weite Das Duell RK03 gegen Germania ging klar an die Hauptstädter. Foto (c) Janus
Fast zwei Jahre Coronapause in der Rugby-Bundesliga sind endlich zu Ende. Die Liga ist am Wochenende fulminant gestartet mit gleich zwei Heidelberger Derbys und zwei Verfolgerduellen im Norden. Nicht jedes Team konnte die lange Pause nutzen um sich spielerisch weiterzuentwickeln. Bei uns erfahrt ihr, wer wie gestartet ist.
Süd/West
Heidelberger RK 10-39 TSV Handschuhsheim
Perfektes Wetter an einem sonnigen Freitag-Abend am Heidelberger Harbigweg, eine sehr gute Kulisse und viel Vorfreude. So begannen die beiden Traditionsklubs das allererste Bundesligaspiel der neuen Saison und der schier endlosen Coronapause.
Der TSV trat mit einer jungen Mannschaft an, die auf den beiden Schlüsselpositionen auf der Acht und auf Verbinder mit den Spielertrainern Jaco Otto und Max Stelling besetzt war. Beide Teams leisteten sich im Verlaufe der Partie einige Handling-Fehler, was sicherlich auch der langen Wettkampfpause geschuldet war.
Beim TSV waren aber mit Bennet Veil, Phillip Frauenfeld und Marius de Giacomoni gleich drei Eigengewächse mit ihren ersten Einsätzen dabei. Die ersten Punkte besorgte HRK-Neuner Pierre Mathurin, der kurioserweise die Straftritte per Dropkick ausführte und aufs Tee verzichtete.
Den ersten Versuch der neuen Saison legte ein alter Bekannter. Jaco Otto war wieder Mal aus kurzer Distanz von seinen Ex-Klub-Kollegen nicht zu halten und tankte sich auf unnachahmliche Art ins Malfeld. Während der HRK in der Folge ordentlich Druck aufbaute, aber Punkte bei Dropkicks liegen ließ, zeigte sich der TSV eiskalt.
Keine 15 Minuten waren gespielt, als nach einem Turnover der schnelle TSV-Konter folgte, den Innen de Giacomoni abschloss. Noch vor der Pause drohte es deutlicher zu werden, als erneut Otto gegen seinen Ex-Klub gleich mehrere Tackles brach und ins Malfeld zum Pausenstand von 19:3 eintauchte.
Etwas Leerlauf mit Fehlern auf beiden Seiten später, konnte der HRK noch einmal nach der Pause etwas Hoffnung schöpfen. Eine schöne Kombination konnte von Klub-Außen Jonas Malaizier zum 10:19 Anschluss abgeschlossen werden. Mit der Erhöhung durch Mathurin, wieder per Dropkick, keimte Hoffnung auf.
Doch die Schlussphase gehörte dann wieder vollends dem gastierenden TSV Handschuhsheim. Marcus Bender, Jaco Otto mit seinem dritten Versuch und Frauenfeld schraubten das Punktekonto der Gäste in der Schlussphase weiter hoch.
Ein am Ende fast schon zu hoher Sieg für den TSV, der so aber mit Rückenwind die kommenden Aufgaben angehen dürfte. Das Drama um Star-Verbinder Nikolai Klewinghaus, der erwartungsgemäß nicht auflief, verschwand so bei den TSV-Assen und dem eigenen Anhang im Hinterkopf.
RG Heidelberg 18-36 SC Neuenheim
„Wir sind überglücklich über die fünf Punkte“, so die erste Reaktion von SCN-Coach Clemens von Grumbkow nach dem Abpfiff. Seine Neuenheimer waren als souveräner Derbysieger vom Feld gegangen und hatten dabei einen direkten Konkurrenten um einen Playoff-Platz auf dessen Platz in die Schranken verwiesen.
Dabei war es ein Spiel mit zwei gegensätzlichen Hälften. Im ersten Durchgang legte der Sportclub los wie die sprichwörtliche Feuerwehr. Die Zuschauer im Rugby-Wohnzimmer bekamen drei Versuche in schneller Folge durch die Gäste zu sehen. Die beiden Außen Felix Lammers und Sebi Robl liefen im ersten Durchgang gleich drei Mal ins RGH-Malfeld ein.
