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TR-Leitartikel: Der nächste Querschläger
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Donnerstag, 9. Februar 2023

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Sportliche Themen waren in den letzten Wochen in den Vordergrund gerückt - das hat nun vorerst ein Ende.

Ein Schreiben und ein damit verbundener drohender Rechtsstreit zwischen dem Niedersächsischen Rugby-Verband und Rugby Deutschland sorgt kurz vor dem ADRT und dem ersten Adler-Heimspiel des Jahres für viel Unruhe (TR berichtete). Dem deutschen Rugbysport drohen Monate der Unsicherheit und unnötige Querelen, sowie massive Kosten für einen Rechtsstreit, der vermeidbar und unnötig scheint.

Eigentlich konnte man als deutscher Rugby-Fan dieser Tage mit etwas mehr Optimismus in die Zukunft blicken. Unsere Adler sind nach vier Jahren der Zweitklassigkeit wieder in der Rugby Europe Championship und haben sich beim Abo-Europameister Georgien achtbar geschlagen. Die Fünfzehner-Frauen starten kommenden Monat daheim gegen Portugal in die EM. Das Wolfpack bereitet sich auf die Olympia-Qualifikation vor, die nach der erstmaligen Quali für eine WM im Vorjahr realistischer denn je scheint. Dazu sind mittlerweile alle Jugendmannschaften von Rugby Deutschland aktiv - was es zuvor noch nie gegeneben hatte.

Kurz gesagt: Der Blick der deutschen Rugby-Anhänger richtete sich zuletzt nach vorne, die Pandemie und die Querelen innerhalb des Verbands schienen eine Sache der Vergangenheit - vorsichtiger Optimismus war gefühlt erstmals seit langem nicht fehl am Platz. Nicht so voreilig dachten sich Einige. Ein Schreiben des Niedersächsischen Rugby-Verbands (NRV) an das Amtsgericht Hannover, signiert von Michael R. Sauer, seines Zeichens Assistenz des zweiköpfigen NRV-Präsidiums, bestehend aus Präsident Thorsten Nentwig und Vize-Präsidentin Ulrike Städler, sorgt vor dem ADRT am Wochenende für Unruhe.

Worum geht es? Harald Hees wurde im Herbst 2019 erstmals zum Präsident des Deutschen Rugby-Verbands gewählt, welcher mittlerweile unter Rugby Deutschland firmiert. Zwei Jahre darauf hätte sich Hees satzungsgemäß der Wiederwahl stellen müssen, was beim Rugby-Tag in München hätte im Herbst 2021 passieren sollen. Jedoch musste der Verband die Präsenzveranstaltung aufgrund einer Verschärfung der Corona-Regeln in Bayern, die eine Durchführung in gewohntem Rahmen unmöglich gemacht hätten, nur wenige Tage zuvor verschieben.

Hees Wiederwahl erfolgte schließlich gute sechs Monate später im Frühsommer 2022 beim Nachhol-DRT 2021, welcher Hees mit breiter Mehrheit im Amt bestätigte. Michael R. Sauer argumentiert nun in seinem Schreiben an das Amtsgericht Hannover, dessen Ziel es ist die Beschlüsse des DRTs nichtig erklären zu lassen, dass Hees gar nicht hätte zum DRT einladen dürfen. Die Einladung erfolgte erst im April 2022 und damit rund ein knappes halbes Jahr nach dem Ende der turnusgemäßen zweijährigen Amtszeit.

Dass dieser Umstand der Unsicherheit rund um die Corona-Pandemie geschuldet war, findet im Schreiben Sauers an das Amtsgericht Hannover keinerlei Erwähnung. Stattdessen heißt es: „Harald Hees war es nicht erlaubt, zum DRT einzuladen…die Satzungsänderungen sind damit nichtig.“

Dabei ist die Rechtslage keineswegs so klar, wie im Schreiben dargestellt. Der Gesetzgeber war sich der Konsequenzen der während der Pandemie beschlossenen Versammlungsbeschränkungen durchaus bewusst und hatte eine Sonderregelung für solche Fälle verabschiedet. Diese Regelung, so erklärt es Rugby Deutschland in einer Mitteilung an seine Mitglieder, finde nach Ansicht des Rechtsbeistands von RD auch hier Anwendung. Genau dies bezweifelt Sauer und beschreitet nun im Namen des NRV den Rechtsweg.

