TR-Interview mit Adler-Kapitän Schröder: „Das beste Niveau, das wir derzeit spielen können“
Geschrieben von TotalRugby Team
Dienstag, 10. Januar 2023
2019 stand Jörn Schröder selbst auf dem Platz, als Deutschland das letzte Mal gegen Georgien antrat. Foto (c) Perlich
Es sind keine vier Wochen mehr bis zum Beginn der Rugby Europe Championship. Unsere Adler sind zurück in der höchsten EM-Spielklasse und zum Auftakt wartet der schwerstmögliche Trip nach Georgien. Wir haben uns mit Adler-Kapitän Jörn Schröder über die kommenden Aufgaben unterhalten.
TotalRugby: Hallo Jörn, vielen Dank dafür, dass du dir die Zeit genommen hast. Zunächst einmal, du hast seit Ende November kein Rugby mehr gespielt, aber so langsam läuft die Vorbereitung auf die EM. Wie sieht es bei dir persönlich aus?
Jörn Schröder: Richtig! Nach unserem Spiel gegen Neuenheim hatte ich im Oktober Probleme mit dem Rücken, genauer gesagt dem Ischias-Nerv. Deswegen musste ich sechs Wochen aussetzen und habe beim Heidelberger RK wichtige Spiele verpasst, wie gegen München und Heusenstamm. Gegen die RGH kam ich zum Einsatz, aber der Lehrgang mit dem Testspiel gegen die Polen war eigentlich das erste richtige Training wieder für mich.
Direkt danach hat es mich im Dezember mit einer Grippe erwischt, da war ich aber bei weitem nicht der Einzige. In der Heimat habe ich dann wieder angefangen mit der Fitnessarbeit, denn die Gruppe hat schon richtig reingehauen. Seit einer Woche bin ich wieder in Heidelberg und damit in der Vorbereitung auf die EM-Spiele.
Die deutschen EM-Spiele
5. Februar Georgien - Deutschland
12. Februar Deutschland - Spanien (Heidelberg - Tickets hier)
18. Februar Deutschland - Niederlande (Neckarsulm - Tickets hier)
TR: Du sprichst es an, es sind nur noch knapp vier Wochen bis zum ersten Spiel in der Rugby Europe Championship. Die Vorfreude wächst so langsam?
JS: Absolut, das ist ja nicht selbstverständlich. Dieses Turnier ist das höchste Level, das man als deutscher Nationalspieler spielen kann. Deshalb sollte man das in vollen Zügen genießen, auch gegen Georgien.
TR: Blicken wir noch einmal kurz zurück. Nach dem Sieg gegen die Schweiz war ja lange nicht klar, wie es weitergeht. Eigentlich hättet ihr, trotz gleicher Punktzahl und besserer Differenz als die Polen ja nicht aufsteigen sollen, seid es dann aber durch die Disqualifizierung von Russland trotzdem. Wie hast du das Ganze wahrgenommen?
JS: Mark Kuhlmann hatte mich dann letzten Frühjahr irgendwann angerufen und mir gesagt, dass wir vielleicht aufsteigen können und mir vom neuen EM-Modus erzählt. Das hört sich jetzt vielleicht komisch an, aber für uns passt dieser Modus besser, als wenn du sechs Spiele gegen diese ganzen Top-Nationen hast. Jetzt ist man in Gruppen aufgeteilt und klar, wir spielen erst in Georgien und das ist ein Brett. Aber ich persönlich habe mich gefreut.
Ich bin jetzt 30 Jahre alt und wer weiß, wie schnell sich diese Möglichkeit noch einmal ergibt da oben zu spielen. Auch für die ganzen jungen Spieler ist es positiv einmal zu sehen, was es bedeutet auf diesem Level zu spielen.
TR: Gutes Stichwort. Du warst auch beim letzten Spiel einer deutschen Nationalmannschaft in Georgien dabei, 2019 in Kutaisi. Was kannst du den jungen Spielern über den Trip erzählen, die seitdem ins Team gekommen sind?
JS: Ich habe 2016 das erste Mal in Georgien gegen Georgien gespielt. Ich durfte damals anfangen und habe 40 Minuten gespielt. Dann war ich in Batumi mit dem HRK (in der Challenge-Cup-Qualifikation 2018, Anmerkung der Redaktion). Es kompliziert hinzukommen, man fliegt meist erst nach Istanbul und dann weiter nach Georgien. Aber trotzdem muss man das einfach genießen!