Die Neuenheimer traten konzentriert, diszipliniert und im richtigen Moment mit viel Tempo auf. Vor der Pause wollte den Orange Hearts lediglich ein einziger Straftritt durch Spiess gelingen. Doch das Spielgeschehen verlagerte sich nach der Pause mehr und mehr in die SCN-Hälfte. Auch, weil sich die Gäste mehr Undiszipliniertheiten leisteten.
Gleich zwei gelbe Karten im Sturm kurz vor dem Pausenpfiff - einmal für Willians Portillo, der aus klarer Abseitsposition nach ins Spiel eingriffe, sowie den Bein stellenden Samy Füchsel - bedeuteten doppelte Überzahl für die RGH zu Beginn von Durchgang zwei.
Aber auch die RGH hatte ihre Probleme und so wurde Tim Biniak wegen eines zu hohen Tackles ebenso zum Abkühlen auf die Sünderbank geschickt und bei 14 gegen 13 Spielern konnte Luke Wakefield zum Bonuspunkt ablegen. Erst jetzt wachte die RGH auf und kam erst durch den Sturm zum 10-30 Anschlussversuch.
Wenig später keimte noch Mal Hoffnung beim orangenen Anhang auf, als sich die schweren RGH-Jungs erneut per Paket den Weg ins Neuenheimer Malfeld wuchten konnten. Doch der zwischenzeitliche Sturmlauf verpuffte. In der Schlussphase wurde Neuenheim wieder souveräner und machte mit zwei weiteren Straftritten von Nkosi alles klar.
So ging auch das zweite Heidelberger Derby des Wochenendes an den Verein von der Nordseite des Neckars. Für den SCN geht es mit dem Heimspiel gegen den RC Luxemburg weiter, was angesichts des starken Auftakts eine Pflichtaufgabe sein dürfte. Die RGH wiederum muss direkt im nächsten Derby gegen den TSV Handschuhsheim antreten.
RC Luxemburg 26-29 SG Pforzheim
Extrem wichtiger Auftaktsieg für die Rhinos im Großherzogtum direkt zum Auftakt. Dabei hatten sich die Gäste auf dem künstlichen Grün in Cessange früh überrumpeln lassen und rannten bereits nach wenigen Minuten einem 0:13 Rückstand hinterher, den sich der RCL über einen Versuch und zwei erfolgreiche Kicks erarbeitete.
Doch die Pforzheimer hatten mehr als genug Kampfgeist zum Auswärts-Auftakt mitgebracht. Das malaysische Duo der Pforzheimer, bestehend aus Mohamad Jamaluddin und Noor Hisham, konnte mit zwei Versuchen den Anschluss herstellen. Ex-Neckarsulm-Verbinder Alex Onyehasi, der neu bei Pforzheim ist, zeigte sich sicher vom Tee und besorgte die 17:16 Pausenführung.
Ähnlich eng ging es auch nach dem Pausentee weiter, dabei hatte Pforzheim im Sturm seine Vorteile, machte wichtige Meter und schuf Räume für die wieselflinke Dreiviertelreihe. Simbabwe-Sprinter Josh Gando, der mittlerweile für Deutschland spielberechtigt ist, besorgte in Durchgang zwei mit einem Doppelpack den so wichtigen Sieg.
Denn Luxemburg dürfte einer der beiden Rivalen um den Klassenerhalt sein und die Aufgaben werden aus Rhinos-Sicht nicht einfacher. Kommende Woche gastiert der SC Frankfurt 1880 am Pforzheimer Rattachweg und wird zweifelsohne fest die Punkte eingeplant haben.
Nord/Ost
RK 03 Berlin 37-3 SC Germania List
Überraschend deutlich gewann der Rugby Klub 03 Berlin das Auftaktspiel der neuen Bundesliga-Saison. Vor den Augen des regierenden Berliner Bürgermeisters Müller und rund 600 Zuschauern in der gut besuchten Berliner Buschallee zeigte sich das Heimteam über weite Teile des Spiels sehr dominant gegen eine junge Germanen-Truppe, die auf ihren Kapitän Stefan Mau verzichten musste.
