Auslands-Adler: Höhenflug für Marks und Hilsenbeck mit Vannes
Geschrieben von TotalRugby Team
Mittwoch, 4. November 2020
Aktuell mit dem RC Vannes auf Höhenflug: Eric Marks und Chris Hilsenbeck.
Mit Julius Nostadt bei Castres und Anton Segner im neuseeländischen Nelson spielen gerade zwei deutsche Auslandsprofis ihr bestes Rugby. Sportlich gesehen noch besser läuft es lediglich beim Rugby Club Vannes, der sportlichen Heimat von Chris Hilsenbeck und Eric Marks. Aktuell steht der RCV an der Spitze der zweiten französischen Liga ProD2 und nicht unerheblichen Anteil daran hat Eric Marks, der aktuell "wie ein Freak" spielt. In der Bretagne hat nicht nur das für eine wahrhafte Rugby-Euphorie gesorgt.
Die Bretagne ist im Rugby-Fieber, insofern das in einer Situation wie der jetzigen überhaupt noch möglich ist. Erstmals wird das französische Nationalteam in der kommenden Woche im Nordwestzipfel des Hexagons ein Länderspiel ausrichten, im Stade de la Rabine, der Rugby-Heimat von Chris Hilsenbeck und Eric Marks. Es wird das erste Spiel im Autumn Nations Cup sein, wenn die XV de France Fidschi empfängt.
Warum im „nur“ 10.000 Zuschauer fassenden Stadion an der Atlantikküste, fernab von den traditionellen Rugby-Hochburgen im Süden, oder der Hauptstadt Paris? Vor allem weil die Bretagne bisher in Festland-Frankreich die am wenigsten von der Corona-Epidemie betroffene Region ist - nur die Übersee-Territorien und die Mittelmeer-Insel Korsika haben weniger Corona-Fälle und Krankenhaus-Belegung zu verzeichnen.
Vannes an der Tabellenspitze - ein bisher ungewohntes Bild in Frankreichs Pro D2
Deswegen hätten, als die Entscheidung vor drei Wochen verkündet wurde, in Vannes noch immer bis zu 5.000 Zuschauer empfangen werden dürfen. Vannes-Präsident Bertrand Lyon selbst hatte den Präsidenten des französischen Verbandes FFR, Bernard Laporte, angerufen und ihm angeboten das Spiel auszurichten. Dieser stimmte zu und so kam es zur historischen Bretagne-Premiere. Jedoch hat Frankreichs Präsident Macron letzten Freitag zum zweiten Mal landesweit das Confinement ausgerufen, Frankreichs besonders scharfe Version des Lockdown.
Auch wenn, wie Eric Marks gegenüber TR erklärt, die Corona-Lage in der Bretagne „relativ entspannt“ sei, muss das Spiel, wie alle Sportveranstaltungen im Land, nun ohne Zuschauer stattfinden. Die deutschen Vannes-Profis Chris Hilsenbeck und Eric Marks werden deshalb an ihrem spielfreien Wochenende nicht bei der historischen Premiere dabei sein dürfen. Die beiden Deutschen haben aber selbst großen Anteil daran, dass in der Bretagne aktuelle ovale Euphorie herrscht.
Auch gegen finanzstärkere Klubs, wie Grenobles, konnte Vannes zuletzt siegen
Mit ihrem RC Vannes haben sie einen historischen Saisonstart hingelegt und liegen auf Rang eins der Tabelle in der Pro D2 - dabei war Vannes vor vier Jahren überhaupt zum allerersten Mal in Frankreichs zweite Profiliga aufgestiegen. Acht Spiele, sieben Siege, davon zuletzt sechs in Folge - damit führt Vannes die zweite Liga, vor deutlich finanzstärkeren Klubs, wie Perpignan, Oyonnax und Perpignan. Zuletzt konnte das Team gleich mehrmals enge Spiele im letzten Spielviertel drehen.
„Unser Teamspirit, dass wir bis zum Ende kämpfen, hat uns die Spiele gewonnen“, so Eric Marks Einschätzung. Der Aachener hat sich in seinem zweiten Profijahr, nur gut ein Jahr nach seinem Profidebüt, einen absoluten Stammplatz erarbeitet. „Er spielt aktuell wie ein Freak“, so das Lob von Adler-Kollege Julius Nostadt, der von Marks Leistungen beeindruckt ist.
Marks sieht sein Team aber noch nicht am Ende der sportlichen Entwicklung angekommen. Die mentale Stärke, Spiele auch spät zu drehen, sei da - „wir bringen uns aber noch oft selbst in Schwierigkeiten, weil wir falsche Entscheidungen treffen, oder Fehler machen“, so der 23-jährige Aachener. Als Beispiel führt er das Spiel gegen Béziers an, in dem Vannes daheim in der ersten halben Stunde 20 Punkte von den Gästen eingeschenkt bekommen hatte, dann aber in den letzten 20 Minuten noch 19 Punkte erzielte.
Der sechste Sieg in Folge: Höhenflug für die Frankreich-Legionäre
Vor der Pause am übernächsten Wochenende steht für Vannes noch ein Spiel aus, auswärts in Biarritz. Genau dort, wo Eric Marks im September letzten Jahres sein Debüt gegeben hatte. Damals hatte er mit einem Weltklasse-Offload einen Versuch vorbereitet. Aktuell steht Biarritz auf Rang vier und ist damit direkter Konkurrent um die Playoff-Plätze. Zuletzt mussten die Biarrots aber gleich zwei Spiele wegen eines Corona-Ausbruchs absagen. Ob dies ein Nachteil wegen mangelnder Spielpraxis, oder ein Vorteil, wegen der längeren Pause ist, bleibt abzusehen.
Für Eric Marks wäre ein Sieg in Biarritz „ein weiterer Coup“ - man würde nach einem Drittel der Saison und mit einem weiteren Sieg Ansprüche auf einen Playoff-Platz anmelden. Zuletzt hatte sich Vannes auch auf dem Transfermarkt offensiver gezeigt - Ex-England-Nationalspieler Nick Abendanon und Ex-Neuseeland-Siebener-Star Ambrose Curtis haben die Dreiviertelreihe des RCV verstärkt.
Wenn sich die Entwicklung des RCV so fortsetzen sollte, wäre Vannes gar ein Kandidat für den Aufstieg. Vorletzte Saison hatte Vannes bereits im Pro-D2-Halbfinale gestanden und war am späteren Aufsteiger Bayonne gescheitert. Als Tabellenführer würde man direkt aufsteigen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, zumal in einer Saison, die durch die Unsicherheit rund um die Corona-Pandemie geprägt ist.