Ein ungewöhnlicher Star tritt ab: Nigel Owens beendet internationale Schiri-Karriere
Geschrieben von TotalRugby Team
Sonntag, 13. Dezember 2020
Nach hundert Spielen ist Schluss - Nigel Owens wird keine internationalen Spiele mehr pfeifen.
Nach genau 100 Spielen beendet Nigel Owens seine internationale Schiedsrichter-Karriere. Der 49-jährige Waliser pfiff 2003 sein allererstes Länderspiel und entschied sich nun noch vor den Six Nations einen Schlussstrich unter seine Laufbahn als Unparteiischer zu ziehen. Owens ist in vielerlei Hinsicht ein ganz Besonderer - als Schiedsrichter hat er es zum Star des Spiels geschafft und erhielt von der Queen den Ritterorden MBE. Er galt lange Jahre als der beste Unparteiische im internationalen Rugby. Berühmt machte ihn vor allem seine humoristische Art mit den Spielern umzugehen.
„Hundert Spiele klingt einfach nach einer runden Sache“, so Owens in seiner regelmäßig für eine walisische Zeitung erscheinende Kolumne. Owens war über seine Karriere zu weitaus mehr geworden, als nur einem professionellen Rugby-Schiedsrichter. Seine Persönlichkeit und sein Humor haben ihn in Großbritannien und weit darüber hinaus zu einer überaus beliebten Persönlichkeit des öffentlichen Lebens gemacht. Owens stammt aus einfachen Verhältnissen und arbeitete, bevor er mit 28 zum professionellen Schiedsrichter wurde auf einer Farm und als Jugendarbeiter.
Heutzutage ist Owens regelmäßiger Gast in walisischsprachigen Fernsehsendungen, ist selbst Moderator einer Quiz-Show und hatte sich schon vor seiner Karriere als professioneller Schiedsrichter als Stand-up-Comedian versucht. Seinen Humor brachte er über die Jahre auch immer wieder auf dem Rugbyfeld ein, um das Spiel zu kontrollieren und die meist deutlich größer und schwereren Profis verbal zu entwaffnen. „Du kannst in zwei Wochen wiederkommen“ {wenn hier wieder Fußball gespielt wird} so Owens bei der WM 2015 in Newcastle, als Schottland-Star Stuart Hogg einen Straftritt schinden wollte.
Nigel Owens mit seiner unnachahmlichen Art Spiele zu leiten
Es waren aber nicht nur die humoristischen Kommentare auf dem Feld, die Owens dermaßen beliebt gemacht haben. Seine Art das Spiel zu pfeifen sorgte regelmäßig für einen hervorragenden Spielfluß, da er die Vorteilsregel sehr gut auslegte und einen Rapport mit den Spielern hatte, der sich auf deren Disziplin auswirkte. Auch deshalb durfte Owens das WM-Finale 2015 leiten, welches das wohl das spannendste und attraktivste aller Zeiten war.
In seiner Kolumne vom gestrigen Samstag ging Owens auch noch Mal auf die aktuelle Diskussion ein, ob Rugby langweilig geworden sei. Nachdem England mit seinem kick-lastigen Spiel den Autumn Nations Cup gewonnen hatte und einige der Spiele relativ wenig Offensiv-Rugby boten, war die Diskussion in Großbritannien und darüber hinaus aufgekommen. Owen insistiert, dass Rugby nicht plötzlich langweilig geworden sei, man aber einiges tun könne, um die Spiele attraktiver zu machen.
Wie man Rugby laut Nigel Owens attraktiver machen kann
Abseits konsequenter pfeifen - nach Kicks und im Phasenspiel
Künstlich verlängerte Rucks nach 5 Sekunden abpfeifen
In den Offenen Ball abschirmen (sealing off) konsequenter bestrafen
Insgesamt sieht Owens aber keinen Grund zur Panik. Mit genau denselben Regeln habe man 2015 bis 2019 sehr viele spektakuläre Spiele gesehen, wie das 55:35 von England gegen Frankreich, oder das 38-38 zwischen England und Schottland 2019 bei den Six Nations.
Owens Karriere-Highlight: Das WM-Finale 2015 zwischen Neuseeland und Australien
Künftig wird Owens nur noch in der Pro 14 pfeifen, mindestens bis zum Ende der laufenden Saison, maximal noch eine weitere Spielzeit, wie er der BBC verriet. Nun habe er Zeit wieder lokale Klubspiele in Wales zu pfeifen, seine eigentliche Leidenschaft.
In der britischen Öffentlichkeit dürfte Owens weiterhin zu sehen sein. In seiner Kolumne spricht er des öfteren Themen rund um den Rugbysport an. So war der bekennende Homosexuelle Owens auch einer derjenigen, der die Homophobie des Ex-Wallabies-Stars Israel Folau ansprach und verurteilte. Dem internationalen Rugby aber geht ein Charakter-Kopf und hervorragender Schiedsrichter abhanden.