Vor einem richtigen Ligabeginn könnte es wieder lokale Wettbewerbe geben, wie im Herbst mit dem CT-Cup im Rhein-Main-Raum. Foto (c) Kessler
Seit dem November ruht das ovale Leder in Deutschland und zwar bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr - an eine Rückkehr ist aufgrund von weiterhin exorbitant hohen Corona-Zahlen vorerst nicht zu denken. Da ist man in Frankreich und England schon weiter, wo im Dezember bei den Amateuren der Einstieg in den Trainings- bzw. gar den Spielbetrieb erfolgt. In Deutschland müssen sich die Klubs zumindest bald darüber Gedanken machen, wie sie fortfahren wollen. Denn der Bundesligaausschuss will einen möglichen Neustart und wie dieser erfolgen soll zunächst mit den Vereinen diskutieren.
In England hatte es unterhalb der Championship, also der zweithöchsten Spielklasse bei den Herren, sowie unterhalb der Premiership der Frauen seit dem Abbruch im März keinerlei Spiele mehr gegeben. Nun soll im Mutterland noch im Dezember mit dem Amateur-Rugby begonnen werden. Ab dem 18. Dezember soll es auf lokaler Ebene wieder Freundschaftsspiele mit Vollkontakt-Rugby geben, so eine Verlautbarung des Verbands RFU.
Jedoch erfolgt dies unter Anwendung der experimentellen Regeln von World Rugby, die bereits im Sommer bekanntgegeben wurden und hierzulande keinerlei Anwendung fanden - diese beinhalten einige Maßnahmen zur Reduzierung der Zeit, die Aktive im engeren Kontakt miteinander verbringen. Gedränge werden durch Freitritte ersetzt, die allerdings nicht schnell angespielt werden können. Freitritte nach einer Gasse werden entweder angespielt, oder Teams können eine erneute Gasse wählen, die Gedränge-Option entfällt.
Auch mit Hilfe dieser Maßnahmen habe man mit der britischen Regierung die Einigung treffen können, den Neustart noch in diesem Jahr zu ermöglichen. Bei der RFU betont man des Weiteren vor allem, dass die Einhaltung der Maßnahmen abseits des Feldes zur Reduzierung der Kontakte dringen eingehalten werden müssten, um den Fortschritt nicht zu gefährden. In Wales und Schottland bleibt Kontakt-Rugby derweil weiterhin verboten.
Rugby-Training trotz Lockdown in Frankreich
In Frankreich darf trotz des weiter andauerndem Confinements, der französischen Version des Lockdowns, bereits seit dem ersten Dezember im Amateurbereich wieder trainiert werden. Jedoch, und das ist der große Haken, lediglich ohne Kontakt in Zehner-Gruppen mit maximal fünf Bällen pro Einheit und unter Einhaltung von zwei Metern Abstand während des Trainings. Außerdem darf, solange der Lockdown noch gilt, die Anreise zum Training nicht länger als 20 km betragen und das Haus darf nur für drei Stunden verlassen werden.
Der französische Verband hatte laut eigener Aussage diese Regelung zuvor mit Frankreichs Sportministerin Roxana Maracineanu ausgehandelt. Auf seiner Webseite hat der Verband gleich mehrere mögliche Trainingseinheiten mit Video-Anleitungen für Amateurvereine unter Einhaltung der strengen Regeln bereitgestellt. Für Französisch-Sprecher sicherlich eine großartige Möglichkeit zur Inspiration, wenn auch in Deutschland wieder unter derartigen Auflagen trainiert werden darf (Link).
Grünes Licht für die Amateure: Seit dem 1. Dezember darf in Frankreich trotz Lockdowns wieder trainiert werden
Vollkontakt-Rugby wird in Frankreich wohl noch bis mindestens Ende Januar verboten bleiben, wie Premierminister Jean Castex Ende November verkündete. Danach soll, wenn es nach Verbandspräsident Bernard Laporte geht, die Wiederaufnahme des regulären Ligabetriebs unterhalb der beiden Profi-Ligen Top 14 und Pro D2 erfolgen. Dann kann dort die im Oktober abgebrochene Saison fortgesetzt werden.