Schon früh gab der RK den ersten Warnschuss ab, als Flanker Lukas Hinds-Johnson beim ablegen des Balles im Malfeld wohl die Kontrolle verlor. Statt des ersten Versuchs gab es nur ein Fünf-Meter-Gedränge für die Germanen. Die ersten Punkte besorgte dann RK-Kicker Andrew Oakden nachdem der RK-Sturm mehrmals mit viel Dampf wichtige Meter gemacht hatte.
Wenige Zählerumdrehungen später konnte der Berliner Deutsch-Waliser Hinds-Johnson dann aber doch den ersten Versuch besorgen. Nach geduldigem Spiel über mehrere Phasen brach der Flanker und Man of the Match auf der linken Außenseite durch und hatte trotz seiner 1,94 den Speed, um den Versuch zu legen.
Mit der Erhöhung durch Oakden stand es nun 10:0 nach rund 20 Minuten. Der RK hielt den Druck hoch und musste lediglich einen Straftritt der Germanen aus 40 Metern nach einem Ruck-Vergehen hinnehmen. Es sollten die einzigen Punkte für die Gäste bleiben, die es zu selten schafften über die Vorteilslinie zu kommen, um der RK-Defensive ernsthafte Schwierigkeiten zu bereiten.
Stattdessen legte Rafael Hackl kurz nach der Pause mit einem dynamischen Lauf nach, in Szene gesetzt vom quirligen Gedrängehalb Reinhardt Engelbrecht. Das 15:3 sollte auch der Pausenstand sein, nach einer Halbzeit, in der die strukturierte RK-Offensive die Gäste immer wieder unter Druck setzte.
Nach dem Pausenpfiff wurde das Spiel hektischer, was den Germanen zu Gute kam. Jedoch machte weiter nur der RK die Punkte, auch Dank der starken Bank. Zunächst jedoch eine Kuriosität: Germanias Prop Alexander Prieß war entgangen, dass er zur Halbzeit ausgewechselt wurde und spielte einfach munter weiter.
Den Offiziellen und dem Germania-Trainerteam fiel der Umstand fünf Minuten lang nicht auf, bis die RK-Trainerbank nachzählte und feststellte, dass man gegen 16 Mann spielte. Als es wieder mit 15 gegen 15 weiterging beendete der eingewechselte Außen Martin Tormann einen blitzsauberen 50-Meter-Angriff mit dem dritten RK-Versuch.
Direkt im Anschluss hätte es erneut im Malfeld der Germanen klingeln sollen. U-20-Nationalspieler Felix Buhrisch hätte sich an seinem 20. Geburtstag selbst belohnen können. Nach einem starken Lauf über die kurze Seite war Buhrisch bereits im Malfeld, wollte noch bis unter die Stangen laufen, wurde dann aber hochgehalten, als ihn zwei Germanen überraschten.
Doch auch der zweite weggeworfene Versuch sollte keine Konsequenzen haben, da der RK-Sturm mit dem starken Argentinier Pedro Scardapane den nächsten Versuch für Gelb-Schwarz erzielen konnte. Der großgewachsene Blondschopf powerte sich mit viel Kraft über die Linie und sicherte dem Heimteam somit den Bonuspunkt
Den Schlusspunkt setzte schließlich der eingewechselte Denis Frank, der in seinem ersten Spiel für Berlin direkt punkten konnte. Eine schnelle Verlagerung auf die rechte Seite, sowie zwei Offloads von Tormann und Ex-Wolfpack-Spieler Jerome Ruhnau führten zum Versuch für den Zweite-Reihe-Stürmer.
Kurz vor dem Ende schaffte es die Germania durch einen tollen Lauf von Felix Hufnagel fast noch zum ersten Versuch. Doch der Siebener der Germanen wurde kurz vor der Linie gestoppt und wenig später klaute der RK-Sturm das Leder in höchster Not. So blieb es am Ende beim hochverdienten 37:3 für die Berliner, die ihre Ambitionen damit deutlich unterstrichen.
