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RWC 7s: Einsichten in die lokale Rugby Szene
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Geschrieben von Maximilian Englisch   
Dienstag, 3. März 2009

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Das Heimteam der Emirate gegen die neuseeländischen All Blacks

Leider hat das DRV 7s-Team – trotz begeisternder Leistungen bei den Hannover 7s 2008 – die Qualifikation zum 7s-World Cup in Dubai knapp verpasst. Kein Grund für TotalRugby nicht vom Aufeinandertreffen der besten 7s-Teams unter der glühenden arabischen Sonne zu berichten. Maximilian Englisch, Spieler im Heilbronner Rugbyteam und Projektleiter im Export einer deutschen Labor- und Schulmöbel Firma – häufig in Middle East unterwegs – wird für TotalRugby hautnah von den Dubai 7s berichten. In seinem ersten Bericht wirft er einen Blick auf die lokale Rugby- Szene am Golf.

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Maximilian Englisch berichtet für TotalRugby aus Dubai

2 Tage noch bis unter der glühenden Sonne von Dubai, die 7er Weltmeisterschaft mit dem Spiel Wales gegen Simbabwe angepfiffen wird. Das Turnier, dessen Qualifikation die Deutsche XII letztes Jahr in Hannover nur knapp verpasst hat, wird der Höhepunkt einer langen Erfolgsstory des Rugby am Arabischen Golf. Rugby in der Wüste? Spielen die da auf Sand? In der Tat, die Anfänge des Rugby im Mittleren Osten und immer noch Gegenwart für einige Klubs in der Region sind sandige Plätze und vergleichbare klimatische Einschränkung des Spielbetriebs, wie auch in Deutschland. Nur dass hier die Sonne und nicht der Winter den Spielbetriebsverantwortlichen einen Strich durch die Rechnung macht.
Wer detaillierte Infos über die lange Geschichte des Golfrugbys möchte, findet auf der Homepage agrfu.com einiges an Informationen.

Auf die gegenwärtige Lage können die Verantwortlichen durchaus mit Stolz zurückblicken. Eine zunehmende Professionalisierung des Sports bringt das Rugby deutlich voran. Ein Fortschritt auf Verwaltungsseite wohlgemerkt. Die Spieler sind weiterhin Amateure, jedoch die Verwaltung des Verbandes AGRFU und die Rahmenbedingungen sowohl für die Clubs, als auch für die Trainings und Spiele der Nationalmannschaften sind auf hohem Niveau. So arbeitet die Führungsspitze des Verbandes zum Beispiel vollzeit, ebenso wie das Development Team, weiter wurde für die Vorbereitung der Weltmeisterschaft eigens ein Konditionstrainer aus Schottland verpflichtet.

Der Erfolg von Rugby lässt sich hierbei eindeutig an der Starken Präsenz der Expats festmachen. In allen Golfstaaten sind zahlreiche Ausländer für Internationale Organisationen tätig und allein in den Vereinigten Arabischen Emiraten waren vor der Finanzkrise ca. 120.000 Briten gemeldet. Dazu kommen zahlreiche Australier, Neuseeländer, Südafrikaner, Iren und Franzosen, die sich auf die Metropolen Dubai und Abu Dhabi konzentrieren, wie auch auf kleinere Emirate, wie Sharjah, Al Ain und Ras al Khaimah. Zum Vergleich: es waren zum gleichen Zeitpunkt nur etwas über 6000 Deutsche in Dubai gemeldet.. Aus diesem “Rugby playing Human Capital” stammt auch der Großteil der aktiven Spieler. Noch immer ist Rugby eine Sportart, die zum überwiegenden Teil von Expats gepflegt wird. Das hat zum Einen mit der Tradition zu tun, dass in eben diesen engen Verbünden der Auswanderergemeinden der Zugang für lokale Spieler schwierig ist, zumal teilweise durchaus talentierte Expats in den Aufgeboten stehen und es Anfängern schwer machen, gleichzuziehen.
Zum Anderen hat dies auch mit der arabischen Kultur zu tun, die dem Sport, in dem sich Männer auf den Boden werfen und schmutzig machen, kritisch gegenüber steht und des Weiteren auch damit, dass Fußball auch hier König ist. Nicht zuletzt kommt der bei Rugbyspielern nicht unübliche Genuss von Gebrautem und Gebranntem, nicht immer positiv bei Muslimen an, die größtenteils keinen Alkohol konsumieren.

