80 Minuten Kampf in Tbilisi - eine klare Niederlage, aber auch positive Aspekte, die man zurück nach Deutschland machen kann. Foto (c) Irakli Tkemaladze
Deutschland hat das erste EM-Spiel nach dem Wiederaufstieg klar verloren. Die Titelverteidiger sind seit Jahren eine Klasse besser, als die Konkurrenz und für unsere Adler wäre ein Sieg utopisch gewesen. Aus deutscher Sicht kann man trotz vieler Fehler dennoch einige positive Aspekte mit in die kommenden Heimspiele nehmen: Man erzielte zwei Versuche, nachdem es in den letzten Spielen in Georgien keinen einzigen deutschen Versuch gab - phasenweise konnten unsere Adler das atemberaubende Tempo der Georgier sogar mitgehen.
Es war die erwartet knüppelharte Aufgabe in Tbilisi. Unsere Adler haben ihr erstes EM-Spiel seit dem Wiederaufstieg in die Rugby Europe Championship mit 12:75 verloren. Gegen ein Georgien-Team, das seit 2004 kein einziges EM-Heimspiel mehr verloren hat und heute unter anderem Profis von Racing 92, Lyon, Toulon und Bayonne auf dem Platz stehen hatte, ist das keine Schande.
Freitag am späten Nachmittag ging es für einige unserer Adler direkt aus dem Büro und von der Baustelle in den Flieger, auf den beschwerlichen Weg in den Kaukasus, wo für einige das erste Spiel seit dem Herbst anstand. Samstag morgens um 5 Uhr georgischer Zeit war das Team dann endlich in Tbilisi, wo dann noch gute 30 Stunden blieben, bis es im ausverkauften Avchala Stadion bei perfekten Bedingungen losging.
Das deutsche Team verhielt sich dabei keineswegs wie das Kaninchen vor der Schlange und traute sich durchaus selbst die Initiative zu übernehmen. Zumindest im ersten Durchgang konnten sich unsere Adler bei den beiden vielversprechenden Ausflüge tief in die georgische Hälfte nicht belohnen. Dermaßen großzügig zeigten sich die Gastgeber derweil nicht.
Leichtsinnsfehler und eine Georgien-Mannschaft, die ein ultraschnelles Tempo vorgab
Die deutschen Fehler, von denen es unter dem massiven Druck der Georgier und teilweise auch völlig ohne Druck bei Befreiungskicks der Lelos einige gab, nutzten diese gnadenlos. Dabei war es besonders die pfeilschnelle Hintermannschaft Georgiens, die von unseren Adlern kaum unter Kontrolle zu bekommen war.
Trainer Mark Kuhlmann konstatierte im Nachgang: „Nach drei oder vier schnellen Phasen standen wir defensiv nicht mehr gut, wir konnten keinen Druck mehr auf die Georgier ausüben.“ Das war angesichts des Tempos, das Brive-Profi und Oskar-Rixen-Teamkollege Vasil Lobzhanidze auf der Neun vorgab, verständlich - die meisten REC-Teams hätten Probleme dieses Tempo mitzugehen.
Die Stimmen aus dem Adler-Camp mit Kapitän Schröder und Rückkehrer Sebastian Ferreira
Erwartungsgemäß war besonders das Gedränge Georgiens dominant. Kapitän Schröder, der in der ersten Reihe gegen die starken Georgier drücken musste, erklärte gegenüber TR: „Die Georgier können selbst den All Blacks im Scrum Probleme bereiten, wir wussten was uns erwartet.“ So konnten sich die Georgier auch bei deutschem Einwurf ins Gedränge immer wieder das Leder sichern.
Adler-Sturm war der große Lichtblick
Dennoch war besonders die Leistung des Adler-Sturms hervorzuheben. Mit viel Leidenschaft und Kampfgeist verteidigte das deutsche Team den gefürchteten Sturm der Gastgeber: Ob an der eigenen Mallinie, oder im Paket. Die ersten drei angesetzten Pakete der Georgier konnte der Adler-Sturm legal stoppen und sich so Turnover sichern.
Vor allem auf die harte Arbeit im Sturm kann man mit Blick auf die kommenden Aufgaben aufbauen. Dazu traute sich das deutsche Team besonders im zweiten Durchgang auch etwas mit dem Leder zu. Der erste Versuch war Produkt des starken Defensiv-Drucks und dem gedankenschnellen Felix Lammers. Dieser konnte den Ballverlust von Jubilar Lasha Malaguradze, der heute seinen 100. Einsatz für Georgiern feierte, nutzen und für Deutschland punkten.
Tatsächlich hatte das deutsche Team bei den letzten beiden Auftritten in Georgien nicht einen Versuch erzielt. Heute waren es derer zwei, weil der erfahrene Neuenheimer gleich zwei clevere Kicks über die Georgien-Defensive setzte, die Verbinder Edo Stella zum Versuch verwandeln konnte.
Georgien abhaken und mit mehr Spielrhyhmus in die Heimspiele gehen
So absurd es klingen mag, für unsere Adler war das Georgien-Spiel eine Art Testlauf. Denn nur die im Südwesten der Republik aktiven Spieler trainieren regelmäßig zusammen. Jede Minute gemeinsam auf dem Feld, zumal gegen so einen Gegner, sind wertvoll für das Team. Dazu hat sich einzig Flanker Robert Lehmann heute verletzt und selbst bei ihm ist ein Einsatz kommende Woche gegen Spanien nicht ausgeschlossen.
Auf Trainer Mark Kuhlmann wartet nun eine nicht einfache Entscheidung. Wie viele Spieler rotiert er mit Blick auf das so wichtige Spiel gegen die Niederlande, das nur sechs Tage nach dem Spanien-Spiel ansteht? Frische Beine werden gegen die Niederlande, der Gegner den es derzeit zu schlagen gilt, sehr wichtig sein.
Mit den deutschen Fans im Rücken und eventuell noch ein zwei weiteren Verstärkungen durch einige unserer Auslands-Adler ist ein Erfolg möglich. Als Liga-Neuling kann das Ziel nur der Klassenerhalt sein, der erst nach der Rugby Europe Championship 2024 entschieden wird. Jeder Sieg auf dem Weg dahin wäre unglaublich wichtig.
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