbyklatsche für den RK nicht einfacher. Der BRC kann nun mit einem Heimsieg gegen Germania List das Heim-Viertelfinale in den Playoffs klarmachen, während der RK 03 nach nunmehr zwei deftigen Klatschen in Serie zum RC Leipzig muss - mit sehr viel Pech droht den Berlinern gar noch der Abstand, da St. Pauli und Victoria Linden im direkten Duell noch vorbeiziehen können.
SC Germania List 31-41 RC Leipzig
Im Kampf um eine gute Ausgangsposition in den Playoffs erlitt Germania List gegen den RC Leipzig einen schweren Rückschlag. Während die direkten Konkurrenten punkteten, verloren die Germanen ihr Heimspiel gegen den RC Leipzig. Trotz eines Traumstarts mit einem Versuch nach nur drei Minuten für Germanias Achter Henrik Meyer ergriffen die sächsischen Gäste schon in Durchgang eins das Kommando.
Zweite-Reihe-Stürmer Richard Klinner konnte für die SCG noch einen weiteren Versuch legen, doch Leipzig derer vier. Carrearas, der Südafrikanische Neuner Kriel und Leipzigs Speedster Pule Sibiya punkteten allesamt zum 24-15 Pausenstand. Und auch wenn Leipzig durch einen Doppelschlag durch den eingewechselten Nico Windemuth wieder herankam, sollte Leipzig doch an diesem warmen Nachmittag in Hannover den längeren Atem haben.
Obwohl die Gäste zehn Minuten in Unterzahl agierten, nachdem Zweite-Reihe-Stürmer Huber Gelb sah, sorgte Sibiya mit einem Doppelpack, sowie erneut Leipzigs fleißigster Punktesammler Esias Kriel für den am Ende ungefährdeten Sieg. Leipzig ist dennoch hinter Germania List und außer Reichweite, jedoch mit großem Abstand Vierter vor dem HRC - egal wie das kommende Heimspiel gegen den RK 03 ausgeht, die Leipziger werden in den Playoffs nach Frankfurt fahren. Germania wiederum kann beim BRC mit einem Sieg auf Rang zwei zurückkehren und damit ein Heim-Viertelfinale klarmachen.
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