TR-Review Rugby-Bundesliga: 1880 siegt im Topspiel, HRC & RKH mit Derbysiegen
Geschrieben von TotalRugby Team
Montag, 17. Oktober 2022
Kein Durchkommen: Die 1880-Defensive hatte den SCN über 80 Minuten weitestgehend unter Kontrolle. Foto (c) Seufert-Chang
Der fünfte Spieltag der Rugby-Bundesliga enttäuschte nicht. Zwei waschechte Topspiele gab es in beiden Staffeln zu sehen und mit dem Sieg von Hannover 78 ist keine Mannschaft im Norden mehr ungeschlagen. Frankfurt dagegen fuhr gegen den SCN einen hart erkämpften Sieg im Dauerregen ein. Die Löwen feierten derweil einen weiteren Kantersieg ein und sind bereit für das Gipfeltreffen in zwei Wochen.
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Süd/West
Tabelle
Rang
Team
Spiele
Punkte
Differenz
1
SC Neuenheim
5
20
+123
2
TSV Handschuhsheim
5
20
+338
3
SC Frankfurt 1880
4
19
+90
4
München RFC
5
14
-52
5
Offenbacher SCR
4
11
+7
6
RK Heusenstamm
5
6
-166
7
RG Heidelberg
5
3
-165
8
Heidelberger RK
5
1
-175
SC Frankfurt 1880 25-15 SC Neuenheim
Es war nicht immer der Rugby-Klassiker, den sich so manch einer im Vorfeld des Bundesliga-Topspiels zwischen den einzigen beiden ungeschlagenen Teams im Süden vorgestellt hatte. Bei Dauerregen in der Main-Metropole neutralisierten sich beide Rivalen auf hohem Niveau.
Die Intensität war von Beginn an hoch, jedoch wurden die harten Hits zuverlässiger geliefert als das glitschige Spielgerät. Zwischen taktischen Kicks und einigen ansehnlichen Ballstafetten mischten sich immer wieder Handling-Fehler. So wurde in der ersten Halbzeit zunächst nur in Dreier-Schritten gepunktet.
Beim SC Neuenheim zeigte sich der Südafrikaner Mondli Nkosi treffsicher vom Tee und beim Gastgeber war es Edo Stella. Zunächst genossen die Frankfurter eine zwischenzeitliche numerische Überzahl, als Neuenheims Zweite-Reihe-Stürmer Robert Lehmann für einen krachenden Hit mit wenig Einsatz der Arme mit Gelb bestraft wurde, dann musste Frankfurt zwischenzeitlich mit 14 Spielern auskommen, als Zweite-Reihe-Stürmer Benedikt Sabinarz für ein Ausheben des Gegenspielers mit Gelb bedacht wurde.
Zur Pause stand ein 12:9 für die Gäste zu Buche, das kurz nach dem Intervall vom treffsicheren Edo Stella ausgeglichen wurde. Erst in Minute 60 folgte der erste und schlussendlich einzige Versuch der Partie. Nachdem Edo Stella wichtige Meter über die Vorteilslinie gemacht hatte, wanderte das Leder von Seite zu Seite durch die Hände der halben 1880-Mannschaft zu Außen Luka Latu, der an der Seitenlinie ins Malfeld sprintete, dort noch Meter nach Innen machte und im Stile von Chris Ashton per Swan Dive zum Versuch ablegte.
Der einzige Versuch der Partie, erzielt durch Frankfurts Außen Luka Latu
Es war das einzige Mal, dass die SCN-Defensive derart unorganisiert war und den Gastgebern derart viel Raum ließ - Vorteil Frankfurt beim Stand von 19-12. Das Momentum war nun aber mit den Frankfurtern, die sich mehrmals in die Hälfte der Gäste vorkämpften und sich dabei zwei weitere Chancen auf Kick-Punkte erarbeiteten. Neuenheim hatte nach einer kraftraubenden Stunde Rugby auf dem tiefen Frankfurter Rasen nun nicht mehr viel zuzusetzen.
Neuenheim verpasste es in der Schlussphase einen Defensivbonuspunkt zu holen, bleibt aber mit einem Spiel mehr auf dem Konto als Frankfurt Tabellenführer. Bei den Gastgebern, die nun das einzige ungeschlagene Team der gesamten Bundesliga sind, war man, wenig überraschend, zufrieden mit der Partie. „Es war ein schweres Spiel unter schwierigen Bedingungen, die nicht unbedingt für offenes Rugby geeignet waren“, so 1880-Coach Byron Schmidt im Anschluss. Der Südafrikaner sah einen „verdienten Sieg“ seiner Mannschaft.
