Kein Derby im Jahr 2020 - den beiden Berliner Klubs wird das lukrativste Spiel des Jahres genommen. Foto (c) Grzanna
Von Flensburg bis Füssen ruht das ovale Leder erneut. Rugby-Deutschland muss Corona-bedingt wieder in die Pause - die noch laufenden Cup-Wettbewerbe wurden eingestellt, lediglich ein Freundschaftsspiel wurde am letzten Wochenende noch absolviert. Wir haben uns bei den Vereinen der Republik umgehört, wie sie mit dem erneuten Lockdown umgehen und wie hart sie dieser Schritt trifft. Mit dem Berliner und dem Hannover-Derby hätten zwei der größten Derbys im November stattfinden solleen.
Lockdown Herbst 2020, die Zweite - Deutschland wurde erneut heruntergefahren. Zu den Maßnahmen der Bundesregierung und der Landesregierungen zur Eindämmung des Coronavirus, die seit diesem Montag in Kraft sind, zählt auch eine vierwöchige Zwangspause für den deutschen Breitensport. Das betrifft hierzulande bis auf die weiter im Training befindlichen Kader-Athleten des DRV-Wolfpack alle Rugger, die sich bis mindestens Dezember gedulden müssen, bevor Training und eventuell Wettkämpfe fortgesetzt werden können.
Genauso wie im Frühjahr, kam dieser Beschluss nach einer Explosion der Neuansteckungen in den ersten drei Oktober-Wochen für viele überraschend. Aber anders als im Frühjahr, haben die Vereine mittlerweile aber schon Erfahrungen mit dem Lockdown gemacht und bei einer überwiegenden Mehrheit der Klubs waren sowieso keinerlei Spiele im November geplant. Das war im Frühjahr noch ganz anders, als der bundesweite Rugby-Stop kurz vor dem ersten Spieltag der neuen Bundesliga-Saison kam.
Der RK 03 Berlin rechnet mit Einbußen, kann die Pause aber verkraften
Die Auswirkungen auf die Klubs fallen, abhängig von der Situation der jeweiligen Klubs, dementsprechend unterschiedlich aus. In Berlin muss man beispielsweise beim RK 03 zwar auf das Heim-Derby gegen den BRC verzichten, welches hätte Mitte des Monats stattfinden sollen und Zuschauereinnahmen im vierstelligen Bereich gebracht hätte. Dennoch sieht man sich finanziell nicht dermaßen hart getroffen, wie Klub-Präsident Ingo Goessgen gegenüber TR erklärt: „Finanziell sehe ich das relativ entspannt, klar uns fehlen die Zuschauereinnahmen, aber wir haben natürlich auch weniger Ausgaben und werden großzügig vom Land Berlin unterstützt.“
Dazu haben die Berliner den Luxus, dass ein Teil der Jugend weitertrainieren darf. Alle Kinder bis einschließlich Zwölf sind nicht vom Breitensport-Verbot betroffen, auf Initiative des regierenden Bürgermeisters Müller. Der hatte als Begründung dafür angeführt, dass es während des ersten Lockdowns zu einer Häufung von Fällen der häuslichen Gewalt gekommen sei, gegen die der Sport sein Mittel sei. „Wir haben die Buschallee nicht abgesperrt, die Kinder können immer noch trainieren, wenn auch in getrennten Zehner-Gruppen, die nicht gemischt werden dürfen“, so Goessgen zu TR.
Für die älteren Kinder werden aktuell virtuelle Trainingseinheiten angeboten, die Herren gehen vorerst leer aus. Der Nordost-Cup, in dem die Berliner Bundesligisten und der RC Leipzig gegeneinander angetreten waren, wurde bereits vor dem eigentlichen Lockdown unterbrochen, da sich in Berlin die Corona-Fälle explosionsartig entwickelten und zahlreiche Spieler Bedenken hatten. Sobald der Trainingsbetrieb aber wieder zulässig ist, wolle man sich an die Wiederaufnahme machen, wie vom RK 03 zu hören ist.
Heusenstamms Herren gehen vorzeitig in die Winterpause
Beim Rugby Klub Heusenstamm muss sich der Nachwuchs noch gedulden. Das gesamte Gelände am Martinsee ist momentan gesperrt, wie der zweite Vorsitzende Erik Schulze gegenüber TR erläutert. „Wir stellen uns darauf ein, dass wir vielleicht im Dezember wieder im Jugendbereich auf dem Platz trainieren, wenn es das Wetter zulässt - im Herrenbereich wird dieses Jahr nichts mehr passieren“, so Schulze weiter. Auf das übliche Hallentraining mit dem Nachwuchs den Winter über, werde man verzichten müssen. Insgesamt liege die Hoffnung auf sinkenden Fallzahlen.
Beim Hamburger RC setzt man ebenso auf das virtuelle Training. Die Spieler des Bundesliga-Teams treffen sich dazu einmal die Woche, wie HRC-Pressesprecher Alex Hänert TR erklärt. Das Trainerteam versorge die Aktiven mit Trainings- und Ernährungsplänen. Dazu nehmen alle Teams, von der Jugend bis zu den Old Boys, an Skills Challenges teil. All dies, so Hänert weiter, solle dem Zusammenhalt der Mitglieder zu Gute kommen - denn natürlich ist auch beim HRC die Enttäuschung über den Abbruch des Trainingsbetriebs groß.
Ganz im Süden der Republik gibt man sich verständnisvoll, wie der Präsdient des Rugby Clubs Unterföhring, Florian Gebhard, gegenüber TR erklärt: „Der Lockdown ist natürlich aus Vereinssicht hart, wenn auch sicherlich die richtige Entscheidung. Im Gegensatz zum Frühjahr sind wir optimal vorbereitet und bieten unseren Spielern (und natürlich jeden anderen auch) eine Fitness-Challenge auf Instagram an.“ Für Kinder, so der Präsident des Zweitligisten aus dem Münchner Norden, werde es „altersgerechte Übungen“ geben. Das Vereinsleben werde weitergehen, so Gebhard weiter.
The last Dance in Handschuhsheim
Das letzte Rugbyspiel in Deutschland vor dem Lockdown fand nach der Absage des Brandenburg-Cups am letzten Samstag Heidelberg statt. Nachdem in der Rugby-Hauptstadt kein Cup-Wettbewerb zustande kam, wurde in Handschuhsheim zwischen dem TSV und dem München RFC getestet. Der Zweitligist, der seit dem August vom langjährigen StuSta-Coach Umberto Re trainiert wird und in einem Testspiel gegen den Ex-Klub des Trainers gewonnene hatte, stellte sich der Herausforderung bei den Löwen und musste eine hohe Niederlage einstecken.
Der Italienische Coach der Blauen, der vom MRFC-Erzrivalen aus der Studentenstadt nach Großhadern gewechselt war, sieht das Spiel dennoch positiv: „Natürlich haben wir nicht das Niveau des TSV Handschuhsheim. Für uns ist es aber ganz wichtig, gegen Gegner auf solchem Niveau zu spielen. Es hat super Spaß gemacht, jetzt sind wir wieder alle zuhause und müssen uns gedulden.“ Beim MRFC wartet man nun, ähnlich wie im restlichen Rugby-Deutschland, auf die Chance erneut ins Training einsteigen zu können.
|