Physisch eine Wucht - Ben Ellermann vom DRV-Wolfpack gegen Russland. Foto (c) Perlich
Sowohl die DRV-Damen, als auch die Herren vom Wolfpack konnten in Lissabon an Tag zwei des ersten EM-Turniers überzeugen. Die Damen sammelten gegen die direkte Konkurrenz wichtige Zähler für den Klassenerhalt und die Herren haben die EM-Titelverteidigung trotz einer denkbar knappen Finalpleite gegen die Spanier weiter selbst in der Hand.
Wolfpack scheitert nur knapp im Endspiel an Spanien
Den spannendsten Krimi des Sonntag-Abends gab es nicht etwa in der ARD, sondern in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon - die Entscheidung brachte am Ende das Gebälk, an das der Erhöhungsversuch von Phil Szczesny landete. Das DRV-Wolfpack war im Endspiel des ersten von zwei EM-Turnieren gegen Spanien angetreten - die Mission Titelverteidigung war bis dahin komplett nach Plan verlaufen.
Souveräne Siege über Litauen (26:5) Georgien (29:0) und Portugal (10:5) hatten den Weg in Turniertag zwei bereitet. War die Partie am Sonntag-Mittag gegen Polen noch von leichten Anlaufschwierigkeiten geprägt, konnte das DRV-Team seine Stellung im EM-Wettbewerb bereits in der Vorschlussrunde gegen Russland untermauern - das 7:5 Ergebnis gegen das Team voller Spieler mit World-Series-Erfahrung spiegelt die deutsche Dominanz nur im Ansatz wider.
Im Endspiel wartete mit Spanien der erwartet schwere Gegner - schon im Turniervorfeld waren die Iberer als engster Konkurrent identifiziert worden. Das World-Series-Team hatte keine Kosten und Mühen gescheut und die Pandemie zum intensiven Testen und Trainieren genutzt. Schon vor wenigen Wochen, als beide Teams in Spanien zu Trainingsspielen aufeinandergetroffen waren, hatte das DRV-Trainerteam den Iberern mehr Matchhärte attestiert.
Tatsächlich hatte Spanien den weitaus besseren Auftakt und dominierte die Anfangsphase - kam in den ersten fünf Minuten gegen leidenschaftlich verteidigende DRV-Spieler nur auf einen Versuch. Wie so oft an diesem Wochenende war es ein einstudierter Set Move, in dem Fabian Heimpel seinen RGH-Kollegen Tim Lichtenberg auf die Reise zum Versuch schickte.
Neben den einstudierten Spielzügen fiel vor allem auf, dass das DRV-Team sich schlau an den Kontaktpunkten verhielt. Relativ wenig Bälle wurden attackiert, meist fächerte man in der Defensive breit aus und deckte das Feld ab - aber wenn John Dawe, Sam Rainger oder Tim Lichtenberg Mal im Offenen nach dem Leder fischten, dann meist mit Erfolg.
Ein weiterer Lichtblick war Debütant Jack Hunt - der junge Mann mit deutsch-irischen Vorfahren zeigte auf Außen puren Speed und Spielfreude. Manchmal suchte er noch zu sehr das Offload und ließ sich in der Defensive vom vorletzten Angreifer hereinziehen - doch an beiden Themen werden die Coaches mit ihm arbeiten und dann verbleibt irgendwann nur noch die Rugby-Intelligenz und die Durchsetzungskraft.
Im Endspiel kam Spanien über eine Serie von Offloads noch vor der Pause zum 14:7 aus iberischer Sicht. Doch im zweiten Durchgang dominierte plötzlich das DRV-Team - erst war es Hunt, der für den 12:14 Anschluss sorgte, bevor Spanien wieder auf 19:12 davonzog. Eine Zentimeter-Entscheidung und eine 50:50-Entscheidung des Unparteiischen verwehrten dem deutschen Team aber noch die Chance auf den Finalsieg.
