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Wolfpack-Coach McGrath und „the gambler’s game“
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Mittwoch, 13. Januar 2021

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Damian McGrath führte die DRV VII zu einem erfolgreichen Start - seitdem hindert die Pandemie den Engländer aber an der Arbeit. Foto (c) Booth

Wolfpack-Coach Damian McGrath steht vor einer schwieirigen Aufgabe. Er muss das DRV-Siebener-Team auf eine ungewisse Zukunft nach der Pandemie vorbereiten, mit sehr vielen unbekannten Größen. Dabei hat das deutsche Team den Luxus dank staatlicher Olympia-Förderung auch in den kommenden Monaten trainieren zu dürfen. Eine Rückkehr zu regulären Wettbewerben könnte noch diesen Sommer mit der EM beginnen, die noch vor Olympia stattfinden soll. Die Spiele im Jahr 2024 bleiben aber die Zielmarke, an der sich alle Planung ausrichtet. Wie das Team bis dahin aussieht, entscheidet sich in den kommenden Monaten.

Prognosen seien derzeit „a gambler’s game“, also gelinde gesagt eine Lotterie - so sieht es Wolfpack-Cheftrainer Damian McGrath, mit dem wir uns bei TR am gestrigen Dienstag ausführlich unterhalten haben. Der ehemalige Siebener-Coach Samoas und Kanadas befindet sich derzeit noch in seiner nordenglischen Heimat, muss aber bereits bald den aktuell alles andere als einfachen Rückweg nach Heidelberg antreten, um pünktlich zum Trainingsstart Ende des Monats wieder am Olympiastützpunkt in der Neckarstadt zu sein.

Dank der neuartigen Coronavariante erwarten McGrath auf dem einst einfachen Weg zwischen Leeds und Heidelberg aber mehrere COVID-Tests und eine weitere Zwangs-Quarantäne, mit der er mittlerweile Erfahrung hat. Das hindert McGrath aber nicht daran, sich in seiner vom Virus aktuell nicht dermaßen gravierend betroffenen Heimatstadt Leeds im Norden Englands seine Gedanken zu machen. Über eine weiterhin ungewisse nähere Zukunft und mit Blick auf das große übergeordnete Ziel: Die Olympia-Quali für 2024 in Paris. Darauf sei schlussendlich alle Planung ausgerichtet.

16 Monate Wettkampfpause, danach hoffentlich der Start im Sommer

Der letzte richtige Wettkampf in Südamerika liegt für das Siebener-Team des DRV bereits fast ein ganzes Jahr zurück. Vor dem Sommer dieses Jahres dürfte sich daran nichts ändern, wie McGrath erläutert. Mit Vorbehalt hoffe man aber darauf, dass die Europameisterschaft noch vor Olympia durchgeführt werde. Für das DRV-Wolfpack wäre das endlich eine Wettkampf-Perspektive und die Chance den im Jahr 2019 errungenen Titel zu verteidigen.

Währenddessen zeichnet sich aber immer mehr ab, dass bei den Hong Kong Sevens in diesem Jahr, die auf den November verschoben wurden, kein Aufsteiger ausgespielt werde, da mit Japan ein Aufsteiger in der nächsten World-Series-Spielzeit dazu kommt und Wales gleichzeitig der Abstieg erspart bleibt. So auch die Spekulationen, die Damian McGrath über seine vielen Kontakte auf der Series zu hören bekommt. Ob das für die Olympischen Spiele zuletzt formierte Team GB nun bleibt, oder nicht, sei derweil noch nicht abzusehen, wobei laut dem Ex-England-Coach McGrath durchaus Interesse daran bestünde (TR berichtete).

Doch sollten sich die drei britischen Verbände dazu entscheiden, auch auf der World Series ein einziges Team Großbritannien zu stellen, würde dies unter Umständen nicht unbedingt zum Vorteil des Wolfpacks geschehen. Dann, so McGraths Vermutung, könnte World Rugby dies zum Anlass nehmen, die Series von 16 auf zwölf Teams zu reduzieren. Dabei stünden die Kosten zur Ausrichtung bei einer solchen Überlegung gar nicht Mal im Vordergrund, sondern der unbedingte Wille, die Turniere der Herren und Frauen miteinander zu integrieren.

Würde es laut Coach McGrath in jedes World-Series-Team schaffen: Wolfpack-Ass Tim Lichtenberg

Bereits in der abgebrochenen Saison 2019/2020 hatte man damit begonnen, was zu viel Unmut führte, bei Teams und TV-Verantwortlichen. Dadurch, dass 28 Teams statt 16 oder zwölf sich ein Stadion und einen Platz teilen, kam es zu logistischem Chaos hinter den Kulissen, einem stark ausgedehnten Zeitplan und damit deutlich längeren Pausen für die Teams zwischen ihren Spielen. Würde die Series der Herren auf zwölf Teams reduziert, dem Olympia-Vorbild folgend, ließen sich integrierte Herren- und Frauen-Turniere besser stemmen.

