Das Berliner Derby ist ein Zugpferd in der Rugby-Bundesliga. Foto (c) Grzanna
Bereits zum geplanten (und später Corona-bedingt abgesagten) DRT in Mönchengladbach, der eigentlich Anfang November in der Niederrhein-Stadt hätte stattfinden sollen, lag ein Konzept von elf Bundesligisten zur Neuorganisation des Rugby-Oberhauses vor. Nun hat Nils Zurawski, Vorsitzender des FC St. Pauli und des Hamburger Landesverbands, mit einem eigenen Positionspapier nachgelegt. Beide wollen neue Strukturen für die Organisation des Bundesliga-Spielbetriebs schaffen, Zurawski fordert darüber hinaus vor allem mehr Professionalität und eine bessere Außendarstellung.
Der Vorschlag aus dem Herbst, vorgebracht vom Berliner Rugby Club und unterzeichnet von elf Vereinen*, sah vor den Rugby-Bundesligaausschuss auszugliedern und als eingetragenen Verein zum außerordentlichen Mitglied des DRV zu machen - explizit ohne dabei den Verband finanziell schlechter zu stellen. Als Grund dafür erläuterten die Antragsteller in ihrer Begründung, dass der DRV zu viele Ziele zugleich verfolge und die Klubs ihre Geschicke doch lieber selbst in die Hand nehmen sollten.
Laut diesem Konzept hätte ein Rugby Bundesliga e.V. die Rechte an der Liga pachtweise vom DRV übernommen. Dieser e.V. könnte dann den Spielbetrieb und die Vermarktung der ersten und zweiten Bundesliga selbst übernehmen. Für die Sportgerichtsbarkeit und das Schiedsrichterwesen wäre weiterhin der DRV zuständig gewesen. Die genauen Zuständigkeiten und weitere Details hätten in einem Kooperationsvertrag geregelt werden sollen.
RBA-Chef Christopher Molzahn sieht mehr Unabhängigkeit der Liga als einen wichtigen Schritt für eine erfolgreichere Zukunft, so dieser gegenüber TR. Zurawski Konzept, das in den letzten Wochen an verschiedene Vereins- und Verbandsverantwortliche ging, will die erste und zweite Bundesliga ebenso unabhängig organisieren. Sein übergeordnetes Ziel ist es, die Anzahl von aktiven Rugbyspielern und vor allem die Zahlen im Nachwuchs hierzulande zu erhöhen. Nur so könne auch die Nationalmannschaft höhere Weihen anstreben.
Zurawski will die Anforderungen für die Bundesliga erhöhen
In mehreren Schritten will Zurawski die Anforderungen für die Teilnahme an der Bundesliga verschärfen und gleichzeitig die Liga eingleisig gestalten, bis 2030 auf zehn Teams reduzieren und mit einer einheitlichen Außendarstellung vermarkten. In der letzten von drei Stufen erfordern die angedachten Lizenzbedingungen ein eigenständiges Jugendteam im U-16-Bereich sowie eines im U-18-Bereich. Darüber hinaus einen hauptamtlichen Trainer, einen hauptamtlichen Vereinsmanager/Vorstand/Geschäftsführer, sowie einen hauptamtlichen Jugendkoordinator.
Lizenzierungsbedingungen im Konzept von Nils Zurawski für alle 10 Bundesligisten / letzte Stufe ab 2030
- eigenes U18- und U16-Team - 1 x hauptamtlicher Vereinsmanager, 1 x hauptamtlicher Trainer, 1 x hauptamtlicher Jugendkoordinator - Solide Finanzen, Offenlegung der Finanzierung der Bundesliga-Mannschaft - Begrenzung Rugby-Ausländer - Bezahlte Spieler nur als offiziell bezahlte Sportler nach den Richtlinien des DOSB - Siebener-Team bei der DM Pflicht
Einer der wenigen Vereine, die all diese Voraussetzungen bereits heute schon erfüllt, ist der RK 03 Berlin. Entsprechend positiv sieht dessen Vorsitzender Ingo Goessgen den Vorschlag. Auch mit der eingleisigen Liga könnte sich der Berliner Klub trotz der geographischen Randlage seines Teams anfreunden, so Goessgen gegenüber TR. Allerdings würde er sich dafür eine Umlage der Fahrtkosten auf alle Klubs wünschen, denn mehrere Auswärtstrips im Saisonverlauf in den Südwesten der Republik würden nicht nur viel Zeit, sondern auch Geld verschlingen.
Lobend erwähnt Goessgen auch das Konzept der ehemaligen DRJ-Vorsitzenden Romana Thielicke, die mehr Anstrengungen der Bundesligisten im Jugendbereich gefordert hatte. Einer der wohl kontroversesten Aspekte von Zurawski-Konzept dürfte die Begrenzung von ausländischen Spielern pro Team sein. Dabei bezieht sich der Pauli-Vorsitzende lediglich auf diejenigen Spieler, die nur aufgrund ihrer Engagements bei Bundesliga-Klubs ins Land kämen.
Das könnte durchaus zu ein wenig Gegenwind von finanzstärkeren Klubs führen, die in den Kader investieren und wäre auch insgesamt schwer nachzuverfolgen - wer will schon kontrollieren, ob ein Spieler mit Arbeitsvertrag beim Vereinssponsor de facto wegen diesem Job, oder nur zum Rugby spielen im Land ist?
Eine erhöhte Lizenzgebühr von bis zu 5.000 € pro Bundesligist bei Nichterfüllung der Jugendkriterien soll darüber hinaus zur Finanzierung von Livestreams aller Spiele sowie hauptamtlichen Mitarbeitern des Liga-Verbands genutzt werden. Eine verpflichtende Teilnahme an der Siebener-DM, sowie einer Siebener-Liga sollen den Spielbetrieb in der olympischen Variante aufwerten.
Zurawskis Ansatz soll auf dem Aufbau professioneller Strukturen fußen, in erster Linie nicht auf dem Rasen. Nur mit einer breiteren Basis könne der Sport auch in der Spitze gedeihen. So sieht es auch RK-03-Präsident Goessgen, der das RK-Konzept mit einer Pyramide vergleicht. „Nur wenn wir 100 Kinder in der U10 haben, bekommen wir regelmäßig Spieler in den Herren-Bereich“ - gleichzeitig vermutet Goessgen, dass die hohen Anforderungen von Zurawskis Konzept nicht nur auf Gegenliebe stoßen werden. Die Diskussionen über die Rugby-Bundesliga dürften in den spielfreien Wochen noch sehr interessant werden - so viel steht fest.
*Nach dem Erscheinen dieses Artikels wurden wir von RBA-Chef Molzahn kontaktiert - dieser hat uns mitgeteilt, dass der Antrag des BRC auf Initiative des RBA gemacht worden sei und auch von Sankt Pauli unterstützt werde.
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