Die Turbulenzen rund um den DRV wollen nicht enden, aber der Bericht der Ethik-Kommission könnte zur Versachlichung der Diskussion beitragen.
Kurz vor dem Deutschen Rugby-Tag am Wochenende hat die Ende Mai einberufene Ethik-Kommission um den ehemaligen BRV-Vorsitzenden und RBB-Journalisten Henric Lewkowitz nun ihren ausführlichen Zwischenbericht vorgelegt, der sich mit den Vorwürfen gegen das DRV-Spitzenpersonal um Manuel Wilhelm (Sportdirektor, Vorstand und Gründer von TR, jedoch seit 5 Jahren nicht mehr redaktionell involviert) beschäftigt.
24 Seiten umfasst der in den letzten sechs Wochen erstellte Zwischenbericht der von Henric Lewkowitz eingesetzten und geleiteten Ethik-Kommission. Der ehemalige Pressesprecher des Rundfunks Berlin Brandenburg und Langzeit-Vorsitzende des Berliner Rugby-Verbands (1995-2019) hatte sich einen Juristen und einen Wirtschaftsprüfer an seine Seite genommen, um den Vorwürfen auf den Grund zu gehen, die sich vor allem gegen Sportdirektor / Vorstand Manuel Wilhelm, sowie Alexander Widiker richteten.
Lewkowitz wird in Rugby-Deutschland keinem Lager zugerechnet und wurde aufgrund seiner jahrzehntelangen Tätigkeit beim Sender Freies Berlin, bzw. später beim RBB, dessen Pressesprecher er zuletzt war, als unabhängige Autorität wahrgenommen. Drei Fragen standen im Zentrum der Betrachtungen seiner Kommission:
- Aufklärung der Vorwürfe bezüglich der Verwendung von Sporthilfe-Geldern.
- Die Vorwürfe der Nötigung im Zusammenhang mit der Abgabe monatlichen Sporthilfe-Förderung.
- Der Vorwurf der Kreierung einer „Kultur der Angst“.
Alle drei Mitglieder der Ethik-Kommission - Lewkowitz selbst, sowie seine beiden Berater - erklärten sich im Vorfeld nicht mit der Thematik befasst zu haben und in der Sache unbefangen zu sein. Wochenlang wurden von ihnen Bank-Belege, Chat-Protokolle, sowie sonstiger Schriftverkehr angefordert und ausgewertet.
Darüber hinaus konnten die anonymen Hinweisgeber ihre Vorwürfe über den Geschäftsführer des Athleten Deutschland e.V.s weiterleiten, ohne dass ihre Anonymität dabei verloren ginge würde. Jedoch sind aufgrund der Kürze der Zeit noch nicht alle Hinweise ausgewertet, was einer der Gründe für den vorläufigen Status des Berichts ist.
„Kein Nachweis einer missbräuchlichen Verwendung von Sporthilfe-Geldern"
Aber nach Auswertung der Bankbelege und unzähligen Chat-Protokolle unterstreicht der Bericht direkt zu Anfang, dass „keine Nachweise einer missbräuchlichen Verwendung von Sporthilfe-Geldern erbracht“ worden sei. Auch könne nicht von einer persönlichen Bereicherung, weder von Olympiastützpunkt-Chef Alexander Snakko Widiker, noch von Manuel Wilhelm gesprochen werden - im Gegenteil: Rekordnationalspieler Widiker hatte zur Anmietung einer Athletenwohnung noch 4.852 € aus eigener Tasche oben draufgezahlt.
Der Status von Rafael Pyrasch, dem Kronzeugen der Berichte des Spiegel / SWR als Sportsoldat, der jedoch als Trainer und nicht als Spieler tätig war, habe auf einer gegenseitigen Vereinbarung beruht und sei „transparent mit allen Beteiligsten kommuniziert“ worden - also auch mit Pyrasch selbst, der seit über fünf Jahren nicht mehr für die Siebener-Nationalmannschaft aufgelaufen war.
Speziell der von Ex-Nationalspieler Pyrasch erhobene Vorwurf der Nötigung gegenüber Widiker / Wilhelm wog schwer - hier traut sich die Kommission in ihrem Zwischenbericht noch kein endgültiges Urteil zu, betont aber zugleich, dass sie bisher „keine Hinweise“ darauf feststellen konnte. Außerdem hätte eine Beendigung der Anstellung durch die Bundeswehr nicht allein durch den DRV veranlasst werden können.
Mobbing ja, doch nachweislich von Ex-CEO Lees, wie von Rafael Pyrasch bestätigt
Das Thema der vielzitierten „Kultur der Angst“ wurde von der Ethik-Kommission ebenso behandelt. In den bisher ausgewerteten Chat-Protokollen ließen sich keine Belege für „Druck, Zwang oder Mobbing“ durch das aktuelle Spitzenpersonal finden. Hingegen liegt ein Brief aus dem Jahr 2019 von verschiedenen Trainern aus dem Umfeld der Nationalteams vor, unterschrieben unter anderem von Rafael Pyrasch als damaliger Frauen-Nationaltrainer, welcher Ex-CEO Kieran Lees „Mobbing, Vertrauensmissbrauch, Verleumdung, üble Nachrede und Psychoterror“ vorwarf.
Eben jener Kieran Lees, der neben Pyrasch vom Spiegel als Kronzeuge für die Vorwürfe gegen die DRV-Führung herangezogen wurde. Von Pyraschs Vorwürfen gegenüber Lees aus dem Juli 2019 war in den Berichten des Spiegel / SWR freilich nichts zu lesen.
Bezahlung Manuel Wilhelms den Vorgaben entsprechend
Auch stellt der Bericht klar, dass die Vergütung von Manuel Wilhelm als Sportdirektor den Vorgaben des Bundesministerium des Inneren entspricht und bis auf den letzten Cent von ihm übernommen wird. „Die Aufwendungen {für das Gehalt} sind zweckgebunden, eine Reduzierung der Aufwendungen müsste an des BMI zurückgezahlt werden“, so der Bericht.
Denn in beiden Berichten des Spiegel / SWR war zumindest suggeriert worden, dass die Gehaltszahlungen an den Sportdirektor anderswo besser eingesetzt wären - was zumindest grob verkürzend ist, aber eher manipulativ, da die Bezahlung gewissen Vorgaben entsprechen muss und den DRV-Haushalt in keinster Weise belastet.
Die Doppel-Besetzung der Position Vorstand / Sportdirektor war im Zuge der Diskussionen immer wieder kritisiert worden. Manuel Wilhelm musste sich öffentlich als „Spinne im Netz“ beim DRV bezeichnen lassen. Der Bericht der Kommission stellt klar, dass eine solche Konstellation vom DOSB ausdrücklich gewünscht sei und in der Bewertung für künftige Fördergelder (POTAS) positiv bewertet würde.
Gleichwohl spricht die Kommission Empfehlungen aus: Künftig sollen Dritte bei Gesprächen über Themen wie die Karrierezukunft der Athleten hinzugezogen werden, die die Athleten selbst wählen können. Darüber hinaus sei die Verwendung von Privatkonten für DRV-Angelegenheiten dringend zu vermeiden.
Insgesamt geht der Bericht in aller Ausführlichkeit auf die Vorgänge ein und bewertet sie, insofern möglich. Insgesamt bleibt zu hoffen, dass diese unabhängige Untersuchung der Versachlichung der Diskussion dient, die zuletzt immer mehr aus dem Ruder gelaufen war.
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