RK Heusenstamm 11-10 Offenbacher SCR
Nach der Füchse-Klatsche beim TSV Handschuhsheim hatten nicht viele an einen Sieg des RKH im Derby gegen den direkten Nachbarn Offenbach geglaubt. Zu sehr war der RKH in Heidelberg unter die Räder gekommen, zu selbstbewusst war der stark verstärkte Aufsteiger aus der benachbarten Lederstadt.
Was dieses Derby aber zu einem echten Kampfspiel machte, waren die Bedingungen. Bei Nieselregen und glitschigem Spielgerät waren nicht unbedingt die Ballfertigkeiten der Akteure gefragt, sondern Kampfgeist und davon zeigten die Füchse an diesem Samstag mehr als genug.
Schon früh tankte sich der Heusenstammer Sturm zum ersten Versuch der Partie durch und für Heusenstamm sollte es tatsächlich der einzige bleiben. Heusenstamms Verbinder David Schild erhöhte auf 8:0, bevor der Gäste-Sturm seinerseits die Antwort per Versuch fand.
Kampfstarke Heusenstammer sicherten sich im Derby den ersten Saisonsieg
Noch vor der Pause konnte Heusenstamm nach einem Gedränge-Straftritt über Pascal Schuster auf 11:5 erhöhen. Fast noch wichtiger war es da, dass die Heusenstammer mit der letzten Sequenz vor der Pause das eigene Malfeld sauber hielten, nachdem sich Offenbach bis an die Linie der Gastgeber vorgearbeitet hatte.
Nach der Pause nahm der Regen zu und aus einem zunächst zähen Spiel wurde endgültig eine Sturmschlacht. Da war es nur konsequent, dass der zweite Offenbacher Versuch zur Mitte des zweiten Durchgangs mit dem Gedränge erzielt wurde. Beim Stand von 11:10 erwarteten nun viele der meist mit Heusenstamm sympathisierenden Zuschauer einen echten Krimi.
Doch zunächst schwächte sich Offenbach in Form von Kapitän Robert Haase selbst. Der ehemalige Wolfpack-Spieler wurde zehn Minuten auf die Sandbank beordert, nachdem er einen Heusenstammer ohne Spielgerät unsanft zu Boden befördert hatte. Die Offenbacher Schlussoffensive verlief dann, bis auf eine vergebene Kickchance, im Sande.
Der hart erkämpfte Sieg der Heusenstammer ist der erste in dieser Saison und dürfte für die Füchse wie eine Art Befreiungsschlag wirken. Denn mit den vier Zählern rückt man an der RG Heidelberg vorbei und hält den HRK auf Abstand, der den ersten Zähler der Saison einfahren konnte.
München RFC 30-28 Heidelberger RK
Der Aufsteiger feiert im extrem wichtigen Duell mit dem Klub den dritten Sieg im fünften Spiel und entledigt sich damit zunächst von jeglichen Abstiegssorgen. Im ersten Durchgang wurde Schluss Fred Odur zum tragischen Helden: Der Schluss der Himmelblauen sorgte per Doppelpack zunächst für eine klare Führung der Münchner, musste dann aber mit dem Pausenpfiff vom Feld - bei einer unübersichtlichen Verteidigungsaktion kurz vor dem Pausenpfiff, im Zuge des ersten Klub-Versuchs, leistete sich Odur eine Unsportlichkeit.
Der erste Versuch der Münchner durch Schluss Fred Odur
Beim Stand von 20:11 aus MRFC-Sicht ging es in die Pause und allen Beteiligten war klar, dass dieses Spiel in Unterzahl noch lange nicht gewonnen war. Doch zunächst konnten die Münchner ihre Führung direkt zum Start der zweiten Hälfte ausbauen. Nachdem der Klub einen Münchner Kick nicht unter Kontrolle bekam, war es Außen Govule, der sich mit seinem Speed bis kurz vor die Mallinie arbeitete, von wo Münchens portugiesischer Prop Corte-Real per Pick and Go nur noch über die Linie fallen musste.
In der Schlussphase sollte es dennoch extrem eng werden. Zwei Versuche erarbeitete sich der Klub-Sturm noch und als dann Münchens Jacob Fafiolu für ein zu spätes Tackle noch mit Gelb vom Feld musste, war in Großhadern Zittern angesagt. Aber wie so oft war Kapitän Niklas Hohl der Lebensretter - der Ex-Klub-Spieler nagelte das Leder ein letztes Mal zwischen den Stangen durch und sicherte seinem Team damit den so wichtigen Sieg.