Defensive wie Offensive konnten sich beim DRV-Wolfpack sehen lassen
Nach einer längeren Druckphase, harten Metern vom physisch beeindruckenden Ben Ellermann und dem wohl schönsten Spielzug des Tages hatte sich das DRV-Wolfpack bis in die 22 vorgearbeitet. Dort konnte schließlich Sam Rainger den Spielzug zum 17:19 Anschluss verwerten - dann folgte die Erhöhung aus halblinker Position. Phil Szczesny trat an, traf aber mit etwas Pech nur die Stange.
Den Wiederankick sicherten sich nach etwas Chaos die Spanier. Eigentlich hätte das DRV-Team noch eine letzte Chance auf den Sieg gehabt, wäre das nicht die Entscheidung des walisischen Unparteiischen gewesen. John Dawe hatte einem Spanier das Spielgerät entwendet, während dieser zu Boden ging - doch der Unparteiische wertete dies als illegal, da der Iberer schon am Boden gewesen sei.
So konnten die Spanier ein letztes Mal zur Gasse kicken und nach gewonnenem Ball nur das Leder ins Aus befördern. Sieg für die Leones und damit ein leichter Vorteil in der EM-Wertung. Für das DRV-Team war das Turnier dennoch ein gelungener Auftakt - nicht zuletzt all der Widrigkeiten abseits des Platzes.
In drei Wochen in Moskau hat das deutsche Team die Titelverteidigung selbst in der Hand. Vor den Spaniern landen und die vier Zähler Rückstand in der Punktedifferenz wettmachen. Sollte es wieder zu einem deutsch-spanischen Endspiel kommen, würde also ein Versuch mit einem Versuch mehr reichen. Mit drei Wochen mehr Training und der gestrigen Leistung ist es diesem DRV-Team auch gegen das World-Series-Team Spanien zuzutrauen.
Deutschlands Siebener-Frauen sammeln wichtige Punkte gegen den Abstieg
„Die Mädels haben gezeigt, dass sie es können“, so das positive Fazit von Nationaltrainer Max Pietrek. Wie bereits 2018 starteten die deutschen Siebener-Frauen als Aufsteiger in das EM-Turnier der Championship-Serie (einst Grand-Prix-Series). Doch bereits am gestrigen Sonntag konnte das Team mehr Siege holen, als beim letzten Intermezzo unter Europas Siebener-Elite über die gesamte Serie hinweg.
Zwei wichtige Erfolge an Tag 2: Die Damen des DRV können zufrieden mit ihrer Leistung in Lissabon sein
War die Konkurrenz an Turniertag eins noch gefühlt außer Reichweite, konnten sich die DRV-Mädels am zweien Turniertag deutliche steigern, was ihnen auch Coach Pietrek attestierte. Schon gegen das World-Series-Team aus Spanien sah das DRV-Team deutlich besser als, als am Samstag Morgen gegen die Rumäninnen.
Der Sieg gegen Wales (12:10) wirkte dann wie ein Befreiungsschlag. Die knappe Partie trotz zweier später Gegenversuche dank einer Erhöhung mehr zu gewinnen, gab dem Team um Steffi Gruber viel Rückenwind. Rumänien konnte dann im zweiten direkten Vergleich des Turniers trotz eines frühen 0:5 Rückstands vom Platz gespielt werden. Dabei zeigten die DRV-Mädels nicht unbedingt Champagner-Rugby, sondern vielmehr eisernen Willen und Determination.
Immer wieder wählte sie den direkten Weg in den Kontakt und machten dabei noch wertvolle Meter. Zwei Versuche von Lea Predikant, Steffi Gruber, Katharina Epp und Sarah Goßmann schraubten das Ergebnis auf 25:5 hoch. Mit diesem guten Gefühl in die dreiwöchige Vorbereitung auf Moskau zu gehen, dürfte Gold wert sein. Die Russinnen an der Spitze sind aktuell sicherlich noch zu stark - aber im deutschen Team weiß man, dass man stark genug ist, um die nötigen Punkte gegen den Abstieg zu sammeln.
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