Blockbuster zum Auftakt - die Six Nations 2024 starten mit dem Duell Frankreich - Irland
Geschrieben von TotalRugby Team
Freitag, 2. Februar 2024
Direkt zum Auftakt gibt es das Topspiel Frankreich gegen Irland, das bereits eine Titel-Vorentscheidung bringen könnte.
Das Warten hat endlich ein Ende, die Six Nations 2024 gehen endlich los. Direkt zum Auftakt gibt es das absolute Spitzenspiel: Im Flutlicht von Marseille empfängt Frankreich den Titelverteidiger Irland. Das Duell der beiden besten Teams verspricht ein hochklassiges Spiel zu werden und könnte schon einen Fingerzeig sein, wer am Ende diese Six Nations gewinnen wird. Schottland muss am Samstag seinen Cardiff-Fluch besiegen, um eine Chance auf den ersten Titel seit 1999 zu haben und England startet in Rom ins Turnier.
HINWEIS: Das gesamte Turnier könnt ihr live, gratis und legal bei den Kollegen von More than Sports TV mit deutschem Kommentar verfolgen. Hier findet ihr die gesamte Übersicht über alle Übertragungen.
Frankreich - Irland
Freitag 2. Februar 21 Uhr, Stade Vélodrome Marseille
Die Six Nations 2024 könnten mit keinem hochklassigerem Duell beginnen. Direkt im Auftaktspiel treffen die besten beiden Teams der letzten Jahre aufeinander. Frankreich, Grand-Slam-Sieger 2022, empfängt Irland, im letzten Jahr Grand-Slam-Gewinner und damit Titelverteidiger. Dass dieses Duell schon eine Art Vorentscheidung im Kampf um den Titel bringen könnte, ist allen bewusst.
Frankreich läuft mit den eigenen Fans im Rücken, aber nicht im Paris Stade de France auf. Denn das Heimspiel findet im spektakulären Stade Vélodrome von Marseille statt, da die reguläre Heimspielstätte für Olympia 2024 fit gemacht wird. Dort wird dann unter anderem olympisches Siebener-Rugby gespielt, weswegen Kapitän Antoine Dupont das diesjährige Sechs-Nationen-Turnier auslässt, um sich ganz auf die Kurzvariante unseres Sports vorzubereiten.
Trainer Fabien Galthié ist damit nicht nur der Kapitän und Leader dieses Teams abhanden gekommen, sondern der wohl beste Spieler. Auch der etatmäßige Verbinder der letzten Jahre, Romain Ntamack hat sich noch nicht von seiner schweren Knieblessur in der WM-Vorbereitung erholt. Jedoch kann der Frankreich-Trainer dennoch auf eine erfahrene Spielmacherachse zurückgreifen.
Es war das hochklassigste Match des Vorjahres und entschied den Ausgang des Turniers - Irland konnte Frankreich 2023 daheim niederringen
Wie schon bei der WM, als sich Kapitän Dupont eine Gesichtsfraktur zuzog, werden Halb Maxime Lucu und Verbinder Mathieu Jalibert das „Scharnier“ aus Neun und Zehn bilden. Beide kennen sich in- und auswendig, denn auch im Verein Bordeaux spielen sie in derselben Konstellation miteinander. Während Duponts individuelle Brillanz schlicht nicht aufgegangen werden kann, ist Frankreich an den Schaltstellen dennoch stark besetzt.
Beide werden die erfahrene Hintermannschaft mit Bällen füttern müssen, die mit den Innen Danty und Fickou Spielwitz und Power vereint. Der erfahrene Toulouse-Schluss Ramos wird sich ebenfalls ins Aufbauspiel einmischen und ist dazu ein Weltklasse-Kicker vom Hütchen. Im Sturm gibt es wenige Überraschungen - Frankreich vertraut weitestgehend auf seine WM-Asse.
Denn auch XXL-Prop Uini Atonio läuft erneut für les Bleus auf, obwohl der 33-jährige mit der WM seine internationale Karriere eigentlich beenden wollte. In Abwesenheit von Thibaud Flament rückt Stade-Français-Spieler Paul Garbillagues in die zweite Sturmreihe, während auf der Bank 150-kg-Teenager Posolo Tuilagi auf seinen Einsatz hofft. Achter Grégory Aldritt übernimmt das Kapitänsamt von Antoine Dupont.
Die Iren wiederum reisen ebenso mit einem erfahrenen Team nach Marseille, wo auch sie ohne den bisherigen Strippenzieher klarkommen müssen. Kapitän und Verbinder Johnny Sexton hat bekanntermaßen die Rugbystiefel nach der WM an den Nagel gehängt. Wie auch die Franzosen, verteilen die Iren seine Aufgaben auf mehrere Schultern. Der erfahrene Dritte-Reihe-Stürmer Peter O’Mahony übernimmt das Kapitänsamt, der 24-jährige Jack Crowley übernimmt in seinem zehnten Länderspiel die Verbinderposition.