Jedoch hieße das auch, dass zwei weitere Teams der Herren aus der Series fallen würden, da die dauerhafte Schaffung eines Team GB netto nur zwei Teams aus dem Wettbewerb nehmen würde. Ob World Rugby wirklich einen solchen Schritt wagen würde und beispielsweise Kenia, Kanada, oder Spanien aus dem Wettbewerb fliegen lassen würde, ist fraglich. Angesichts der zuletzt immer wettbewerbsfähigeren Spanier, dem Erfolg der Vancouver Sevens und den Kenianern, die in Singapur bereits ein Turnier gewinnen könnten, würde der Series ein Teil ihres Reizes genommen.

DRV-Team muss weiter auf Sicht fahren

So oder so - bis deutsche Team eine Chance auf den World-Series-Aufstieg bekäme, werden wir längst im Jahr 2022 sein. Der bisher noch nicht bestätigte Quali-Modus dürfte nach der Erfahrung der letzten Jahre im Frühjahr ablaufen, so dass der eventuelle Aufsteiger bis zum traditionellen World-Series-Beginn in Dubai und Kapstadt gegen Ende des Jahres ein halbes Jahr Vorbereitungszeit hat.

Wie das deutsche Team bis dahin aussehen wird, kann mit Sicherheit noch niemand prognostizieren. Jedoch dürfte die Verjüngung des Teams in den kommenden 24 Monaten forciert werden, so die Botschaft McGraths. „Das wird allerdings nicht bedeuten, dass ich rumgehe und sage du bist zu alt und du bist zu alt, im Gegenteil“ - einige der absoluten Leistungsträger des Teams seien aktuell um die 30 und dementsprechend bei Olympia in Paris 33 oder 34.

Das sei per se nicht zu alt, um Siebener auf Weltklasse-Niveau zu spielen, dennoch müsse man sich im Team-Management Gedanken über die nächste Generation machen. Mit Benjamin Müssig (TSV Handschuhsheim), Benjamin Spiess (RG Heidelberg und Chris Umeh (Berliner RC) drängen drei Teenager mit Nachdruck auf einen Platz im Team - alle drei wurden von McGrath explizit genannt und gelobt. Die deutsche Rugby-Community solle sich keine Gedanken machen - es seien genug Talente da, es gelte nur an einem Strang zu ziehen, so McGrath, der seine unerwartete wettkampffreie Zeit im Jahr 2020 auch nutzte, um regionale Klubs in ganz Deutschland zu besuchen.

Umbau des Teams wird ein Balanceakt

„Es wird ein Balanceakt“, so McGraths Prognose in Sachen Team-Umbau. Vielen jungen Spieler eine Chance zu geben, könnte sich kurzfristig auf die Ergebnisse auswirken, langfristig aber sei dies alternativlos. Mit Spielern wie Tim Lichtenberg und Ben Ellermann habe man Leistungsträger im Team, die noch weitaus länger auf hohem Niveau sein werden - sie würden es in jedes World-Series-Team schaffen, so die Einschätzung ihres Trainers. Ein Vorbild für die deutsche Entwicklung könnte Spanien sein - noch 2017 standen beide Teams im Hongkong-Quali-Finale. Die Spanier gewannen in einem dramatischen Endspiel mit 14:7 - die frühe Führung durch Sebi Fromm sollte nicht reichen. 

Seitdem hat sich Spanien nicht nur auf der World Series etabliert, den Iberern gelingt auch immer öfter eine Überraschung gegen die ganz Großen, wie der Sieg über die All Blacks 7s in Vancouver. „Ich sehe keinen Grund, warum wir schlechter sein sollen, als die Spanier“, so McGraths Einschätzung. Immerhin konnte McGrath das Team noch im Herbst letzten Jahres persönlich begutachten, als das DRV-Team in mehreren Testspielen gegen Spanien antrat.

Die Spiele gegen World-Series-Team Spanien im Oktober waren für das Wolfpack ein Gradmesser

„Unser Spiel ähnelt dem der Spanier ein wenig - ich erwarte viel Einsatz, harte Arbeit und Fitness, denn wir sind weder das schnellste noch das stärkste Team". Die Spanier haben, wie unser Wolfpack, den Luxus während der Pandemie durch die staatliche Olympia-Förderung durchtrainieren zu können. Dies können bei weitem nicht alle Teams, wie McGrath betont. Die Stars seines ehemaligen Teams Kanada beispielsweise könnten aktuell nur individuell trainieren. Ähnliches gelte für viele Teams der Nordhemisphäre, während im Süden generell weiter trainiert worden sei.

Das dürfte langfristig zum Vorteil für die Teams werden, die sich in der Pandemie weiterentwickeln konnten. Man habe die ersten Monate nach der Lockdown-Pause sehr viel an den individuellen Skills gearbeitet, das wäre sonst zeitlich nie möglich gewesen, wie der Wolfpack-Coach erläutert. Außerdem hätten sich so jüngere Spieler an die Gepflogenheiten bei den Herren gewöhnen können, ohne größeren Druck zu verspüren.

„Es ist sicherlich ein zweischneidiges Schwert“, so McGraths Urteil. Doch unter dem Strich dürfte die Lücke zwischen der unteren Hälfte in der World Series und dem deutschen Team zumindest geringer geworden sein. Wann das deutsche Team die Chance haben wird, dies auch unter Beweis stellen zu können, steht aber leider in den Sternen. Da mag sich auch kein Gambler mit einer Prognose festlegen.

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