Man muss das alles aufsaugen und miterleben und das muss uns motivieren. Es ist eine Ehre da mit dem deutschen Trikot aufzulaufen und das Land ist ja wirklich Rugby-verrückt.
Als wir da 2019 gespielt haben war Top-Wetter, fast schon Sommer, tausende grölende Fans, das war schon cool. Wenn ich mir das Spiel rückblickend anschaue, dann haben die uns in den ersten Minuten schon dominiert, aber dann konnten wir uns 20 Minuten lang auch immer wieder in deren Hälfte festsetzen.
Georgien ist mittlerweile Teil der erweiterten Weltspitze und hat zuletzt Wales und Italien schlagen können
Respekt sollte man definitiv mitbringen, aber keine Angst. Natürlich wäre es aber utopisch zu sagen wir fahren da hin und gewinnen das Spiel. Das ist die beste Mannschaft, gegen die wir international derzeit spielen können. Vielleicht sogar gegen den besten Sturm der Welt, gerade im Gedränge. Selbst die All Blacks haben dann Mal Probleme im Scrum.
TR: Du als Erste-Reihe-Stürmer, die Georgier haben da ja einen Ruf…
JS: Gefühlt spielt die ganze französische Liga da! Du versuchst ganz normal dein Spiel zu machen, aber dabei noch mehr daran zu arbeiten tief zu stehen, damit du das länger halten kannst im Gedränge und die uns nicht zerdrücken. Aber man muss es auch realistisch sehen: Ich versuche so professionell, wie möglich zu leben, zu trainieren nach der Arbeit, jedoch sind wir halt „nur“ semiprofessionell oder Amateure. Wir spielen dort gegen ein Team, das top ausgebildet ist und wo der Großteil bei absoluten Topklubs in Topligen spielt.
Das sieht man ja auch an den Ergebnissen, der Sieg der Georgier gegen Italien, oder jetzt sogar in Wales. Ich gönne denen das, weil sie ja nicht so viele Chancen erhalten haben. Georgien hat sich ja spielerisch auch in der Hintermannschaft weiterentwickelt. 2019 haben die gegen uns auch phasenweise mit richtig hohem Tempo von Seite zu Seite gespielt. Das hat schon geschlaucht…
Spielerisch mittlerweile stark verbessert, wie hier gegen Wales - die Georgier
TR: Mit Blick auf die restlichen Spiele. Von der Herangehensweise her, macht es Sinn sich irgendwo auf das Heimspiel gegen die Niederlande zu konzentrieren, oder denkt man besser von Spiel zu Spiel?
JS: Der Blick geht erstmal auf Georgien, aber natürlich denken wir auch an die Heimspiele. Die Niederlande haben sich gut entwickelt, der Rugbysport dort insgesamt, auch im Jugendbereich. Holland wird sehr wichtig und klar denke ich daran, aber vorher erwarten uns zwei harte Spiele. Es wird auch darauf ankommen, die ersten beiden Spiele gut zu überstehen, dafür brauchen wir einen breiten Kader. Wir werden Holland sicherlich gut Paroli bieten und das Spiel auch gewinnenkönnen.
Aber egal wie es ausgeht, es wartet am Ende noch ein Spiel, das gegen Belgien oder Polen sein könnte.
TR: Speziell gegen Polen wäre ja auch vorige Saison ein Sieg drin gewesen.
JS: Absolut und gerade da hat man natürlich ein wenig die fehlende Erfahrung im Team gemerkt. Dass viele eben noch nicht auf diesem Niveau gespielt haben. Mit zwei drei erfahrenen Spielern, die einen kühlen Kopf bewahren, hätten wir das definitiv gewonnen. Belgien war auch nicht dermaßen weit weg, wobei man sehen muss, mit was für einem Team die Belgier spielen werden.
TR: Habt ihr eine konkrete Zielsetzung?
JS: Da muss man auch realistisch sein. Mein Ziel ist es, dass wir mindestens ein Team hinter uns lassen und nicht letzter werden. Von den acht Mannschaften die im Turnier sind müssen wir einen Gegner schlagen. Ob jetzt die Niederlande daheim, oder dann vielleicht Polen. Wir dürfen uns nur nicht den Luxus leisten irgendjemanden zu unterschätzen.
TR: Dann wünschen wir dir und dem Team in jedem Fall viel Erfolg. Vielen Dank noch einmal für das Interview!
TICKETS für die beiden Heimspiele gibt es ab 15€ unter folgendem LINK