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Weltmeister-Coach schlägt Alarm: Südafrika bald nur noch Talente-Lieferant
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Montag, 10. Januar 2022

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Amtierender Weltmeister und auf Platz eins der Weltrangliste: Doch Boks-Weltmeister-Coach Jake White sieht für die Zukunft des Südafrika-Teams schwarz.

Südafrika ist amtierender Weltmeister, auf Platz eins der Weltrangliste und sicherlich auch einer der Favoriten auf den WM-Titel 2023 in Frankreich, wo das Team bereits 2007 den Titel holte. Doch der damalige Weltmeister-Trainer Jake White schlägt nun Alarm: Wenn Südafrika nicht bald gegensteuert, wird das Land zum Talentelieferant für andere Ligen und Nationalmannschaften.

„Wir haben die besten Spieler der Welt, nur in Südafrika bekommt sie keiner zu sehen“, so Weltmeister-Coach Jake White im Interview mit einem südafrikanischen Rugby-Magazin. Nur wenn man den Zugang zum Nationalteam wieder ausschließlich über die südafrikanischen Klubs zulasse, werde man langfristig Erfolg haben. Mit dieser Forderung sorgte White heute für großes Aufsehen, zumal der aktuelle Bulls-Trainer noch immer als wichtige Stimme im südafrikanischen Rugby gilt.

Als Jake White die Springboks 2007 zum Weltmeister-Titel coachte, hatte er seine Stars im Land am Kap der guten Hoffnung beisammen und konnte sie gezielt auf das Turnier in Frankreich vorbereiten. Einige altgediente Stars wie John Smit, Butch James, oder Percy Montgomery gingen nach dem Titelgewinn ins Ausland, um in Frankreich, oder England noch einmal gutes Geld zu verdienen. Jedoch bestand die Start-XV des Weltmeister-Teams 2007 lediglich aus Spielern, die ihr Rugby im Super-Rugby-Wettbewerb spielten.

Verband SARU im Zwiespalt

Denn bis Ende 2017 wurden nur Spieler für die Boks nominiert, die auch tatsächlich in Südafrika Vereins-Rugby spielten. Der Verband sah sich aber nach einem Horror-Jahr dazu gezwungen, diese Entscheidung zu revidieren. Auch aufgrund einer blamablen Rekord-Niederlage von 0-57 in Neuseeland gegen den Erzrivalen All Blacks sah man sich im SARU-Hauptquartier in Plattekloof bei Kapstadt dazu gezwungen, die Regel einzukassieren.

Eben Etzebeth ist einer der vielen Boks-Stars, die ihr Rugby im Ausland spielen - für den Weltmeister dürfte das bald zum Problem werden

Mit einem mal standen Stars wie Faf de Klerk, oder Willie Le Roux dem Springboks-Coach Rassie Erasmus wieder zur Verfügung. Keine zwei Jahre später krönte sich das Team um Kapitän Siya Kolisi in Japan zum Weltmeister – doch um welchen Preis? Von der Weltmeister-23 aus dem Endspiel von Yokohama spielen mittlerweile nur noch sechs Bok-Asse in Südafrika, zwei haben ihre Karriere beendet, der Rest und damit weit mehr als die Hälfte spielt im Ausland. Mit der Schwäche des südafrikanischen Rands droht der Exodus der vielen Talente nur noch schlimmer zu werden.

Das macht das heimische Rugby mit den traditionell unglaublich beliebten Teams, wie den Stormers aus Kapstadt, den Bulls aus Pretoria, oder den Sharks aus Durban immer weniger attraktiv. Außerdem gibt es wiederkehrende Konflikte mit den Arbeitgebern der Springbok-Stars: Eben Etzebeth spielt beispielsweise beim RC Toulon, dessen Besitzer zuletzt gar einen Ausgleich für die Ausfallzeiten seiner Stars forderte, wenn diese in der Rugby Championship im Einsatz seien. Südafrika droht damit noch mehr zum Talente-Lieferant für die reicheren Rugby-Nationen Japan, Frankreich und England zu werden.

Ein noch größerer Exodus könnte sich auch negativ auf die Chancen der Boks auswirken

Die Gefahr, dass Spieler von anderen Nationalteams gelockt werden, wenn sie früh ins Ausland wechseln, wird nicht unbedingt kleiner. Laut der Zählung einer südafrikanischen Zeitung aus dem Jahre 2016 hatten zu diesem Zeitpunkt bereits weit mehr als 200 Spieler aus Südafrika die Nationaltrikots anderer Teams getragen, davon der größte Teil seit dem Beginn der professionellen Ära im Rugby.

White betont, dass man mit der Änderung der Regel Topspieler geradezu dazu animiere, ins Ausland zu gehen. Kurzfristig sei dies sicherlich für den sportlichen Erfolg hilfreich, langfristig erfahre das südafrikanische Rugby dadurch aber nur Nachteile. Mit seiner Einschätzung könnte White durchaus richtig liegen. Doch ob man in Südafrika gewillt ist, kurzfristig auf sportliche Erfolge zu verzichten, um langfristig nachhaltiger zu wachsen, sei dahingestellt - nicht viele Boks-Stars dürften ihre lurativen Verträge in Japan oder Frankreich zerreißen und morgen in die Heimat zurückkehren.

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