Howard Packman bei seinem ersten EM-Einsatz für Deutschland in Lissabon. Foto (c) Perlich
Samstag und Sonntag entscheidet sich, ob das Wolfpack Rugby-Geschichte schreiben kann (TR berichtete) und sich als erstes deutsches Herrenteam für eine WM qualifiziert. Ein Name im Kader dürfte vielen deutschen Rugby-Fans noch kein Begriff sein, der von Howard Packman. Der Engländer mit deutschem Vater und Erfahrung aus der englischen Premiership ist eine wichtige Verstärkung für das deutsche Team und hat mit dem Wolfpack noch viel vor.
Seine erste Ballberührung im Wolfpack-Trikot hatte sich Howard Packman definitiv anders vorgestellt. „Ich bekam den Ball nach einer Standardsituation, war mir aber nicht ganz sicher, welchen Laufweg ich genau nehmen sollte - ich habe den Ball nur mit Mühe kontrolliert und wir haben direkt darauf den Turnover kassiert“, so Packman heute über die Situation im Mai bei den Howard Hinton 7s im französischen Tours, die das Team am Ende noch gewinnen sollte.
Auch einen so erfahrener Spieler, wie den 27-jährigen Packman, verunsichert so eine Szene: „Mein erster Gedanke war, dass die anderen Jungs sich wohl fragen müssen, mit was für einem Typen sie denn da jetzt auf dem Rasen stehen.“ Die Anfangsschwierigkeiten sollten aber nicht von langer Dauer sein - mittlerweile konnte Packman seine Qualitäten mehr als nur einmal unter Beweis stellen.
Der in der Hintermannschaft vielseitig einsetzbare Packman war Teil des siegreichen deutschen Teams beim ersten EM-Turnier in Lissabon und wird an diesem Wochenende ebenfalls im Einsatz für Deutschland sein, wenn es um die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Kapstadt geht. Dass der gebürtige Engländer überhaupt für Deutschland aufläuft, verdankt er seinem Vater und zwarn mehrerlei Hinsicht.
Vater Frank wurde als Sohn einer Deutschen und eines Engländers in Westfalen geboren und ist erst in seinem neunten Lebensjahr nach England gezogen. Noch immer hat Packman Familie in Dortmund und plant, jetzt wo er häufiger in Deutschland ist, in der zweiten Jahreshälfte einen Besuch bei der Verwandtschaft und beim dortigen Fußballklub.
Vater Frank spielte in den 1980ern und 90ern, wie Howard später selbst, für die Northampton Saints. Beim Traditionsklub durchlief der Wolfpack-Innen alle Jugendmannschaften und sammelte schließlich im Premiership-Team des dreifachen Europacupsiegers Einsätze in Englands höchster Spielklasse.
Packman im Trikot der Northampton Saints im Franklin's Gardens
Nach drei Jahren Premiership wechselte Packman in die zweite Liga, wo er unter anderem für die Ealing Trailfinders zum Leistungsträger wurde. Vater Frank, der noch zweisprachig aufwuchs, erinnerte Howard aber schon vor Jahren immer wieder an dessen deutsche Vorfahren und inspirierte seinen Sohn schließlich für Deutschland zu spielen. Leider durfte dieser den Sohn nie im Deutschland-Trikot erleben, da er im März vorigen Jahres viel zu früh verstarb.
Packman darf erst durch die Regeländerung von World Rugby für Deutschland spielen
Vorher wäre ein Einsatz kaum möglich gewesen: Howard darf erst durch die Regeländerung bei den Spielberechtigungskriterien von World Rugby zum 1.1.2022 überhaupt für Deutschland auflaufen. Denn nach seinen Einsätzen für Englands U20, sowie die Siebener-Nationalmannschaft vor rund sieben Jahren, war er bis zum Jahreswechsel an sein Geburtsland gebunden.
Den ersten Kontakt mit Verantwortlichen des deutschen Verbands hatte es bereits Jahre zuvor gegeben, als Packman sich mit dem damaligen Adler-Coach Mouritz Botha unterhalten hatte. Damals wäre ein Wechsel der Spielberechtigung aber lediglich über das sogenannte Olympia-Schlupfloch möglich gewesen, weswegen die Gespräche nie in Einsätzen für Deutschland mündeten.
Das änderte sich dieses Jahr schließlich und im Frühjahr ging alles ganz schnell. Seit knapp drei Monaten pendelt Packman nun zwischen seiner Heimat Northampton und Heidelberg - zwei etwa ähnlich große Städte mit gänzlich anderem Charakter. Der Wolfpack-Neuling hat dennoch bereits Gefallen an der Neckarstadt und dem Trainingsumfeld der Mannschaft gefunden.
Schnelle Integration ins Wolfpack
Packmans Integration in das Wolfpack-Team verlief so reibungslos, wie er sich das nur hätte erträumen können. Denn obwohl Vater Frank versuchte seinem Sohn Deutsch beizubringen, blieb es bei rudimentären Kenntnissen und nun ist Howard froh, dass im Team jeder englisch spricht. Aber das war bei weitem nicht die einzige positive Überraschung, die Packman bisher erlebte.
„Als ich hier her kam, dachte ich, dass ich dem Team mit meiner Professionalität helfen könnte und musste feststellen: Ich kann mir an den Jungs noch einiges in Sachen Professionalität abschauen“, wie Packman im Gespräch mit TR erläutert. Vor allem in Sachen Fitness habe er Nachholbedarf gehabt, den er aber mittlerweile auch Dank des Trainerteams aufgeholt habe. Dazu sind auch die Probleme mit Taktik und Laufwegen mittlerweile Geschichte - „wir haben mittlerweile geklickt und es läuft gut“, so Packman.
Mit Blick auf die Aufgabe an diesem Wochenende in Bukarest betont Packman: „Wir wissen genau, was uns erwartet - Wales im letzten Gruppenspiel wird ein extrem wichtiges Duell und wir wollen das gewinnen. Wir sind dazu in der Lage und haben uns gewissenhaft auf die Aufgabe vorbereitet.“ Man habe sich auch mit dem Sieg über Spanien im Finale von Lissabon das nötige Selbstbewusstsein geholt.
Wir schauen dann weiter, so Packman auf die Frage nach seinen weiteren Zielen mit dem Wolfpack. In jedem Fall wolle er noch einige Jahre für das deutsche Nationalteam spielen - so lange er der Mannschaft weiter helfen könne. Ein besonderer Traum wäre, zusammen mit seinen beiden jüngeren Brüdern zu spielen, die natürlich auch für Deutschland spielberechtigt sind. Bis dahin wird noch einiges Wasser den Neckar herunterfließen und hoffentlich wird Packman bis dahin auch einige Erfolge mit dem Adler auf der Brust gefeiert haben.
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