Mit hoher Intensität trainierte der deutsche Siebener-Nachwuchs am Wochenende in Heidelberg. Foto (c) RBW
Der U-18-Lehrgang der Siebener-Herren am vergangenen Wochenende war aus Sicht der Trainer ein voller Erfolg. Mit erhöhtem Orga-Aufwand verbunden, aber für die Nachwuchsspieler, die schon bald hoffen den Sprung zu den Herren machen zu können, unglaublich wichtig. Denn dem jetzigen Jahrgang fehlt noch mehr als in Deutschland üblich, die so wichtige Spielpraxis auf hohem Niveau. Wie sehr leidet der DRV-Nachwuchs an der durch die Pandemie stark eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten?
Der Sprung aus dem Jugendrugby in den Herren-Bereich ist alles andere als einfach, dafür sind die Unterschiede in Sachene phyischer Härte und Schnelligkeit im Rugby schlicht viel zu hoch. Oftmals entscheidet sich gerade im U18-Bereich, ob nach einer vielversprechenden Jugendkarriere auch im Senioren-Bereich Erfolge folgen. Eine ganze U18-Generation muss aktuell Corona-bedingt mit starken Einschränkungen in ihrer sportlichen Entwicklung leben. Nur Berlin und Mecklenburg-Vorpommern erlauben aktuell noch Jugendsport, im restlichen Bundesgebiet dürfen Jugendteams nicht zusammen trainieren.
Immerhin konnte die U-18-Nationalmannschaft im olympischen Siebener am Wochenende in Heidelberg zu einem Lehrgang zusammenkommen. Dies war möglich, da alle eingeladenen Spieler Kaderstatus haben und damit unter dieselbe Regelung fallen, die den Profisport aktuell weiterhin möglich macht. Die Organisation bedurfte dennoch deutlich mehr Aufwand, als sonst und war nur in Zusammenarbeit zwischen DRV und Olympiastützpunkt möglich, wie Nationaltrainer Max Pietrek erläutert.
Der U18-Kader vom vergangenen Wochenende
RC Aachen: Max Maurer 1860 Bremen: Tom Hill Hamburger RC: Alex Galushkin TSV Handschuhsheim: Niklas Bechtel, Daniel Eneke, Bennet Veil, Ben Surblys, Jack Rastall, Luca Serpi Hannover 78: Aro Hama RG Heidelberg: Cedric Eichholz, Lino Hittel Heidelberger RK: Leon Everts, Maximilian Schmidt, Tim Krzyzanowski Karlsruher SV: Nils Seeberger TSV Victoria Linden: Hannes Adler München RFC: Daniel Cunney StuSta München: Linus Feder SC Neuenheim: Robin Wilk, Moritz Noll USV Potsdam: Angelo Galster, Felix Meesman TG Würzburg: Ruben von As
Pietrek, der das Team gemeinsam mit Jan Ceselka betreut, sieht die Corona-Nachteile des jetzigen Jahrgangs als nicht dermaßen dramatisch an. Noch vor der Coronakrise war ein Teil des Teams, der damals jüngere der beiden U18-Jahrgänge, bei den Capricorn 7s in Namibia dabei. Genau darin sieht Pietrek aber die Krux: „Uns fehlt der Wettbewerb auf höchstem Niveau im Nachwuchsbereich.“ Die Mannschaft bekommt dies nun noch heftiger zu spüren, mit Ausnahme derjenigen, die im März im namibianischen Windhoek gespielt haben.
Ob dies langfristig negative Folgen haben wird, bleibt abzusehen. Pietrek zeigte sich aber erfreut darüber, dass das Leistungsniveau am Wochenende überraschend hoch gewesen sei, über alle Trainingstage hinweg. „Wir waren super happy, dass wir überhaupt trainieren konnten und den Jungs diese Chance zu geben - die Intensität war hoch, trotz der aktuellen Situation.“ Auch diejenigen Spieler, die im älteren U18-Jahrgang sind und schon letzte Saison mit Pietek und Ceselka trainierten, hätten sich über die letzten Wochen und Monate weiterentwickelt. Dies sei keine Selbstverständlichkeit angesichts der eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten.
Seltene Trainingsmöglichkeit in Pandemiezeiten: der U18-Lehrgang am Wochenende
Ex-Teamkapitän und Co-Trainer Clemens von Grumbkow sieht das diesjährige Team in seiner Entwicklung durchaus benachteiligt. Auch wenn die Trainer Pietrek und Ceselka einen hervorragenden Job machen würden, fehle dem Team der internationale Wettkampf. „Die Jungs haben dadurch schon einen Nachteil, normalerweise wären sie in Namibia, oder Dubai aufgelaufen und hätten gegen Teams wie Südafrika gespielt - das macht ja auch den Reiz des Ganzen aus", so von Grumbkow.
Die Herren-Nationaltrainer McGrath und von Grumbkow waren ebenfalls beim Camp dabei. Beide leiteten selbst eine Skills-Einheit, wollten den Teenagern aber auch vermitteln, was spielerisch und körperlich benötigt wird, um im Herren-Bereich erfolgreich zu sein. McGrath hatte im TR-Interview 2019 verraten, dass er dem Nachwuchs den Sprung in den A-Kader erleichtern wolle.
Von Grumbkow erklärt gegenüber TR, wie schwer manchen Talenten der Sprung falle. „Von zwei Mal die Woche Training auf zwei Mal am Tag, dazu mit deutlich höherer Intensität, das ist am Anfang für alle schwer." Wie schnell der Sprung vom Nachwuchs zu den Herren auch gehen kann, haben nicht zuletzt einige der etablierten Wolfpack-Asse bewiesen. Tim Lichtenberg beispielsweise gab im Alter von nur 18 im Jahr 2015 sein EM-Debüt, hat mittlerweile die deutsche Siebener-Nationalmannschaft in Hongkong als Kapitän aufs Feld geführt und ist nicht mehr aus dem Team wegzudenken.
Wolfpack-Identität und Talentsuche im ganzen Bundesgebiet
Künftig wolle man es dem DRV-Nachwuchs aber noch einfacher machen. Es gelte den Spielern „eine Brücke zu bauen" und sie auf die körperlichen Anforderungen vorzubereiten, um den Übergang so nahtlos wie möglich zu gestalten. Dazu gehört auch, das Wolfpack-Spielsystem künftig auch vermehrt im Jugendbereich zu vermitteln, sozusagen die spielerische Identität schon früher weiterzugeben.
Bundestrainer Damian McGrath hatte in den letzten Monaten zahlreiche Besuche bei kleineren Klubs gemacht, um nach Talenten zu suchen und sein Rugby-Wissen weiter zu geben. Diese scheinen, wenn man einen Blick auf die Kaderliste wirft, auch in Sachen Talent-Identifikation geholfen zu haben. Natürlich sind auch in diesem U18-Kader mit dem TSV Handschuhsheim und dem HRK zwei der Heidelberger Großklubs stark vertreten. Aber insgesamt setzt sich der Kader aus Spielern von 14 Vereinen zusammen, darunter auch Zweit- und Drittligisten.
|