Noch in Farben des Wolfpacks: Bis Ende 2020 trainierte Joshua Tasche bei den Siebener-Herren, nun debütierte er bei der Bob-WM. Foto (c) Perlich
Nachdem seine Ex-Kollegen vom Wolfpack im September in Kapstadt ihr WM-Debüt feierten, konnte Joshua Tasche letzten Monat nachziehen. Der einstige Bundesliga- und Siebener-Nationalspieler hat nur zwei Jahren nach seinem Wechsel vom Rugbyplatz auf die Eisbahn sein Debüt bei der Bob-WM in Sankt Moritz als Anschieber im Viererbob gefeiert - völlig überraschend und dennoch hochverdient.
Bereits im April 2021 hatten wir bei TR über Joshua Tasche berichtet (Link), der den Sprung aus dem Siebener-Rugby zu einer ganz anderen olympischen Sportart gewagt hatte. Inspiriert von seinem Lieblingsfilm „Cool Runnings“ versuchte sich Tasche im Bobsport - immer mit dem Ziel Olympia im Hinterkopf.
Der Brandenburger mit deutsch-jamaikanischen Wurzeln hatte bis vor gut zwei Jahren noch nie einen Bob von nahem gesehen, geschweige denn war er mit über 120 km/h eine olympischen Bahn hinuntergerast und fing sein Abenteuer Bob bescheidenen an - jedoch immer im Wissen, dass er mit seinem Speed, seiner Power und seinem Trainingsfleiß drei ganz wichtige Voraussetzungen für diesen Sport mitbringt.
Schon zum Zeitpunkt unseres ersten Berichts hatte Tasche erste Fortschritte vorzuweisen und nur rund zwei Jahre nach seinem Debütlauf auf dem Eis hat es der einstige Speedster des TSV Handschuhsheim zur Bob-Weltmeisterschaft geschafft. Die Geschichte des einstigen Sprinters, der über die Rugby-Bundesliga und das Wolfpack bis zur Bob-WM nach Sankt Moritz kam, ist ebenso beeindruckend wie einzigartig und kurios.
Joshua Tasche mit seinem neuen Spielgerät
Atemberaubender Fortschritt in kürzester Zeit nach dem Bob-Debüt
Denn trotz fortwährender und beachtlicher Fortschritte in Sachen Power, Zeit und Technik - im Sommer 2021 trainierte Tasche erstmals eine gesamte Pre-Season lang gezielt auf seine Ziele im neuen Sport hin und trat im Winter 21/22 zum ersten Mal im Europacup an - war der endgültige Durchbruch noch vor wenigen Wochen kaum abzusehen.
Tasches nächster Meilenstein nach seinem ersten EM-Winter auf dem Weg zu größeren Zielen war der große nationale Leistungstest im Oktober 2022. Dabei werden die Anschubzeiten der besten Anschieber des Landes in einem realistischem Szenario auf 50 Meter Eis verglichen.
Tasche schaffte es wie erhofft in die Top Ten, aber ihm fehlte noch immer ein Team, weshalb es für ihn zunächst zum zweiten Mal im „zweitklassigen“ Europacup weiterging. Die Zeit nutzte der Brandenburger, um sich weiter kontinuierlich zu verbessern.
Bei einem weiteren Test kurz vor dem Saisonhöhepunkt von Sankt Moritz stellte sich Tasche aber während der laufenden Saison erneut der Lichtschranke beim zweiten Test - „ohne Erwartungen“, wie er selbst gegenüber TR erklärt. Dabei verbuchte Tasche einen großen zeitlichen Sprung und landete auf dem zweiten Gesamtrang.
Das wiederum half ihm in den Fokus der Top-Teams und des Bundestrainers zu gelangen. Derweil war, ohne dass Tasche dies gewusst hatte, der erfahrene Bob-Pilot und Olympia-Silber-Gewinner Johannes Lochner auf der Suche nach einem Ersatz-Anschieber für die kommenden Aufgaben im Weltcup und bei der WM.
Unerwarteter Anruf und die Chance auf die WM
So erhielt Joshua Tasche im Januar, wenige Wochen vor der WM, einen Anruf von Bundestrainer René Spies. Dieser musste den Ex-Rugger nicht zwei Mal bitten, obwohl es zunächst „nur“ um den Platz als Ersatzmann ging. Eine bessere Gelegenheit WM-Luft zu schnuppern, hätte es kaum geben können, auch wenn ein Einsatz dadurch nur minimal wahrscheinlicher wurde.
Doch wie es das Schicksal wollte, ging es für Tasche erneut alles ein wenig schneller, als man das hätte erwarten können. Noch ohne ein einziges Weltcup-Event gefahren zu sein, sprang der 27-jährige als Anschieber ein, nachdem ein Teamkollege kurzfristig mit muskulären Problemen ausfiel, wovon er erst rund zwei Stunden vor WM-Start auf der legendären Natureisbahn von Sankt Moritz erfuhr.
Ungewohnte Position, kaum Vorbereitung und dennoch fast eine Medaille
Dabei war Tasche bei den einzigen Testfahrten vor dem Weltcup in Altenberg auf der Seitenposition gestartet, nicht auf der für ihn gewohnten Position als Bremser am Ende des Vierer-Bobs. In einem Sport, bei dem es auf Bruchteile einer Sekunde ankommt, keine Kleinigkeit. Tasche selbst beschreibt den Moment wie folgt: „Mir ging schon gut der Stift!“
Doch die Nervosität sollte nicht zum Faktor werden. Im Bob des erfahrenen Johannes Lochner reichte es am Ende sogar fast für eine Medaille, auch wenn es in der Endabrechnung „nur“ der vierte Rang war - und all das, ohne vorher überhaupt ein Weltcup-Event gefahren zu sein.
Das hat Tasche mittlerweile nachgeholt. In Innsbruck feierte er seitdem seinen ersten Einsatz im Vierer-Bob und in der darauffolgenden Woche in Sigulda im Zweier-Bob - beide Einsätze endeten jeweils mit einem dritten Platz und somit auf dem Treppchen.
Joshua Tasche auf dem Bronze-Rang beim Weltcup im lettischen Sigulda
Nach den Premieren bei der WM und dem Weltcup bleibt dem Mann aus Falkensee mit der bewegten Sportgeschichte noch ein großes Ziel und das ist Olympia. In genau drei Jahren werden die Spiele in den italienischen Alpen ausgetragen und Tasches Ziel ist klar: „Ich hoffe, dass ich dann auf einem Bob sitze, der beim größten Sportereignis des Jahres dabei ist!“
Aus deutscher Rugby-Sicht ist zu hoffen, dass der Ex-Rugger auch in diesem Fall seinen einstigen Siebener-Kollegen nachzieht, denn diese wollen schon bei den Sommerspielen 2024 in Paris dabei sein. Die Entwicklung seiner Ex-Kollegen verfolgt der Bob-Shooting-Star derweil genau - große Teile des Teams kennt er schließlich noch persönlich.
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