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40 Jahre nach dem Falkland-Krieg: Wie Rugby zwei verfeindete Soldaten zusammenbrachte
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Donnerstag, 6. Januar 2022

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Oben: Higgins und Podesta verabschieden sich, nachdem der Argentinier aus der Gefangenenschaft entlassen wird.

Der Waliser Irfon Higgins und der Argentinier Giorgio Podesta hätten sich unter anderen Umständen wohl versucht gegenseitig umzubringen. Denn beide standen vor ziemlich genau 40 Jahren auf entgegengesetzten Seiten, als sich ihre beiden Länder im Jahr 1982 einen blutigen Konflikt lieferten, den rund 1.000 Menschen auf beiden Seiten nicht überlebten. Doch ihre Liebe zum Rugby verband die beiden und hat sie heute zu Freunden werden lassen.

Argentinien hatte Anfang 1982 die rund 480 Kilometer vom Süden des Landes entfernten und sehr dünn besiedelten Falklandinseln, die sich seit Ende des 18. Jahrhunderts unter Kontrolle der britischen Krone befanden, besetzt. Argentinien sah die unweit von seiner Küste liegenden Inseln als sein Territorium an, das widerrechtlich von Großbritannien besetzt wurde.

Die britische Rückeroberung kostete rund 1.000 Menschen das Leben, was mehr als der Hälfte der damaligen Einwohnerzahl der Falklands von nur 1.800 entspricht. Bis heute besteht das Land darauf, dass die „Islas Malvinas“, so der argentinische Name, argentinisches Gebiet seien. Seit dem Krieg spielten britische Rugby-Teams schon mehrmals in Mendoza, dessen Stadion nach den Malvinas-Inseln benannt ist.

Freundschaft zwischen zwei Ruggern überkommt den Krieg

Irfon Higgins war damals als Royal Marine ans andere Ende der Welt geschickt worden und lernte Podesta kennen, als er auf dem Sanitätsschiff SS Canberra argentinische Kriegsgefangene bewachte. Podesta war einer der wenigen unter ihnen, der Englisch sprach und so wurde er für Higgins zum Dolmetscher und im Verlauf der Tage und Wochen zum Freund.

Denn was Higgins und Podesta damals wie heute verbindet, ist die Liebe zum ovalen Leder. Der Waliser war sprichwörtlich vom Rugby-Feld geholt worden, als er vom Einsatz vor der Küste Patagoniens erfuhr. Die wochenlange Überfahrt in das knapp 13.000 Kilometer entfernte Archipel endete abrupt mit Angriffen der argentinischen Luftwaffe und grausamen Verletzungen, die die Kämpfe auf den abgelegenen Inseln bei den Verwundeten hinterließen.

Doch der argentinische und walisische Rugger unterhielten sich in den wenigen freien Minuten über die walisischen Rugby-Legenden JPR und JJ Williams, wie Higgins heute gegenüber der BBC erklärt. Podesta habe ihm darüber hinaus gar geholfen einen Gefangenenaufstand unter den Argentiniern, die gegenüber ihren Bewachern vielfach in der Überzahl waren, zu verhindern.

Viel kontroverser sei zwischen den beiden ein Spiel zwischen Wales und Argentinien aus dem Jahre 1976 gewesen, das Phil Bennet in letzter Minute per Straftritt entschieden habe. Beide hatten die dramatische Partie noch lebhaft im Kopf. Die Freundschaft der beiden ging soweit, dass der Waliser für seinen argentinischen Freund sogar Disziplinarmaßnahmen riskierte: Er schmuggelte den Kriegsgefangenen in seine Kajüte, wo sich beide bei Bier und Snacks über ihren Lieblingssport unterhielten.

Damals das Thema zwischen den beiden Kriegsgegnern, die zu Freunden wurden - ein legendäres Duell zwischen Wales und Argentinien

Nach 72 Tagen endete der Konflikt schlussendlich mit einem britischen Sieg, die Falkland-Inseln blieben in britischer Hand. Die SS Canberra transportierte die Kriegsgefangenen bis auf das argentinische Festland, wo die beiden Rugby-Freunde sich zunächst verabschieden mussten. Weitere anderthalb Jahre war es unmöglich für beide im Kontakt zu bleiben, da die argentinische Militärdiktatur dies verhinderte.

Doch nachdem Argentinien im Dezember 1983 wieder zu einer Demokratie wurde, konnten die beiden einstigen Kriegsgegner sich wieder schreiben. Es folgten gegenseitige Besuche in Argentinien und Wales und was beide bis heute verbindet, ist die Liebe zum Rugby.

Die Geschichte der beiden ist im Buch „the Band of War“ (nur bei Amazon UK erhältlich) nachzulesen und die BBC hat sich dieser Tage zum Erscheinen des Werkes über den Falkland-Krieg mit den beiden Protagonisten dieser ganz besonderen Geschichte unterhalten.

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