TR-Vorschau Six Nations: Erobern die Iren Twickenham und holen den Titel vorzeitig?
Geschrieben von TotalRugby Team
Freitag, 8. März 2024
Können die Iren schon am vorletzten Spieltag den Titel bejubeln? Foto (c) World Rugby
Am vorletzten Wochenende der Six Nations könnte es bereits eine Vorentscheidung geben. Die Iren könnten mit einem Bonuspunktsieg in Twickenham schon jetzt den Titel eintüten, selbst wenn der direkte Verfolger Schottland in Rom die vollen fünf Zähler einfahren sollte. Doch dort erwartet die Schotten eine nicht zu unterschätzende Aufgabe. Am Sonntag wollen die bisher sieglosen Waliser ihre Bilanz aufbessern, während Frankreich nach bisher enttäuschenden Six Nations unter Druck steht.
HINWEIS: Alle drei Spiele werden bei More than Sports TV übertragen. Der Sender ist im Kabel verfügbar und kann gratis online gestreamt werden.
Italien - Schottland
Samstag 9. März 15:15 Uhr, Stadio Olimpico Rom
Beide Teams gehen mit Rückenwind in diese Partie. Doch während die Schotten am letzten Spieltag einen weiteren Sieg gegen den Erzrivalen England feiern konnten, werden sich viele Italiener fragen, wie sie ihr Gastspiel in Frankreich nicht gewonnen haben. Das 13:13 in Lille schmeichelte am Ende vor allem den Franzosen, die in der Nachspielzeit beim Straftritt von Garbisi vom Pfosten gerettet wurden.
Jetzt hat Italien im letzten Heimspiel vor ausverkaufter Kulisse und über 70.000 Fans im Rücken die Chance, endlich den ersten Heimsieg seit elf Jahren zu holen. Denn alle Erfolge in der Zwischenzeit, die Siege in Schottland und Wales, sowie das Remis gegen Frankreich, haben die Azzurri allesamt auswärts eingefahren. Dass die Italiener daheim unter dem neuen Coach Gonzalo Quesada durchaus stark auftreten, haben sie gegen England bewiesen, als man mit nur drei Zählern unterlag.
Weiteren Rückenwind bringt ein Neuling: Louis Lynagh hatte sich vor zwei Wochen zu seinem Geburtsland bekannt. Der Sohn des Australischen Weltmeisters Micheal Lynagh und einer italienischen Mutter wurde in Treviso geboren, hätte aber auch für England und Australien auflaufen können. Mit nur 23 Jahren hat er sich bei den Harlequins in der Premiership einen Ruf als exzellenter Finisher erarbeitet. Dazu kehrt mit Sebastian Negri ein erfahrener Leistungsträger in den Sturm der Azzurri zurück. Er wird Kapitän Lamaro, der der fleißigste Tackler im gesamten Wettbewerb ist, im Kampf an den Kontaktpuntken unterstützen.
Sollte Duhan van der Merwe wie gegen England auftreten, dürfte Schottland mit Titelchancen in das letzte Wochenende gehen
Die Schotten wiederum müssen in Rom gewinnen und zwar am besten mit einem Bonuspunkt. Dazu müssen die Männer von Coach Townsend darauf hoffen, dass Irland gegen England keinen Offensivbonus holt. Nur so hat das Team noch eine Chance auf den Titel und uns würde ein echtes Titelendspiel am letzten Wochenende bevorstehen. Nach zuletzt acht Siegen in Folge gegen Italien gibt sich der schottische Trainer dennoch vorsichtig. Townsend erwartet eine „der größten Herausforderungen“ in dieser Saison.
Dass dabei mit Sione Tuipulotu ein Leistungsträger fehlt, ist aus schottischer Sicht schmerzlich. Mit Cameron Redpath ist ein spielstarker Innen als Ersatz da, der aber nicht annähernd so durchbruchsstark ist. Außerdem rückt der dynamische Neuner George Horne neu ins Team. Spielantreiber und Kapitän wird wieder einmal Finn Russel sein, der mit den ungewöhnlich regnerischen Bedingungen in Rom kein Problem haben sollte.
TotalRugby-Prognose: Für Italien ist der letzte Auftritt vor vollem Haus in Rom die vielleicht beste Chance auf einen Sieg bei den Six Nations. Spielerisch kann das Team mittlerweile mit der Ausnahme von Irland mit jedem Team mithalten, muss sich aber unbedingt belohnen. Vieles deutet auf ein kampfbetontes Spiel hin, auch da die Bedingungen für Römer Verhältnisse ungewöhnlich nasskalt sind. Schottland ist zum Siegen verdammt, aber Italien will seine Fans auch unbedingt belohnen. Mit dem etwas erfahreneren Team sehen wir Schottland am Ende hauchdünn mit +2 Zählern vorne.
England - Irland
Samstag 9. März 15:45 Uhr, Twickenham Stadium London
Es ist der erste Matchball für die Boys in Green. Irland kann schon an diesem Samstag das Turnier für sich entscheiden und dafür reicht ein Bonuspunktsieg gegen den alten aber schwächelnden Rivalen England. Dieser hat nach zwei Siegen in den drei bisherigen Spielen noch immer theoretisch Titelchancen - jedoch glauben selbst die optimistischsten Fans des Mutterlands nicht - denn das Szenario ist ein rein rechnerisches. Dennoch wird das Team von Steve Borthwick die Iren daheim nicht triumphieren lassen wollen, allein schon um die Kritiker daheim zu beruhigen.