Der junge Munster-Spielmacher erhält die Chance, sich auf der Zehn festzuspielen. Denn mit den Byrne-Brüdern und Sam Prendergast gibt es weitere Kandidaten auf die Verbinderrolle bei den Iren, da hinter Sexton nie ein echter Kronprinz aufgebaut wurde. Zum Glück rutscht Crowley in eine ultra-erfahrene Hintermannschaft und hat mit Jamison Gibson-Park einen Veteran als Halbspieler vor sich.
Im Sturm gibt es bei den Iren wenig Überraschungen. Porter, Sheehan und Furlon bilden die spielstarke erste Reihe, die sich auch im Gedränge gegen die schwereren Franzosen gut schlagen dürfte. In der dritten Sturmreihe hat Coach Andy Farrell eine gute Balance gefunden zwischen Ballträgern, Balldieben und Tackle-Stärke. Wenn Irland Frankreichs Offensive in Schach halten will, müssen van der Flier, O’Mahony und Doris an den Kontaktpunkten dominieren.
TotalRugby-Prognose: Beide Teams setzen mit ihren Nominierungen eher auf Kontinuität, als auf Umbruch. Frankreichs Trainer Galthié musste sich dafür Kritik anhören, dass er die Chance zur Verjüngung des Teams ungenutzt lässt. Doch nachdem Südafrika mit einem Team mit einem Durschnittsalter deutlich jenseits der 30 den WM-Titel holte, kann man die Gedanken von Farrell und Galthié nachvollziehen. An diesem Freitag wird es auch darauf ankommen, wer am Ende fitter ist. Wenn Irland Frankreichs Power-Game lange neutralisieren kann und das Spiel eng hält, könnten die Iren am Ende den längeren Atem haben, wie bereits 2023, als in Dublin Irland im Schlussviertel dominierte. Denn bei perfekten Bedingungen dürfte es ein intensives schnelles Duell werden. Doch mit heimischen Publikum im Rücken und mit einer eingespielten Spielmacherachse sehen wir Frankreich in einem packenden Duell mit +5 Punkten vorne.
Italien - England
Samstag 3. Februar 15:15 Uhr, Stadio Olimpico Rom
Die Ära Gonzalo Quesada beginnt in Rom mit einem Heimspiel seiner Azzurri gegen England. Der Argentinier hat reichlich Erfahrung als Cheftrainer in der Top 14 und startete seiner Trainerlaufbahn als Co-Trainer bei Frankreich. Mit Italien übernimmt der Mann aus Buenos Aires erstmals eine Nationalmannschaft als Headcoach.
Dabei setzt er auf viel Erfahrung: Bis auf Gedrängehalb Alessandro Garbisi, der Bruder von Verbinder Paolo, haben alle Azzurri-Spieler schon reichlich Erfahrung. Das Ziel vom neuen Coach ist in diesem Jahr den Wooden Spoon einem anderem Team zu überlassen. 2023 spielte Italien teils ansehnliches Rugby, hatte mit -60 die beste Punktedifferenz seit zehn Jahren und hatte selbst gegen Irland und Frankreich eine Chance auf den Sieg.
Zu oft warfen mutig aufspielende Italiener dann aber mögliche Siege durch zu einfache Fehler weg. Gegen Schottland war Italien letztes Jahr in der 79. Minute nur einen Meter vom siegbringenden Versuch entfernt, verlor aber das Leder und kassierte noch einen 100-Meter-Versuch durch van der Merwe. Quesada wird vor allem dafür sorgen müssen, dass dieses Team an sich glaubt. Denn die Qualität der Spieler dürfte allemal dafür reichen, um nicht nur mitzuhalten, sondern ab und an auch Siege einzufahren.
2023 konnte Italien gegen jedes Team einen Versuch legen und hatte die beste Punktedifferenz seit 10 Jahren - gegen England reichte es nicht für einen Sieg
Englands Trainer Borthwick hat sich für das erste Spiel nach der WM, bei der England mit Rang drei überraschte, aber spielerisch weitestgehend enttäuschte, für eine Mischung aus jung und erfahren entschieden. In Abwesenheit von Owen Farrell übernimmt dessen Teamkollege Jamie George das Kapitänsamt. Der Hakler bildet mit Will Stuart und Joe Marler eine erfahrene erste Reihe.
Chessum und Itoje in der zweiten Reihe, sowie der dynamische Ben Earl und Sam Underhill in der dritten Sturmreihe haben ebenso bereits einiges an Einsatzzeit für England gesammelt. Überraschend kommt der gebürtige Neuseeländer Ethan Roots zu seinem Debüt (TR berichtete über den ungewöhnlichen Charakter).