Geduld in Deutschland gefragt
In Deutschland dagegen, dem einzigen Land Westeuropas, in dem die Corona-Infektionen zuletzt weiter gestiegen sind, müssen sich Spielerinnen und Spieler noch eine Weile gedulden. Was allerdings nicht heißt, dass sich die Verantwortlichen hinter den Kulissen nicht schon längst Gedanken über einen möglichen Neustart machen, wie der neue RBA-Vorsitzende Christopher Molzahn im Gespräch mit TR erklärt.
„Wir werden uns im Januar mit den Bundesligisten zusammensetzen und uns über verschiedene Szenarien unterhalten“, so Molzahn. Natürlich hängt dabei alles von den Corona-Infektionszahlen ab, sowie den daraus resultierenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ab. Wenn es die Pandemie-Lage dann wieder zulässt, dass regelmäßig unter Vollkontakt gespielt wird, muss bereits feststehen, wie mit einigen Dingen verfahren wird.
- Werden Auf- und Abstieg ausgesetzt?
- Wird ein Meister ausgespielt?
- Bleiben die Spiele freiwillig?
- Wie werden Spielverlegungen geregelt?
Am Ende, so Molzahn, wolle man konsensbasiert mit der deutschen Rugby-Community entscheiden. Eine optimistisches Szenario würde mehrere Monate lokalen Spielbetrieb den Frühjahr und Sommer beinhalten, nach dem Vorbild der Wettbewerbe im letzten Herbst und schließlich einen Neustart nach normalem Muster im September 2021. Dann hätte Deutschland 2022 endlich einen Nachfolger für den deutschen Meister von 2019.
Vor einem eventuellen Beginn müssten mindestens sechs Wochen Training möglich sein. Was bereits jetzt ausgeschlossen werden kann, ist eine Regelung wie im Profi-Rugby, wenn es darum geht wie mit Corona-Ausbrüchen verfahren werden soll. Fidschi beispielsweise verlor alle seine Gruppenspiele im Autumn Nations Cup am grünen Tisch, da das Team Corona-bedingt keine Mannschaft stellen konnte.
Bis zu einem Neustart dürfte so oder so weiterhin mit einem holprigen Weg zu rechnen sein, weswegen ein möglicher Spielplan terminlich entzerrt werden müsste. Denn Corona-Infektionen könnten auch Mitte nächsten Jahres noch ein Thema sein, da Rugby-Bundesligaspieler sicherlich nicht zu den Risikogruppen zählen, die zuerst Zugang zu einer Impfung bekämen.
Regulärer Spielbetrieb erst wieder ab September 2021?
Vor einer besonderen Herausforderung stehen Deutschlands Rugby-Frauen. An einen regionalen Spielbetrieb ist im Fünfzehner kaum zu denken, da die sechs Fünfzehner-Teams des Landes quer über die Republik verteilt sind. Der Spielbetrieb in den Siebener-Ligen dürfte wohl erst bei sehr geringen COVID-Zahlen wieder möglich sein.
Von Verbandsseite aus will man die Vereine in Sachen Corona-Spätfolgen sensibilisieren. Wie Frankreich-Profi Julius Nostadt gegenüber berichtete, kann eine Corona-Infektion auch junge gut trainierte Menschen hart erwischen (TR-Interview mit Nostadts). Vor der Rückkehr in den Spielbetrieb sollte eine sportmedizinische Untersuchung erfolgen.
Bei einem solchen Check wurde beim Eishockey-Profi Janik Möser vor wenigen Wochen eine durch Corona hervorgerufene Herzmuskelentzündung diagnostiziert. Ohne eine Untersuchung hätte schon der Einstieg in den Trainingsbetrieb für den 25-jährigen schwere Folgen bis zum Tod nach sich ziehen können.
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