Kapitän Christopher Sacksofsky sparte nach dem Abpfiff jedoch nicht mit Kritik an seinen Jungs. Natürlich sei man mit dem Ergebnis zufrieden, jedoch hätte man noch viele Bereiche, an denen gearbeitet werden müsse. „Das Potenzial, das in dieser Mannschaft steckt, ist riesig“, so der Erste-Reihe-Stürmer.
Berliner Rugby Club 52 - 5 RC Leipzig
Das wohl überraschendste Ergebnis des Samstags gab es in der Berliner Jungfernheide zu bewundern. Der RC Leipzig und der Berliner RC waren in den letzten Jahren meist im oberen Tabellendrittel zu finden und in der letzten regulären Bundesliga-Saison hatte Leipzig nach der Hinrunde auf Rang zwei gelegen.
Doch anstelle eines engen Duells zweier Anwärter bekamen die Zuschauer eine einseitige Angelegenheit zu sehen. Leipzig war in allen Belangen unterlegen und der BRC schaffte es besonders über den dominanten Sturm immer wieder über die Vorteilslinie. Bereits zur Pause war der Bonuspunkt beim Stand von 28:0 aus Sicht der Gastgeber eingetütet.
Die wenigen Chancen, die die Leipziger sich über Straftritte und Kombinationen erarbeiteten, verliefen im Sande. Einmal sorgte Viktor Meier mit einem Trysaver dafür, dass bei Leipzig die Null stand, einmal ließ sich der RCL-Sturm hochhalten.
Für den RCL sollte es noch dicker kommen. Früh in Durchgang zwei mussten die Leipziger in Unterzahl spielen und innerhalb weniger Minuten konnte der BRC seinen Punktestand auf 50:0 hochschrauben. Leipzig war mehr als deutlich geschlagen und konnte erst ganz am Ende den Ehrenversuch legen, der den späten Nachmittag im Berliner Westen auch nicht mehr rettete.
Hannover 78 50 - 0 Hamburger RC
Unter dem Strich stand ein ungefährdeter Sieg des Favoriten nach fast zweijähriger Corona-Pause am schnellen Graben in Hannover, da Hamburg die Härte der 78, aber selten das Tempo mitgehen konnte. Der Weg dorthin war aber zumindest teilweise noch etwas holprig, wie Trainer Benjamin Krause gegenüber TR einräumte.
„Wir sind wirklich sehr gut gestartet in das Spiel und haben 20 Minuten lang mega Druck gemacht, genau so wie wir das wollen. Da sind dann auch direkt mehrere Versuche gefallen. Danach haben sich aber vermehrt Fehler eingeschlichen. Hamburg kam dann mehrmals gefährlich vor unser Malfeld, jedoch haben wir das gut verteidigt.“
Die frischen Leute von der Bank hätten am Ende noch Mal für ein wenig mehr Schwung gesorgt und für ein souveränes Finish. Für die Hannoveraner ein Auftakt nach Maß, die den 78ern direkt am ersten Spieltag die Tabellenführung beschert. Hamburg dagegen wollte Punkte aus Hannover mitnehmen und musste sich mehr als deutlich geschlagen geben.
VfR 06 Döhren 22 - 29 Berlin Grizzlies
Die wohl größte Aufholjagd des Bundesliga-Wochenendes wurde am Ende nicht belohnt. Nach einem zwischenzeiltichen 24:3 für die Berliner Gäste konnten die nervösen Döhrener sich ein Herz fassen und mit Leidenschaft und Kampfgeist zurück in die Partie kommen. Doch zu mehr als zum 22:29 Anschluss sollte es aus Döhrener Sicht gegen abgeklärte Grizzlies nicht mehr reichen. Für den VfR, der in dieser Saison erstmals nicht mehr in der Spielgemeinschaft mit Odin antritt dennoch ein hoffnungsvolles Zeichen. Zum einen gab es für die Leistung den wichtigen Defensiv-Bonus und darüber hinaus zeigte man sich gegen einen direkten Konkurrenten durchaus in der Lage mithalten zu können.
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