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Taif Al Delamie ist der einzige Einheimische im Team der Gastgeber

Es gibt aber Faktoren, die diese Situation positiv beeinflussen:
Einer der Faktoren ist der Development Plan der AGRFU, der eine großflächige Verbreitung des Rugbys in Schulen vorsieht. Anleitungen und Trainingsmaterial wurde ins Arabische übersetzt und zahlreiche Freiwillige, wie auch professionelle Kräfte verbreiten Rugby in den zahlreichen Schulen. ( mit Unterstützung von höchster Stelle, Prinzessin Haya, die 2. Frau des Herrschers von Dubai, Sheikh Maktoum.)
Gerade auch in den unzähligen Privatschulen, in denen auf Englisch unterrichtet wird und westliche Curricula umgesetzt werden ist Rugby neben Fußball fester Bestandteil der Nachmittage. Hier treffen Kinder von Expats mit Kindern reicherer Nationals zusammen und diese kommen somit schon früh in Kontakt mit dem ovalen Ei. Der Anteil von Arabischen Spielern in den Clubs der Region steigt, (jedoch von einem niedrigen Level ausgehend.) Bezeichnend ist, dass in den 12 nominierten Spielern für die 7er Weltmeisterschaft nur ein Spieler aus den GCC Ländern steht, der 22 jährige Omanische Wing Taif Al Delamie, alle Anderen sind Expats, vor allem aus England.
Durch die im Vergleich zu Deutschland starke Medienpräsenz ist Rugby durchaus in den Köpfen auch der Locals und große Spektakel wie die Dubai 7s und jetzt die Weltmeisterschaft lassen hoffen, dass in Zukunft auch vermehrt Einheimische Spieler zum ovalen Ei greifen.

Die Clubsituation am Arabischen Golf ist durchaus vielfältig. Mittlerweile wird in 2 Ligen gespielt: Die erste Liga, kann vom Level mit der Bundesliga verglichen werden. An guten Tagen, wenn alle ausländischen Kräfte zur Verfügung stehen, ragt der ein oder andere Club jedoch mit Sicherheit über deutsches Niveau hinaus. In dieser Liga der Arabian Gulf Premiership Spielen die Clubs: Dubai Dragons, Dubai Exiles, Dubai Hurricanes, Abu Dhabi Harlequins, (VAE), Bahrein RFC (Bahrein), Doha RFC (Katar), Kuwait Nomads (Kuwait).

Zu bemerken ist natürlich hier die große regionale Distanz: von Muscat nach Kuwait ist es ungefähr so weit, wie von Barcelona nach Heidelberg und so kommen auf die Vereine enorme Kosten, wie Flugtickets, Visagebühren und nicht zuletzt ein enormer Zeitaufwand zu. Durchführbar ist der Ligabetrieb aufgrund von namhaften Sponsoren, bei denen die ausländischen Spieler häufig als Führungskräfte angestellt sind.

Die zweite Liga ist vom Niveau her eine Mischung aus 2. BL und RL, immer schwankend und auch Mannschaftsbedingt unterschiedlich. Manche fassen diese Liga als Spaß auf, andere nehmen die Runde durchaus ambitioniert und ernst auf. Hier spielen neben den zweiten Mannschaften der VAE-Clubs auch noch die Dubai Frogs, die sich dem Stereotyp gemäß aus französischen Expats zusammensetzen, die Al Ain Amblers, die Sharjah Wanderers und ein Oldie Team, die Arabian Potbellies. Diese Liga ist somit eine reine VAE Liga

Weitere Clubs, die der AGRFU angehören sind:

Muscat RfC und Dohfar RFC (Oman)
Riyadh RFC, Jedda RFC, Al Khobar Quins (Saudi Arabien)

Außer Muscat, nehmen diese Clubs nicht regelmäßig am Spielbetrieb der 2 Ligen teil.