Der HRK wiederum sammelte zwar den ersten Zähler der Saison, wird mit dem Ergebnis aber keineswegs zufrieden sein. Nach fünf Spieltagen trennen den MRFC und den HRK ganze 13 Zähler. Kommende Woche im Heimspiel gegen Heusenstamm wird der Klub dringend weitere Zähler sammeln müssen, um nicht mit akuten Abstiegssorgen überwintern zu müssen.
RG Heidelberg 7-82 TSV Handschuhsheim
Die Löwen ließen auch beim Lokalrivalen von der anderen Neckarseite nichts anbrennen und zeigen sich vor dem Topspiel daheim gegen Frankfurt in Topform. Verbinder Niklas Bechtel, der sich im Verlaufe dieser Saison auf der Zehner-Position festzuspielen scheint, erzielte die ersten Punkte für den TSV und im Minutentakt legten anschließend Max Stelling, Jaco Otto und Tim Frauenfeld die nächsten drei Versuche zum Offensiv-Bonus.
Noch vor dem Pausenpfiff liefen die Löwen drei weitere Male ein und waren beim Stand von 49:0 fast wieder auf dem Weg, dreistellig zu punkten. Nach der Pause nahmen die Löwen den Fuß ein wenig vom Gas, kamen aber durch die eingewechselten Martel und Williams zu weiteren Versuchen, bevor RGH-Speedster Bezad Bayram nach etlichen Stürmerphasen zum einzigen Versuch der Orangenen zum zwischenzeitlichen 7:63 einlief.
Bis zum Abpfiff folgten jedoch noch drei weitere Versuche die Löwen, die scheinbar bereits sind für das Topspiel gegen Meister 1880 Frankfurt. Der RGH wiederum bleiben nun zwei Wochen der Vorbereitung, bis es beim Aufsteiger Offenbach die nächste Chance auf den ersten Sieg in dieser Saison gibt. Durch den überraschenden Sieg der Heusenstammer liegen die Orange Hearts nunmehr auf dem Relegationsplatz.
Nord/Ost
Tabelle
Rang
Team
Spiele
Punkte
Differenz
1
Berliner RC
5
20
+171
2
Hannover 78
5
18
+31
3
Hamburger RC
5
16
+32
4
RC Leipzig
5
15
+47
5
TSV Victoria Linden
5
14
+29
6
SC Germania List
4
10
-45
7
RK 03 Berlin
4
4
-151
8
FC Sankt Pauli
4
3
-114
Hannover 78 31-23 Berliner RC
Bei bestem Herbst-Wetter und vor ordentlicher Kulisse war es das erhoffte Spitzenspiel zwischen den beiden besten Teams im Norden. Dabei konnten die 78er dem BRC die allererste Pleite hinzufügen. Trainer Christian Doering war nach dem Spiel dementsprechend positiv gestimmt und sprach der gesamten Mannschaft ein „dickes Lob“ aus: „Es war das erwartet schwere Spiel und wir mussten erstmal einen Rückstand gegen eine echte Spitzenmannschaft ausgleichen, um dann in Schwung zu kommen!“
Besonders viel Schwung verlieh Jarrod Saul den Gastgebern. Der Siebener-Nationalspieler feierte seinen ersten Auftritt in dieser Saison gleich einmal mit dem schönsten Versuch der Partie, bei dem er einen akkuraten Cross-Kick fing und zum Versuch ablegte. Mit diesem drehten die 78er auch eine frühe Führung des BRC und gingen bereits mit einer Führung von 18-11 in die Pause.
Jarrod Saul wurde für 78 zum Man of the Match
Nach dem Seitenwechsel dann dasselbe Bild: Beide Teams spielten mit hoher Intensität und auch in Durchgang zwei zeigte der Deutsch-Australier Saul sein Können und beendete mit einem Intercept-Try eine längere Druckphase des BRC. Dessen wütende Angriffe zum Schluss konnte 78 allerdings parieren. 78 belohnte sich für eine starke Leistung, wie es Trainer Doering betonte und verwehrte den Gästen sogar den Defensiv-Bonus.
Dennoch bleibt der BRC Dank seiner bisherigen Bonuspunktsiege und weißer Weste noch an der Tabellenspitze und empfängt in zwei Wochen Victoria Linden. Hannover 78 tritt dann beim RK 03 Berlin an.
