JPR bei einem seiner 55 Einsätze für Wales im Jahre 1978.
Nachdem gestern der Tod von Franz Beckenbauer bekannt wurde und in der deutschen Sportwelt für Trauer sorgte, kam wenige Stunden später die Nachricht vom Tod von JPR Williams. Der Waliser hatte in seiner Heimat einen ähnlich legendären Status wie Kaiser Franz in Deutschland. Er war wohl der beste Schluss aller Zeiten und dementsprechend groß ist die Anteilnahme in der Rugby-Welt.
Einen talentierteren Rugbyspieler und Menschen hat Wales wohl nie wieder hervorgebracht. John Peter Rhys Williams, kurz JPR Williams, war Rugby-Legende, Chirurg, Dozent und nebenbei noch ein hochtalentiertes Tennis-Ass. Gestern ist er im Kreise seiner Familie im Alter von nur 74 Jahren verstorben.
Der Mann mit den charakteristischen Koteletten auf den Wangen hat die Position des Schlussspielers neu definiert und als Wales Fullback und für die British and Irish Lions in den 1970er-Jahren eine Ära geprägt. Drei Grand Slams mit Wales, dazu Siege mit den Lions gegen die All Blacks und Springboks, sowie unzählige legendäre Spiele und atemberaubende Läufe haben den Mann aus dem kleinen Städtchen Bridgend zur Legende gemacht.
Williams wäre fast beim Tennis gelandet
Dabei wäre Williams fast einen ganz anderen sportlichen Weg gegangen. 1966 gewann er das Nachwuchs-Turnier von Wimbledon und galt Mitte der 1960er-Jahre als einer der talentiertesten Nachwuchs-Tennisspieler der Welt. Doch JPR entschied sich für seine andere große Liebe, den Rugbysport und das aus einem heutzutage absurd wirkenden Grund.
Elegant und pfeilschnell bewegte sich JPR Williams auf dem Rugby-Rasen
Er wollte Medizin studieren und Chirurg werden, da erschien ihm der Rugbysport, der damals noch rein amateurmäßig organisiert ist, als die bessere Wahl. Um Tennis auf Weltklasse-Niveau weiterzuspielen, hätte er Profi werden müssen und der Reisestress im Tennis wäre mit dem Medizinstudium nicht vereinbar gewesen.
So brachte JPR seine Eleganz für seinen Klub Bridgend aber vor allem im Nationalstadion von Cardiff im scharlachroten Trikot auf dem Rugbyfeld zum Einsatz. Er war vielleicht der beste Konterspieler aller Zeiten und mit dem Ball in der Hand brandgefährlich. Seine Läufe, bei denen er immer wieder mehrere Verteidiger austanzte, wurden der Stoff für walisische Legenden.
Elegant auf dem Feld, aber dennoch kompromisslos
Legendär ist ebenso eine Szene aus dem Jahr 1978, als JPR mit Bridgend gegen die All Blacks antrat. In der Amateurära waren Spiele von tourenden Nationalmannschaften gegen Vereinsteams noch die Norm, nicht wie heute die Ausnahme. Neuseelands John Ashworth erwischte den Bridgend-Schluss mit dem Stollen im Gesicht und verursachte an der Wange einen Cut.
Damals noch ohne Auswechselspieler ließ JPR, der mittlerweile ausgebildeter Arzt war, jegliche Sorge bei Seite und griff selbst zu Nadel und Faden. Mit höchstselbst geflickter Wange beendete er die Partie. Insgesamt knapp zwei Jahrzehnte lief er für Bridgend auf und seine Wales-Karriere zog sich von 1969 bis 1981.
Das National Stadium von Cardiff war seine zweite Heimat, hier im Trikot der Barbarians gegen Wales
Nach dem Ende seiner Karriere arbeitete er als orthopädischer Chirurg am St Mary’s Hospital und wurde Fellow am Royal College of Surgeons. In seiner Biografie schrieb er 2007: „Ich habe mein halbes Leben damit verbracht Knochen zu brechen, die andere Hälfte sie im OP wieder zusammenzuflicken.“ Gestern starb er in Cardiff im Kreise seiner Familie im Alter von nur 74 Jahren.
Trauerbekundungen aus Sport und Politik
Der legendäre Coach Ian McGeechan, der selbst an der Seite JPRs für die Lions spielte und diese später vier Mal auf Tour trainieren sollte, würdigte Williams heute als „besten Schluss, den es je im Rugby gegeben hat“. World-Rugby-Präsident Bill Beaumont würdigte JPR als „Gigant unseres Sports“, während Jamie Roberts, selbst einer der besten walisischen Rugbypspieler aller Zeiten, JPR als „walisische Ikone“ bezeichnet.
Großbritanniens Thronfolger William, seines Zeichens Prince of Wales, gab Folgendes zu Protokoll: „Es gab wohl niemanden wie ihm auf dem Rugbyplatz, er war eine echte walisische Legende.“ Als solche ist JPR Williams in die Rugby-Geschichte und weit darüber hinaus eingegangen.