Warum all dies? Das hat Michael Sauer, der in früheren Jahren als Vorsitzender des Rugby Club Mainz und Vorstand des Landesverbands Rheinland-Pfalz immer eine gute Beziehung zur Verbandsspitze pflegte, zumindest dem Präsidium noch nicht verraten. Rugby Deutschland soll laut eigener Aussage lediglich von Seiten des Hannoveraner Amtsgerichts über den Vorgang in Kenntnis gesetzt worden sein, nicht vom NRV, oder vom Verfasser. Auch eine Anfrage von TR an Sauer von vorgestern blieb bisher unbeantwortet.

Die Konsequenz sind zunächst Wochen und Monate der Unsicherheit, sowie erhebliche Rechtskosten für beide Seiten, die schnell im fünfstelligen Bereich landen dürften. Geld, das Rugby Deutschland anderswo viel besser investieren könnte bzw. dringend benötigt - sei es im Jugendbereich, oder in der Spitze, bei unseren Adlern oder den bald in die EM startenden Fünfzehner-Frauen. Erst am Montag flatterte dem Verband eine fünfstellige Rechnung ins Haus, mit der niemand hätte rechnen können.

Die sowieso schon sündhaft teure Reise unserer Adler nach Georgien, für die es keinerlei Zuschüsse vom Bund oder von World Rugby gibt, wurde noch einmal erheblich teurer. Eigentlich hätte das Team am Montag-Morgen mit Turkish Airlines via Istanbul nach Frankfurt zurückfliegen sollen. Doch aufgrund des massiven Erdbebens im Osten der Türkei war der Flughafen der türkischen Metropole komplett geschlossen, die Flüge unserer Adler wurden gestrichen und da es sich bei dieser Annullierung um höhere Gewalt handelt, werden seitens der Airline wahrscheinlich auch keinerlei Kosten erstattet.

23 Spieler, sowie das Trainer- und Betreuerteam wurden über kurzfristig verfügbare Verbindungen via Doha und Dubai umgeleitet, was mit knapp 1.000€ pro Person zu Buche schlägt. All dies muss nun mit einer sowieso bestehenden Deckungslücke im Haushalt finanziert werden. Das Damoklesschwert, welches nun über den Aktivitäten von Rugby Deutschland aufgrund des sich anbahnenden Rechtsstreits hängt, macht diese Aufgabe nicht einfacher.

Auch für potenzielle Partner, mit denen der Verband derzeit in Gesprächen ist, wirkt diese Posse und die damit verbundene Unsicherheit toxisch. Zuletzt wurden einige neue Sponsoren an Land gezogen, weitere Deals könnten durch diesen Vorgang untergraben werden. Schlussendlich sollten, zumindest meint man das als geneigter Beobachter, alle Rugby-Anhänger das Ziel haben, den ovalen Ballsport in unserem Lande voran zu bringen. Wie dieser völlig unnötige Querschläger dem dienen soll, erschließt sich uns nicht.

Dieser Alleingang kann im Zweifel gravieren Konsequenzen haben. Die nun gefährdete Finanzierung der Nationalmannschaften der Frauen und Herren, sowie der Jugendteams im Fünfzehner, die die nicht aus Bundesmitteln gefördert werden, kann im Zweifel zur Folge haben, dass diese Teams aus den Wettbewerben gezogen werden müssen - mit unabsehbaren Folgen. Auch auf die Frage, ob all diese Konsequenzen bedacht wurden, haben wir keine Antwort erhalten. Dazu könnte das Thema Vertreterregelung, sowie die Sonderumlage erneut aufgerollt werden und für noch mehr Zwist sorgen. Die Aussichten für Rugby Deutschland haben sich wieder einmal eingetrübt.

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Kommentare (2)add comment

Julian Felten said:

839
...
Wieder einmal ein Beispiel warum es im deutschen Rugby nicht in die richtige Richtung gehen kann. Selbstverliebte Egoman(n)en.
Februar 09, 2023

Branimir Niko Colic said:

4431
Einseitige Berichterstattung?
Vielleicht gehört zur Wahrheit auch, dass der Verband erneut Geld will (https://clubee-storage-prod.s3.eu-central-1.amazonaws.com/4253/files/application/63ca96a14f95f.pdf)? Vielleicht aber auch, dass die Ausgaben im letzten Jahr angezweifelt werden? Vielleicht kann man sich auch mal wieder in die Opfer Rolle begeben und plärren, dass man wieder für nichts verantwortlich ist?
Februar 09, 2023

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