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Schiris unter verbalem Dauerbeschuss: „Es muss einfach aufhören!“
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Freitag, 15. Januar 2021

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Der Vizeweltmeister und der Ex-Kollege in Schiri-Farben - von Respekt keine Spur.

Rugby gibt sich gerne als der bessere Sport, vor allem Respekt hat sich der ovale Ballsport wie kein anderer auf die Fahnen geschrieben. In der gelebten Praxis sieht das manchmal anders aus - am vergangenen Wochenende sorgten gleich drei Vorfälle für Aufsehen, bei dem das Verhalten der Profis gegen den Unparteiischen schlicht inakzeptabel war. Einem Vizeweltmeister und einem Lions-Star kostet das nun den Six-Nations-Auftakt. Auch in Deutschland sehen sich Schiedsrichter immer häufigerer Widerworte ausgesetzt.

Wenn England am 6. Februar Schottland zum Calcutta-Cup-Duell im Twickenham Stadium empfängt, wird Kyle Sinckler nicht dabei sein. Der 35-fache englische Nationalspieler wird nicht etwa aus Leistungs- oder Verletzungsgründen beim ersten Spiel der Six Nations fehlen. Der Prop des Vizeweltmeisters kann sein Fehlen auf sein loses Mundwerk zurückführen.

Was war passiert? Beim Spiel seiner Bristol Bears am letzten Wochenende war Sinckler mit einer Entscheidung am Kontaktpunkt des Schiedsrichters Karl Dickson unzufrieden. Exeter-Hakler Luke Cowan Dickie hatte ihn besonders tief getacklet, nach Sincklers Ansicht ohne den regelgerechten Einsatz seiner Arme. Diesem Unmut verlieh Sinckler lautstark Gehör, indem er Schiedsrichter Dickson mit „ist das dein verdammter Ernst“ (are you fu**ing serious?) anschrie.

Bei der nächsten Unterbrechung wollte Schiri Dickson, der bis 2017 noch gemeinsam mit Sinckler bei den Harlequins als Neuner gespielt hatte, den Prop zur Seite nehmen. Dieser hatte sich noch immer nicht beruhigt, redete weiter und wollte sich direkt wegdrehen, um der Ansprache durch den Referee zu entgehen. Hätte sein Kapitän Stephen Luatua ihn nicht zur Seite genommen, wäre er wohl davon marschiert. Dabei ermahnte ihn der Unparteiische zunächst nur, andere Schiedsrichter hätten ihn wohl mit einem Platzverweis bedacht.

Sincklers inakzeptables Verhalten hat ihm nun eine Sperre über zwei Spiele eingebrockt, die ihm den Six-Nations-Auftakt kosten wird, sofern dieser wie geplant morgen in drei Wochen stattfindet. Dabei ist Sincklers Ausraster gar nicht Mal der einzige Ausraster, der einem Star teuer zu stehen kam. Wales- und Lions-Außen Liam Williams, mit 29 Jahren und 65 Spielen noch Mal erfahrener, leistete sich am letzten Wochenende ebenso einen Aussetzer.

Wales- und British and Irish Lions Star Liam Williams fragt nach einer verdienten Roten „sollen wir zukünftig nicht besser Touch-Rugby spielen?“

Erst ging er beim Spiel seiner Scarlets gegen die Blues völlig übermotiviert in ein bereits sicheres Ruck und verpasste dem gegnerischen Flanker Shane Lewis-Hughes damit quasi eine Kopfnuss. Die folgerichtige Rote kommentierte er süffisant mit „sollen wir zukünftig nicht besser Touch-Rugby spielen?“ Ebenfalls eine reichlich respektlose Äußerung, die ihm gemeinsam mit dem illegalen Cleanout drei Spiele Sperre einbrockte.

Zusammen mit der roten Karte gegen Ex-Fidschi-Nationalspieler Josaia Raisuqe, der ebenso am letzten Wochenende in Frankreichs zweiter Liga den Unparteiischen im Stile von König der Löwen als Jubelgeste in die Höhe stemmte (TR berichtete), sehen viele Kommentatoren und ehemalige Profis einen Trend. Ex-England-Verbinder Andy Goode, der zusammen mit Jim Hamilton den meistgehörten britischen Rugby-Podcast macht, zeigte sich entsetzt: „Wir beschweren uns über Fußballer, wenn sie so mit Schiris umgehen und dann das - das hat nichts mit Rugby zu tun und muss aufhören!“

Widerworte kommen häufiger, auch auf deutschen Rugby-Plätzen

Mehr oder minder freundliche Hinweise à la „holding on sir“ oder „they’re offside“ haben sich über die Jahre im Profi-Rugby eingeschlichen, jeweils deutlich vernehmbar über die Außenmikrofone. Auch auf deutschen Rugby-Plätzen werden derartige Kommentare immer häufiger, wie uns mehrere Schiedsrichter bestätigt haben. Krasse verbale Ausfälle dagegen seien eine absolute Seltenheit, so ein erfahrener Zweitligaschiedsrichter im Gespräch mit TR.

Die Befürchtung, dass derartiges Verhalten künftig zunehmen könnte, grassiert aber auch unter deutschen Schiedsrichtern. Denn generell werden die Unparteiischen immer zu Sündenböcken. Schon vor einem Monat sah man sich beim Europapokalveranstalter EPCR gezwungen, Schiedsrichter Andrew Brace vom Spiel Toulouse gegen Montpélier abzuziehen.

Der Grund: Der Ire Brace hatte zwei Wochen zuvor beim Finale des Autumn Nations Cup zwischen England und Frankreich eine durchwachsene Leistung mit mehreren Entscheidungen zu Lasten der Franzosen abgeliefert. Frankreich verlor trotz überlegener Leistung in der Nachspielzeit den neu geschaffenen Wettbewerb - viele Frankreich-Fans identifizierten Brace als Sündenbock.

Jedoch war es nicht etwa die unterdurchschnittliche Leistung des Unparteiischen, es waren die tausendfach geäußerten Online-Kommentare, zum Teil unter der Gürtellinie, die die Organisatoren zu dieser Entscheidung bewegten. Brace wird am 6. Februar aber im Twickenham Stadium sein, anders als Kyle Sinckler und zwar als Hauptschiedsrichter bei der Partie England-Schottland.

 

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