Im Vergleich zur Pleite in Edinburgh hat Coach Borthwick mit Außen Feyi-Waboso, der in Schottland von der Bank kam und viel Dampf machte, dem wiedergenesenen Neuner Alex Mitchell und Zweite-Reihe-Stürmer George Martin drei neue Spieler ins Team gebracht. George Ford bleibt auf der Verbinderposition, auch wenn Marcus Smith wieder fit ist und auf der Bank Platz nehmen wird. Borthwick betont derweil, dass man bereit sei „für einen weiteren Klassiker“ gegen „eines der besten Teams weltweit“. Wie er die irische Angriffsmaschinerie stoppen will, verriet er dabei nicht. Denn die letzten vier Duelle bei den Six Nations gingen allesamt an Irland und das mit jeweils mehr als zehn Zählern.
Sollten die Iren nun auch in Twickenham gewinnen, wäre es der zwölfte Sieg bei den Six Nations in Serie. Das ist noch keinem Team in der über einhundertjährigen Geschichte des Turniers gelungen. Doch für derlei Details interessiert sich Irlands Coach Andy Farrell nicht. Er findet Englands Spielplan viel spannender und welche Antwort er darauf parat hat. Den wiedergenesenen Hugo Keenan kann er wieder auf Schluss auflaufen lassen, während James Ryan verletzt ausfällt und durch Ian Henderson ersetzt wird. Cian Healy sammelt fünfzehn Jahre nach seinem Debüt seinen 128. Einsatz von der Bank, womit er der Irland-Spieler mit den zweitmeisten Einsätzen wird.
TotalRugby-Prognose: England hat derzeit spielerisch im Angriff nicht die Mittel, um dem irischen Team über längere Zeit gefährlich zu werden. Die Frage ist, wie lange sich das Mutterland über den Sturm und die Standards im Spiel halten kann und so vielleicht eine vorzeitige Turnierentscheidung am vorletzten Spieltag verhindern kann. Über 80 Minuten sehen wir die Iren mit ihrem fehlerfreien, perfekt abgestimmten und vor allem harten und schnellen Phasenspiel am Ende klar mit +15 Punkten vorne.
Wales - Frankreich
Sonntag 10. März 16:00 Uhr, Principality Stadium Cardiff
Beide Teams stehen vor diesem Duell im Cardiffer Rugby-Tempel unter Druck. Gastgeber Wales hat bisher gute Ansätze gezeigt, jedoch gingen alle drei bisherigen Spiele mehr oder minder deutlich verloren. Die nach der WM von Trainer Gatland stark verjüngte Mannschaft hat nun gegen Frankreich und Italien jeweils daheim die Chance auf den ersten Sieg. Frankreich wiederum ist die wohl größte Enttäuschung des Turniers bisher - ohne den Pfostentreffer von Paolo Garbisi vor zwei Wochen, sowie die kontroverse TMO-Entscheidung in Edinburgh stünde Frankreich jetzt mit drei Pleiten da und das als einer der Turnier-Favoriten.
Bei den Walisern experimentiert Coach Gatland weiter und tauscht seine erfahrene Innen-Kombination aus Nick Tompkins und George North aus. An ihrer Stelle laufen mit Joe Roberts (erst ein Länderspiel für Wales bisher) und Owen Watkin zwei weitaus weniger erfahrene Spieler auf, die das Angriffsspiel der Gastgeber ankurbeln sollen. Der junge Kapitän Dafydd Jenkins rückt von der zweiten Sturmreihe auf die Sechs und Ryan Elias ersetzt Elliot Dee als Hakler. Coach Gatland will sein Team in erster Linie auf eine „sehr körperliche Partie“ einstellen und hofft auf die Unterstützung der eigenen Fans.
Bei den Franzosen wiederum gibt es gleich acht Wechsel in der Start-XV. Coach Galthié musste sich in den heimischen Medien viel Kritik für die bisherigen Auftritte anhören und hat reagiert. Racing-Halb Nolann Le Garrec startet erstmals als Frankreichs Neuner und bildet mit Thomas Ramos die Spielermacher-Paarung. Auf Schluss erhält sehr überraschend der 21-jährige Stade-Francais-Profi Léo Barré seinen ersten Einsatz von Beginnn an. Ebenso überraschend landet der 21-jährige Nicolas Depoortère, der voriges Jahr noch in Frankreichs U20 aufgelaufen war, einen ersten Einsatz auf Innen. Im Sturm kehren mit Aldritt und Flament erfahrene Kräfte zurück.
TotalRugby-Prognose: Spielerisch hat Frankreich, trotz der zahlreichen Wechsel, noch immer mehr Potenzial als das umgekrempelte walisische Team. Jedoch dürften les Bleus mit einem ähnlichen Auftritt, wie zuletzt gegen Italien oder Schottland, kaum in Cardiff gewinnen. Das Angriffspiel der Franzosen war zuletzt ungewohnt uninspiriert und die Defensive so löchrig, wie seit langem nicht mehr. Wales dürfte seine Chance wittern und sollten die Gastgeber nicht die erste Hälfte verschlafen, wie gegen Schottland, ist im eigenen Stadion alles drin. Wir sehen Wales hauchdünn mit +4 Zählern vorne.