Auf der so wichtigen Verbinder-Position spielt der erfahrene, aber vom Spielstil her konservative George Ford. Marcus Smith fällt verletzt aus und Debütant Fin Smith sitzt auf der Bank. Ob das für einen erneut defensiv orientierten Gameplan spricht, mit vielen Kicks in die gegnerische Hälfte, bleibt abzuwarten. Denn mit Debütant Fraser Dingwall und Rückkehrer Henry Slade bilden zwei spielstarke Centre die Innen-Paarung.
TR-Prognose: Noch nie hat ein italienisches Team gegen das Rugby-Mutterland gewonnen und auch beim 14-31 voriges Jahr in Twickenham waren die Azzurri weiter von einem Sieg als bei den knapperen Spielen gegen Irland und Frankreich. Dazu präsentierte sich Italien bei der WM desolat. Ob das Team unter dem neuen und vergleichsweise jungen Coach sein Potenzial besser auf das Feld bringen wird, bleibt abzuwarten. Bei perfekten Bedingungen im sonnigen Rom dürfte Verbinder Garbisi das Spiel möglichst schnell machen, was für die Azzurri eine Chance ist. Jedoch sehen wir die Engländer mit ihrer Sturmstärke und ihrem soliden, wenn auch wenig aufregenden Gameplan vorne. England gewinnt am Ende mit +12 Zählern.
Wales - Schottland
Samstag 3. Februar 17:45 Uhr, Principality Stadium Cardiff
Das erste Duell gab es bereits abseits des Platzes. Die walisischen Gastgeber hätten das Dach der Cardiffer Arena gerne geschlossen, doch dies geht nach den Regularien der Six Nations nur im Einverständnis mit dem Gast. Die Schotten wiederum verweigerten den Walisern die Bitte, was bei deren Trainer Warren Gatland auf wenig Verständnis stieß.
Angesichts von böigem Wind und leichter Regenwahrscheinlichkeit könnten die äußeren Bedingungen in diesem richtungsweisenden Duell durchaus eine Rolle spielen. Denn nur der Sieger hat wohl eine realistische Chance um den Turniersieg mitzuspielen. Schottland tritt als leichter Favorit an, wenn man den Experten und Buchmachern Glauben schenken darf, jedoch hat das Team seit 22 Jahren nicht mehr in Cardiff gewonnen.
Wales ist im Umbruch und tritt mit einer blutjungen Mannschaft an. Coach Gatland betonte selbst, dass er den Kader mit Blick auf die nächsten Jahre, nicht unbedingt für den kurzfristigen Erfolg aufgestellt habe. An vielen Schlüsselstellen sind deshalb sehr unerfahrene Spieler im Team, wie auf der Verbinder-Position, wo der 23-jährige Sam Costelow in seinem neunten Länderspiel in die großen Fußstapfen von Dan Biggar treten muss.
Cardiff-Profi Camoron Winnett, der erst vor vier Wochen seinen 21. Geburtstag feierte, gibt sein Debüt auf der so wichtigen Schluss-Position. Dafydd Jenkins wird der zweitjüngste Kapitän in der über 150-jährigen Geschichte der walisischen Nationalmannschaft. Der ebenso erst 21-jährige Exeter-Profi wird mit dem Wales-Sturm dominieren müssen, da Schottland besonders in der Hintermannschaft Vorteile hat.
Finn Russell wird das Angriffsspiel der Schotten dirigieren und besonders seine Erfahrung aus zehn Jahren im Nationalteam und 75 Schottland-Einsätzen könnte in diesem Spiel den Unterschied machen. Mit Duan van der Merwe auf Außen und dem brandgefährlichen Innen-Duo Huw Jones und Sione Tuipulotu gibt es einige dankbare Abnehmer in der Hintermannschaft für Russels magische Pässe.
Schottland kann im Vergleich mit den restlichen Konkurrenten die erfahrenste Mannschaft aufbieten und muss bis auf Stuart Hogg, der aber bereits vor der WM-Vorbereitung aufhörte, keinen Schlüsselspieler ersetzen. Das gilt auch im Sturm, wo Ex-Kapitän Jamie Ritchie auf Flanker, Prop Zander Fagerson und Hakler George Turner die Schlüsselspieler sind.
Auch deshalb ist Schottland bei einigen Beobachtern Geheimfavorit. Doch das Team von Gregor Townsend muss dringend den Cardiff-Fluch beenden, damit es was mit dem ersten Titel seit 1999 werden kann. Nachdem man zuletzt zwei Mal in Twickenham triumphieren konnte, wäre ein Sieg in der Festung Millennium Stadium der nächste Schritt.
TotalRugby-Prognose: Auf dem Papier hat Schottland die erfahrenere Mannschaft, den besseren Spielmacher und seit dem Abgang von Louis Rees-Zammit in die NFL auch die besseren Finisher. Was für Wales spricht, ist der Heimvorteil die Leidenschaft, mit der man in Cardiff vor heimischen Publikum zu Werke geht. Jedoch wird es schwer die Vorteile der Schotten nur mit Kampf und Motivation zu überkommen. Wir sehen Schottland mit +7 Punkten vorne.