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Das Handschuhsheimer Modell: Jugend & Eigengewächse per Quote fördern
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Dienstag, 25. Juli 2023

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Den Nachwuchs fördern, aber wie - da herrscht zwischen den verschiedenen Klubs in der Liga nicht immer Einigkeit. Foto (c) Kessler

Rugby-Deutschland muss die Nachwuchsförderung verbessern und die nachkommenden Talente sollen mehr Einsatzchancen erhalten. Darüber herrscht in der ovalen Community fast Einhelligkeit, nur besteht die Frage, wie man dies am besten erreichen kann. Der TSV Handschuhsheim hat zuletzt im Rugby-Bundesligaausschuss (TR berichtete über die Ergebnisse) einen Vorschlag gemacht, der auf viel Zustimmung getroffen ist. Wir haben uns diesen genauer angeschaut und ihm mit dem bisherigen Kriterium, sowie der französischen JIFF-Regelung verglichen.

Bisher in der Spielordnung festgelegt: Minimum 10 für Deutschland spielberechtigte Spieler im 22er-Kader

Die bisherige Formel in der Bundesliga war einfach, eindeutig und stellte bisher für keinen Klub ein Problem dar. In jedem 22er-Kader mussten an jedem Spieltag mindestens zehn Spieler sein, die im Sinne der World-Rugby-Kriterien für Deutschland spielberechtigt sind.

Die Hürde war also bisher nicht sonderlich hoch und zum Kriterium zählen also auch Spieler, die durch Verlegung Ihres Wohnsitzes (drei bzw. nach dem Stichtag 31.12. 2020 fünf Jahre mit Wohnsitz in Deutschland) ihre Spielberechtigung für Deutschland erlangten, sowie ausländische Spieler mit deutschen Vorfahren. Ob ein Spieler vom jeweiligen Verein ausgebildet wurde, ist dabei völlig irrelevant.

Das ist definitiv im Sinne der deutschen Nationalteams, hat diese Regelung doch in der Vergangenheit Spieler nach Deutschland gelockt, die ein Interesse hatten für Deutschland aufzulaufen.

Jedoch hilft diese Regelung den Nachwuchsspielern eines Vereins jedoch überhaupt nicht Spielzeit zu erlangen, wenn sich diese beispielsweise auch gegen angeworbene Spieler von anderen deutschen Vereinen durchsetzen müssen. Bisher zählten darüber hinaus auch Spieler zur Quote, die wie Jaco Otto ihr Rugby-Handwerk im Ausland erlernt haben, aber als Erwachsene nach Deutschland kamen.

 

Handschuhsheimer Modell: Punktesystem beschränkt Einsatz von angeworbenen Spielern

Im Rugby-Bundesligaausschuss am vergangenen Samstag fand ein Vorschlag des TSV Handschuhsheim breite Zustimmung, der diese Regelung reformieren würde und über den im November beim DRT entschieden werden dürfte.

Dieser gewährt jedem Bundesliga-Team pro Spieltag einen Punktewert, der nicht überschritten werden darf. Pro Start-XV beträgt der Wert 15 Zähler und pro Kader 25. Konkret wird jedem Spieler, je nach dessen Rugby-Ausbildung ein Punktewert beigemessen, der dann addiert wird, was wiederum wie folgt aussehen würde:

  • Eigengewächse, die Ihr Jugendrugby beim jeweiligen Verein oder überwiegend dort gespielt haben, sowie Spieler, die im Erwachsenenbereich erstmals Rugby bei diesem Verein gespielt haben zählen 0 Punkte
  • Deutsche Spieler, die ihr ovales Handwerk bei einem anderen Verein gelernt haben und zu ihrem jetzigen Klub gewechselt sind, zählen 1 Punkt

  • Ausländische Spieler oder solche, die ihr Rugby im Ausland erlernt haben, selbst wenn diese für die deutsche Rugby-Nationalmannschaft spielberechtigt sind, zählen 2 Punkte

In der Praxis könnten Bundesliga-Teams nur noch dann ausländische Spieler auflaufen lassen, sofern sie gleichzeitig selbst ausgebildete Spieler aufbieten. Denn bereits ein Kader mit 15 in Deutschland ausgebildeten Spielern in der Startaufstellung würde eine Punktzahl von 15 erreichen, was die höchstzulässige Zahl ist.

Das würde den Wert von Eigengewächsen in jedem Fall massiv erhöhen und Bundesliga-Coaches dazu zwingen, diese auch einzusetzen, selbst wenn eine vermeintlich bessere Alternative parat steht. Selbst 1880-Mäzen Ulrich Byszio, dessen Verein sowohl in Spitzen-Personal, aber besonders auch im Nachwuchs-Bereich investiert, sprach sich im Plenum am Wochenende für diesen Vorschlag aus, da die vom Verein ausgedildeten so deutlich mehr Einsatzchancen erhielten.

Langfristig dürfte man, sofern diese Regelung tatsächlich beim DRT beschlossen und zur Rückrunde implementiert wird, mehr junge Spieler auf den Plätzen der Bundesliga sehen, was wiederum mittel- bis langfristig auch den Nationalteams zu Gute kommen sollte.

Gleichwohl ist schon jetzt abzusehen, dass zahlreiche Bundesligisten erhebliche Probleme hätten, dieses Kriterium zu erfüllen. Selbst die Initiatoren vom TSV Handschuhsheim räumen freimütig ein, dass es für die Löwen in der vorigen Saison nicht immer gereicht hätte. Eine Übergangsfrist könnte hierbei Abhilfe schaffen, könnte das Problem aber auf die lange Bank schieben.

