"Wir sind eine große Rugby-Familie", so begründeten Verantwortlichen beim Rugby Club Zebre ihren Schritt.
Seit mittlerweile zwei Wochen herrscht Krieg in der Ukraine. Der Einmarsch Russlands betrifft die Rugby-Community in beiden Ländern. Anderswo wächst die Hilfsbereitschaft immer weiter, auch beim italienischen Profi-Klub Zebre. Derweil hat der russische Einmarsch auch für den Rugbysport in Russland Konsequenzen, was einen Wolfpack-Ass betreffen könnte.
Als die Spieler des Kyiver Rugby-Klubs Polytechnic vor einigen Monaten auf Einladung des italienischen Profi-Klubs Zebre ein Heimspiel in der Ultimate Rugby Championship sahen, konnte niemand ahnen, zu was die Kooperation beider Klubs noch führen sollte. Denn seit mittlerweile zwei Wochen liegt die Heimat des Kyiver Topklubs unter Dauerbeschuss.
Bei den Italienern hat man die Rugby-Freunde aus der Ukraine, die mehrere Spieler des Nationalteams stellen und somit auch in Neckarsulm aufgelaufen wären, aber nicht vergessen - im Gegenteil. Als der russische Einmarsch und der Dauerbeschuss aus der Luft am 24. Februar begann, schmiedeten die Italiener, die normalerweise gegen die Topklubs aus Irland, Schottland, Wales und Südafrika spielen, erste Pläne.
Die Angehörigen der ukranischen Rugby-Freunde nach ihrer Odyssee über mehr als 2000 km hinweg
Zebre bot dem Klub an, Angehörige der Spieler des RC Polytechnic au der Ukraine zu evakuieren und in Sicherheit zu bringen, die Ukrainer nahmen das dankend an. So gelangten insgesamt 49 Menschen im Teambus der Italiener aus der Ukraine in die Sicherheit der norditalienischen Stadt Parma, wo Zebre angesiedelt ist.
Die Kriegsflüchtlinge wurden nach der mehrtägigen Odyssee über mehr als 2.000 km hinweg versorgt und gleichzeitig startete Zebre eine Spendenaktion (Der Link zur Spendenaktion) für die Angehörigen, die fast allesamt all ihr Hab und Gut verloren haben.
Damit hat der Klub in etwa genauso viele Flüchtlinge aufgenommen, wie das gesamte Vereinigte Königreich zusammen. Als einziges Land in Europa weigert sich die Regierung von Boris Johnson Ukrainer unbürokratisch aufzunehmen und insistiert stattdessen, dass sich die Ukrainer doch um Visa als Erntehelfer bewerben könnten, oder anderweitig Visa erhalten sollten.
83-jähriger Ex-Präsident des ukrainischen Verbands dient nun mit der Waffe
Giorgi Dzhangirian ist einer von vielen Freiwilligen in der Ukraine, die sich den Landesverteidigungseinheiten angeschlossen haben. Was den georgischstämmigen Ukrainer so besonders macht: Mit 83 Jahren zählt Dzhangirian sicherlich zu den ältesten Ukrainern, die nun zu den Waffen gegriffen haben.
Selbst mit über 80 Jahren fühlt sich der ehemalige Stürmer Giorgi Dzhangirian noch dazu berufen seine Heimat zu verteidigen
Dazu war der ehemalige Rugby-Stürmer seit den 1990ern über zehn Jahre lang der Vorsitzende des ukrainischen Rugby-Verbands und vertrat sein Land bei Rugby Europe. Dzhangirian war einst in den 1960ern einer der Pioniere des ukrainischen Rugbys, als er den Sport mit aufbaute. Der Rugby Klub Lviv postete nun das Foto von Dzhangirian mit Gewehr an einem Checkpoint und mehrere ehemalige Weggefährten bestätigten seine Identität.
Nun ist er einer von vielen, die sich der Aggression des großen Nachbarn entgegenstellen. Der Konflikt forderte auch in der kleinen ukrainischen Rugby-Community bereits mehrere Opfer, darunter mit Mykita Bobrov ein Nachwuchsspieler, der mit seiner Familie bei der Flucht aus Kyiv unter Beschuss der Russen kam.
Wie Rugby-Europe-Präsident Octavian Moriaru bestätigte, kam ein ukrainischer Nachwuchsspieler samt Familie bei der Flucht aus Kyiv ums Leben
Doch auch in Russland hat dieser Konflikt schwere Konsequenzen, wenn auch nur sportliche und finanzielle. Bereits vergangene Woche wurde Russland von allen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen. Der russische Verband musste nun aufgrund des starken Wertverfall des Rubels ein striktes Sparpaket verabschieden. Unter anderem stellt der Verband seine finanzielle Unterstützung der Top-Klubs komplett ein und limitiert die Anzahl der Auslandsspieler von nun an drastisch.
Das könnte sich auch bald auf die Situation von Wolfpack-Spieler John Dawe und Ex-Wolfpack-Coach Vuyo Zangqa auswirken - beide waren beim Sankt-Petersburger Klub Zastawa unter Vertrag. Für Siebener-Teams gilt künftig, dass nur noch ein Spieler aus dem Ausland stammen darf. Außerdem ist es nach einer Gesetzes-Novelle nun in Russland offiziell verboten, die dort als „Spezielle Militäroperation“ bezeichnete Invasion, als solche oder als Krieg zu benennen.
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