Wayne Barnes (links im weißen Trikot) pfiff am Wochenende sein letztes Spiel. Foto (c) World Rugby
Rugby rühmt sich nicht ganz zu Unrecht mit der besonderen Rolle der Unparteiischen und mit dem respektvollen Umgang untereinander. Doch nach und nach scheint sich ein Wandel zu vollziehen, durch den unser Sport mehr in Richtung des Fußballsports geht. Gerade heute, wo eine Schiri-Legende den Rücktritt verkündet hat, wirkt das besorgniserregend.
Dass Schiedsrichter im Rugby noch immer einen besonderen Stellenwert haben, konnte man in den letzten 24 Stunden sehen. Der Unparteiische des WM-Endspiels, Wayne Barnes, verkündete seinen Rücktritt nach 17 Jahren als einer der Top-Schiris im internationalen Rugby. Während in anderen Sportarten der Rücktritt eines Schiedsrichters maximal eine Randnotiz wert gewesen wäre, gab es nun Lobeshymnen auf den 44-jährigen Engländer vom Präsidenten von World Rugby, der RFU und und dem WR-Präsidenten Beaumont.
Die Rolle der Unparteiischen im Rugby ist noch immer eine besondere und das ist auch für Außenstehende sofort klar. So lobte beispielsweise auch Fußball-Star Mats Hummels die klare Kommunikation der Referees im Rugby und das respektvolle Verhältnis von Spieler und Unparteiischen. Auch Barnes, der letzten Samstag sein 27. und letztes WM-Spiel pfiff, wurde nie müde zu betonen, dass im Rugby Spieler und Schiedsrichter auch eine Vorbildrolle haben.
Doch ob der Umgang so weitergehen wird, ist fraglich. Die Diskussionen rund um Entscheidungen der Unparteiischen bei der nun abgelaufenen WM waren intensiver denn je. Gefühlt fast ganz Frankreich fühlte sich nach dem Viertelfinale betrogen, Vorwürfe der Bevorzugung der großen Teams wurden laut und fast nach jedem Spiel wurden Diskussionen und Eingriffe des Bunkers diskutiert. So manch Kritiker sieht den Rugbysport auf dem Weg seines Cousins, dem Fußballsport.
So äußerte sich auch Mathieu Reynal, Frankreichs einiger Schiedsrichter, in einer Kolumne für Frankreichs Rugby-Bibel Midi Olympique besorgt: „Ich mache mir Sorgen um die Zukunft des Rugbys.“ Der 42-jährige pfeift seit über zehn Jahren auf internationalem Parkett und verfolgt die Entwicklungen genau. Die immer hitziger geführten Diskussionen rund um enge Entscheidungen kritisiert der Mann aus Perpignan explizit.
Spieler würden darüber hinaus lauter und lauter Entscheidungen fordern - man denke nur an Aaron Smith oder Dan Biggar, die regelmäßig Straftritte und Karten fordern. Darüber hinaus sieht er auch Fehler beim Weltverband. Die kurzfristige Einführung des Bunkers vor der WM habe für Unstimmigkeiten gesorgt. Die nicht immer nachvollziehbaren Entscheidungen besonders in der Gruppenphase waren Zeugnis davon. Künftig müsse man Regeländerungen und technische Hilfsmittel nicht mehr derart überstürzt einsetzen.
Derweil gab es heute zwischen all den Gratulationen über eine tolle Schiedsrichter-Karriere von Wayne Barnes auch eine Meldung, die aufhorchen lässt. Die All Blacks haben offiziell bei World Rugby Beschwerde über die Schiedsrichter-Leistung im Endspiel eingelegt und Erklärungen für einige der Entscheidungen gefordert. Das Beschweren über die Unparteiischen macht im Rugby scheinbar Schule.
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