Schließlich sind noch die Clubs Beirut Phoenicians (Libanon), Damascus Zenobians (Syrien) und Jordan (RFC) Jordanien zu erwähnen, die regelmäßig untereinander, sowie mit dem ägyptischen Vertreter Cairo Rugby und den im Hafen liegenden Besatzungen, vorwiegend britischer Kriegsschiffe Spiele austragen.

Rugby ist hier wie schon erwähnt auf dem Vormarsch. Die Ausgangssituation kann durchaus mit Deutschland verglichen werden, nur geht hier alles einen Tick schneller voran, vor allem weil finanzielle Mittel leichter erschließbar sind. Vergleichbar ist definitiv die Einstellung der Spieler zum Sport. Auch hier sind Amateure am Werk, die durch Liebe zu Ihrem Sport zurzeit fünfmal wöchentlich trainieren um in der Starken Gruppe mit Neuseeland, Italien und Tonga bestehen zu können.

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Die Emirate starten als krasse Außenseiter ins Turnier, obwohl sich Rugby wachsender Beliebtheit erfreut

Zu Bedenken ist, dass die AGRFU erst seit ca. 15 Jahren international mit einer XV an internationalen Spielen und Turnieren teilnimmt und nun schon mit mehreren professionellen Kräften die Entwicklung des Sportes vorantreibt. Natürlich spielt das liebe Geld eine große Rolle, aber wenn Rugby hoffentlich bald olympisch wird, stehen gerade kleinen Verbänden (wie z.B. auch Deutschland) ein Vielfaches an finanziellen Mitteln zur Verfügung um den Aufwärtstrend fortzusetzen. Dies mag einer der Hauptgründe sein, warum sich die Emirate aus den AGRFU abspalten und wohl 2010 ein eigenständiger Verband beim IRB werden. Die Situation hier im Mittleren Osten, oder im Westlichen Asien, wie beim IRB diese Emerging Region bezeichnet wird, wird dann eine andere sein, jedoch wird die positive Entwicklung sicherlich von allen Seiten weiter vorangetrieben werden.

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Dies soll eine kleine Einführung in das Rugby hier in der Region sein, vor Turnierstart werden noch weitere turnierspezifische Infos, wie Analyse der Gruppen etc. folgen. Aktuelle Berichte von den Turniertagen, Spiel(er)-Informationen und Bilder folgen.
Was meint Ihr, wer holt sich dieses Mal den Pokal? Wie schneiden die Pazifischen Mannschaften ab? Wie die Europäischen? Die Diskussion sei eröffnet!

Ma ´ salama aus Dubai
Maks

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Kommentare (3)add comment

Mandrason said:

142
...
Schöner Bericht Max, weiter so!
März 03, 2009

ImperialRugby said:

68
...
Sauber, Max! Treibst dich ja ganz schoen in der Weltgeschichte rum, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben smilies/wink.gif. Mein Tipp: Neuseeland gewinnt durch einen ueberragenden Victor Vito, Suedafrika scheidet im Viertelfinale aus. England wird zunaechst stark aufspielen, dann aber einen Schocker im Viertelfinale haben. Argentinien und Samoa kommen ganz gross raus und auch den USA traue ich einiges zu. Irland und Frankreich fliegen in der Vorrunde raus, d.h. keine automatische Quali fuer die naechste 7er-WM... smilies/cool.gif
März 03, 2009

DerM said:

901
...
hey max, sehr cooler und informativ bericht - danke dafür. ich glaube am ende gewinnt einer der üblichen verdächtigen das turnier (aber da es eine wm ist - nicht neuseeland) - ich tippe auf fidji! es wird aber sicher auch ein paar überraschungen geben, ich persönlich schätze die usa, simbabwe und auch portugal sehr stark ein. wir werden sehen.
März 03, 2009

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