FC St. Pauli 26-39 Hamburger RC
Die Rugger vom HRC zeigten sich im Hamburger Derby nach zuletzt zwei Niederlagen in Folge mit nur einem einzigen Zähler von der ersten Minute hellwach und gingen dank der starken Leistung in Durchgang eins als klarer Sieger vom Feld. Kapitän Josh Harvey betonte im Nachgang zu TR: „Wir sind sehr glücklich gegen Pauli zurück in die Spur gefunden zu haben - die vielen Zuschauer sind Beweis für das Wachstum von Rugby in Hamburg!“
Tatsächlich war der Rahmen dieses Spiels mehr als angemessen. Paulis Leistung in den ersten 30 Minuten nicht unbedingt. Denn die auf dem Papier als Gäste antretenden HRC-Rugger lagen da bereits mit 20:0 in Front. Bis zur Pause ackerte sich Braun-Weiß dann aber ins Spiel und kam über Putzke zu 7-20 Anschluss und verkleinerte die Lücke nach dem Intervall auf 12-20.
Der HRC war aber nie wirklich aus dem Spiel und kombinierte sich über außen durch. Das zwischenzeitliche 19-25 des FC St. Pauli sorgte Mitte des zweiten Durchgangs noch einmal für Spannung. Die Entscheidung fiel dann aber, als Hamburgs Strafkick zu kurz ausfiel, der Befreiungskick Paulis aber zum Bumerang wurde - der HRC kam durch einen sehenswerten Überkick zum Bonuspunkt und sorgte für die Entscheidung.
Zwei späte Versuche - jeweils einer für beide Teams - änderte nichts mehr am Ausgang, jedoch bescherte dies dem FC St. Pauli noch einen Tabellenpunkt, der eventuell noch kostbar sein dürfte. So bleibt zumindest der RK 03 Berlin in Reichweite der Hanseaten.
Zweite Reihe-Stürmer Toni Höllmann, der auch als Pressesprecher fungiert, fasste die Partie wie folgt zusammen: „Wir sind zufrieden mit dem Sieg und freuen uns über den Bonuspunkt. Wir haben uns vorgenommen ein kühlen Kopf zu behalten und haben dies auch weitestgehend geschafft. St. Pauli hat uns ein physisches und hartes Spiel geboten, aber unser Sturm konnte gut mithalten und unsere Hintermannschaft konnte sich durchsetzen.“
SC Germania List 29-19 RK 03 Berlin
Unter dem Strich stand für die Germania ein souveräner Bonuspunktsieg daheim gegen den RK auf dem Programm, der nur einige Minuten Mitte des zweiten Durchgangs in Gefahr geriet, als die Gäste zwischenzeitlich auf 14-17 herangekommen waren.
Doch zwei starke Germania-Phasen gleich zu Beginn, mit Versuchen Jon Caister und Tino Dietz, sowie im letzten Spielviertel durch Jeremy Ntiamoah und Tana Majoni sollten den Germanen reichen, um diese Partie zu gewinnen, den Offensiv-Bonus zu sichern und den Gästen zwei Bonuspunkte zu verwehren.
Die Berliner fuhren trotz einer couragierten Leistung mit leeren Händen heim - wäre zu den drei Versuchen der Gäste noch ein vierter in der Schlussphase hinzugekommen, hätten es zwei Bonuspunkte für die Haupstädter sein können, die unter ihrer lückenhaften Defensive litten.
Germania will in zwei Wochen bei Sankt Pauli die nächsten Punkte sichern, während die Berliner das andere Hannoveraner Top-Team empfangen, wenn 78 in der Buschallee antritt.
TSV Victoria Linden 27-49 RC Leipzig
Der Höhenflug von Victoria Linden ist vorerst vorüber, während der RC Leipzig nach einigen durchwachsenen Partien wieder zurück in die Spur findet. In einer mit offenem Visier geführten Partie hatten die Gäste schon in Durchgang eins klare Vorteile und lag zum Pausentee mit 35-15 vorne.
Beide Defensivreihen ließen für die schnellen Akteure des Gegners und ermöglichten so viel sehenswertes Offensiv-Rugby. Doch ohne den gesperrten Neuner Jantjies fehlte dem Zebra-Spiel der Stratege und so konnte Leipzig nach der Pause mit zwei schnellen Versuchen in kurzer Folge bereits alles klar machen.
Für die Victoria ging es beim Stand von 15-49 um nicht mehr viel. Doch späte Versuche durch den starken Innen Slater, sowie Jeremie Küster, der damit einen Doppelpack klarmachte, sicherten den Gastgebern immerhin den Offensiv-Bonus, der gegen Ende der Saison noch wichtig werden könnte.
Für Leipzig geht es derweil im Duell mit dem HRC in zwei Wochen auch darum, wohin der Blick in der Tabelle künftig wandert - Richtung Playoff-Plätze, oder Richtung Relegationsplatz. Victoria muss dann beim Berliner Rugby-Club antreten.