Matthias Entenmann (rechts im Bild) wandte sich in einem Brief an die Rugby-Vereine der Republik.
Ein Brief des DRV-Vizepräsidenten Entenmann offenbart: Hinter den Kulissen herrscht wieder Mal Unruhe in Rugby-Deutschland. Das Streitthema ist die im Juli letzten Jahres beschlossene Sonderumlage zur Finanzierung des Verbands. Die vor neun Monaten beschlossene Zahlung wird von einigen Vereinen vor dem Schiedsgericht angefochten - Ausgang aktuell unklar.
Eigentlich schienen die Wogen geglättet und der DRV in ruhigerem Fahrwasser: Im Juli letzten Jahres war auf dem ADRT in Heusenstamm ein Kompromiss zur künftigen Finanzierung des Deutschen Rugby-Verbands, der zuvor in erheblichen Finanzschwierigkeiten war, gefunden worden.
Der sogenannte Augsburger Kompromiss, damals vom dort ansässigen Verein auf der Sitzung in Heusenstamm eingebracht, lautete: Die vom DRV angestrebte Erhöhung der Mitgliedsbeiträge wird durch eine Sonderumlage ersetzt, um den Verband durch finanziell schwierige Gewässer zu bringen - die langfristige Finanzierung und die Ermittlung der Mitgliedsbeiträge könne man nach der Corona-Krise regeln.
Damit war das größte Unheil abgewendet und so konnte auch das Flagschiff des Verbands, die schwarzen Adler, wieder mit einer besseren finanziellen Ausstattung rechnen. Die Teilnahme der Frauen- und Nachwuchs-Teams an EM-Wettbewerben war gesichert, Get into Rugby feierte ein Comeback, sowie die Stelle einer Jugendreferentin. Doch so breit die Mehrheit auch gewesen sein mag, herrschte doch nicht überall Zufriedenheit mit diesem gefundenen Kompromiss.
Brief des DRV-Vizes zeigt die dramatische Lage
Das zeigt ein Brief, den DRV-Vize und Finanzexperte Mathias Entenmann Anfang der Woche an die Vereine verschickte. Darin lässt der ehemalige Nationalspieler, Unternehmensberater und Oktoberfest-7s-Initiator durchblicken, was die Verbandsführung gerade am meisten beschäftigt. Eine am 25.02. eingereichte Feststellungsklage einiger Vereine hat das Ziel, die getroffenen Beschlüsse rückgängig zu machen.
Wer diese Vereine sind, erwähnt Entenmann freilich nicht. Laut TR-Informationen handelt es sich bei dem knappen halben Dutzend Klubs aber durchaus um etablierte Vereine, zum Teil auch mit vermeintlich guter Finanzausstattung aus den deutschen Hochburgen. Denn in erster Linie geht es natürlich ums liebe Geld - während über 90% der Klubs die Sonderumlage bereits klaglos entrichtet haben, sind es noch lange nicht alle.
Sollte die Feststellungsklage, die Unregelmäßigkeiten beim Vorgehen auf dem ADRT als Begründung anführt, Erfolg haben, drohen laut Entenmann eine Reihe von Konsequenzen. Unter anderem bestünde erneut eine „Existenzgefährdung“ für den Verband insgesamt - denn dann wäre der DRV verpflichtet, die Mittel zurückzuzahlen. Allein deswegen sei nun wieder Kostendisziplin nötig.
Rugby-Deutschland ist erneut gespalten, die Fronten sind aber unklar
Beim damaligen ADRT-Gastgeber in Heusenstamm sieht man die Lage eindeutig: „Ohne Mucken und Murren haben wir die Sonderumlage gezahlt. Es geht um die Existenz des Dachverbandes“, so RKH-Vorstand Erik Schulze gegenüber TR. Der 2. Vorsitzende der Füchse betont weiterhin, dass man selbst dann zahlen solle, wenn das Schiedsgericht den Beschluss des ADRT kassiert - „Miteinander und füreinander, wie im Rugby üblich“, so die Sicht beim RK Heusenstamm.
Etwas ambivalenter sieht dies der Vorsitzende des FC St. Pauli, Nils Zurawski. Er betont in seiner Funktion als Pauli-Chef selbstverständlich gezahlt zu haben, allerdings auch Verständnis für die Klagenden zu hegen. Natürlich müsse man als Verein die eigenen Interessen vertreten, da seien manche nun Mal störrisch. Vom DRV wünscht sich Zurawski, der auch Vorsitzende des Hamburger Rugby-Verbands ist, mehr Konzepte und Visionen.
Nur so könne man langfristig aus dem Dauerkrisenmodus herauskommen. Außerdem sei das Verfahren auf dem ADRT im letzten Sommer durchaus chaotisch gewesen - gegen die Beschlüsse zu klagen sei das gute Recht der Beschwerdeführer.
Davon, wie diese Streitigkeit ausgeht, hängt relativ viel - unter anderem das sportliche Programm der DRV-Auswahlteams. Ob der Verband erneut in finanzielle Turbulenzen gerät, klärt sich in den nächsten Wochen.
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