Dazu könnte es einerseits bei der Dokumentation und Nachweispflicht Probleme geben und es könnten sich auch Streitfälle ergeben - beispielsweise wenn Spieler bereits im Jugendbereich den Verein wechseln, wegen eines Umzug, sofern nur ein Verein einen Nachwuchsspieler als Eigengewächs verbuchen darf.

Zu guter letzt sollte auch bedacht werden, ob eine solche Regelung das Niveau der Rugby-Bundsliga zumindest zeitweise senkt. Diese Kritik ist von zwei Bundesliga-Teams hinter vorgehaltener Hand zu hören - immerhin würde es diese Regelung schwerer machen, ausländische Profi-Spieler einzusetzen.

 

Das französische Modell in den Profiligen

In Frankreich hat sich die sogenannte JIFF-Regelung in den letzten Jahren als großer Erfolg entpuppt. Dieses Kriterium müssen alle Profivereine in Frankreich an jedem Spieltag erfüllen und dabei eine gewisse Anzahl von Spielern aufstellen, die als JIFF (joueurs issus des filières de formation - in etwa: in Frankreich ausgebildet) gelten.

Die Quote wurde von anfangs 40% schrittweise auf über 60% erhöht, was de facto 14 Spieler in jedem 23er-Kader bedeutet. Dabei gelten beispielsweise auch einige deutsche Legionäre, wie Eric Marks und Chris Hilsenbeck als JIFF-Spieler, da sie mehr als drei Jahre als Unter-21-Jährige in Frankreich aktiv waren - Oskar Rixen wird bald ebenso als JIFF-Spieler gelten und für die französischen Top-Klubs noch einmal wertvoller.

Für Frankreichs Nationalteam war diese Regelung ein Segen, wie man an den Ergebnissen der XV de France, sowie an denen der U20 sehen kann, die zuletzt den dritten WM-Titel in Folge holte. Gleichwohl ist der Konkurrenzkampf um Talente noch einmal stärker geworden.

Die Ergebnisse sind natürlich nur bedingt auf die deutsche Situation übertragbar. Aber wenn man sich lediglich zum Ziel setzen möchte, in Deutschland ausgebildeten Spielern bessere Chancen auf Einsatzzeiten zu ermöglichen, wäre ein deutsches JIFF-Äquivalent durchaus eine Erwägung wert.

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Kommentare (5)add comment

Branimir Niko Colic said:

4431
Wert von in Deutschland ausgebildeten Spielern
Das ist eine super Idee. Nur gilt es dann zu bedenken, dass für Spielerwechsel auch Ausbildungsentschädigungen in Betracht gezogen werden sollten.
Juli 26, 2023

Uwe Gramberg said:

4349
...
Dass Nationalteams sich auf dem Sportplatz messen ist nicht nur für das Rugby von Bedeutung. Für den Nachwuchs dieser großartigen Sportart bedarf es allerdings engagierter Mütter und Väter und faire, packende Auseinandersetzungen in so vielen Städten und Orten wie möglich, so, dass Sportlerinnen, Zuschauer und Eltern einbezogen werden. Ohne diese wird es keine nachhaltige Kinder- und Jugendarbeit geben. Dass Strafen in Form von Punktabzug oder Ausschluss dazu anregen, zum Rugby zu kommen, ist doch sehr zu bezweifeln, alleweil spricht sich herum, dass Motivation nicht von Sanktion abgeleitet ist. Uwe Gramberg
Juli 26, 2023

Uwe Gramberg said:

4349
unsere Kleinsten
Vereinen und ihren mehr oder weniger heimlichen Freunden und Förderern wie z. B. in Frankfurt, Heidelberg oder aus Hannover, die seit Jahren erfolgreich Rugbyspieler ausbilden, sollte dafür nicht nur großes Lob gezollt werden. Ihr Support anderer Clubs ist auch in der Vergangenheit bemerkt worden und könnte in Zukunft sogar noch höher eingeschätzt werden. Möglicher Weise wäre es darüber hinaus gegebenenfalls angebracht, die Förderung für Kinder und Jugendliche in der Sportart Rugby überregional und unabhängiger von lokalen Interessen durch den DRV weiter auszuprägen. Beispielsweise durch Workshops, Jugendcamps etc. gerade in Regionen, in denen eben keine Hochburgen, Zentren, Kaderschmieden etc. für das Rugby in Aussicht gestellt sind. Unabhängige mobile Ausbildungszentren vor Ort sind eventuell nicht zu realisierende Fantastereien, wobei es positive Ansätze gab und gibt. Um es jetzt nun mal nicht nur immer positiv darzustellen, bleibt anscheinend der Austausch von Vorschlägen innerhalb alt hergebrachter Grenzen eingeschlossen oder schießt weit übers Ziel hinaus (fffx). Nun gut, dann man ran und Joyn und lasst uns uns dann mal wieder auf das nächste alles überragende Rugby Fest in Frankreich freuen, von dem Deutschland mehr als Welten entfernt zu sein scheint, obwohl Rugby von youtube, rugbyeurope.eu, etc. pp auch im OF auf dem Bildschirm flimmert. weitschweifig ist uk
Juli 27, 2023

Uwe Gramberg said:

4349
Fehlerinnen
vielleicht würde es besser sein, würd* auch hier die Chance gegeben, leichtfertig Abgesendetes nach sorgfältiger Durchsicht ein für alle Mal zu löschen. uk? brx
Juli 27, 2023

Matthias Hase said:

381
...
Ohne heimliche und unheimliche Gönner wird ebenfalls in Hamburg u d Berlin von den dortigen Bundesligisten hervorragende Nachwuchsarbeit geleistet. Ohne künftig breit auf SG zu setzen. Einfach mal schauen, welche Bundesligisten eigene Mannschaften in U16/U18 stellen werden. Da wird es in den oben genannten Städte auch dünn.
Juli 27, 2023

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