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Ein Vierteljahrhundert seit der Professionalisierung: Wie sich Rugby verändert hat
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Freitag, 28. August 2020

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David Campese (rechts) wurde laut eigener Aussage als Amateur zum Rugby-Millionär - 1995 endete die Amateur-Ära und Profi-Rugby wurde zur Realität.

Genau 25 Jahre ist es her, da wurde Rugby vom Weltverband (damals IRB) zum offenen Spiel erklärt - Zahlungen an Spieler waren nach über 100 Jahren Rugby-Geschichte ab dem 27.8.1995 erstmals erlaubt. Seitdem hat der ovale Ballsport ein Vierteljahrhundert Profi-Rugby durchlebt, eine Ära, die viele Veränderungen mit sich gebracht hat. Wachstum, in absoluten Zahlen, geographisch und über Geschlechtergrenzen hinweg, aber auch vermeintlich negative Nebenwirkungen.

Die Zahlen, mit denen der Weltverband das Jubiläum begeht, sind durchaus beeindruckend. Die Zahl der registrierten Rugby-Aktiven weltweit sei von 1,5 auf 9,6 Millionen Spieler und Spielerinnen gestiegen. Vor allem das Wachstum des Frauen-Rugby liest sich beeindruckend: Waren es 1995 weltweit nur 45.000 Spielerinnen, sind es heute 2,7 Millionen.

Mittlerweile sind 127 Länder bei World Rugby als vollwertiger Verband organisiert, während es zu Beginn der Profi-Ära nur 71 waren. Mit Japan und Argentinien sind zwei Länder seitdem in die absolute Weltspitze des Sports vorgedrungen. Aber auch in Ländern wie Russland, Uruguay, Kenia, Spanien und in gewissen Grenzen auch Deutschland ist Rugby seitdem gewachsen. Ob die Wiederwahl von Bill Beaumont als World-Rugby-Präsident gegen seinen Widersacheer Agustin Pichot (TR berichtete), der sich als Advokat der kleineren Rugby-Nationen präsentierte, gut für die Verbreitung des Sports um den Globus hilfreich sein wird, muss man abwarten.

Bescheidene Anfänge: 1996 startete mit Super Rugby eine neue Ära

Über allem steht heute mehr denn je der Rugby World Cup als Vorzeige-Event des Sports und er ist in seiner Bedeutung noch Mal enorm gewachsen. Knapp zwei Millionen Menschen sind beim RWC 2019 in die Stadien im Land der aufgehenden Sonne geströmt, mehr als doppelt so viele wie 1995 in Südafrika - an den TV-Schirmen verfolgten mit 857 Millionen kumulierten Zusehern knapp 20 Mal so viele Menschen Spiele des letztjährigen RWC.

Rugby soll simpler und sicherer werden

World-Rugby-Geschäftsführer Brett Gosper betonte unter der Woche gegenüber der BBC, dass man in den nächsten 25 Jahren beim Weltverband Rugby „simpler und sicherer“ machen und das geographische Wachstum vorantreiben werde. Das dürfte ein Wink sein - Rugby-Fans und Aktive müssen sich demnach auf mehr Veränderungen beim Gedränge, Tackle und Ruck einstellen, nachdem zuletzt immer wieder an den Regel-Stellschrauben feinjustiert wurde.

WR-Geschäftsführer Gosper will Rugby einfacher und sicherer machen

Für den Weltverband ist es ein Balance-Akt die Interessen der Puristen mit denen der potenziellen Rugby-Neulinge abzuwägen. Ist doch gerade das Gedränge für viele Rugby-Neulinge, die nicht mit dem Sport groß geworden sind, anfangs eher abschreckend. Gleiches gilt für die Diskussion um Kopf-Verletzung - sind eingefleischte Rugby-Fans und Aktive bereit ein gewisses Risiko hinzunehmen, um ihren Sport so zu belassen wie er ist,  kann man dies gegenüber Neulingen nur schwer vermitteln.

Das WM-Finale 2019: Der Rugby World Cup ist noch wichtiger geworden

Frauen-Rugby als Wachsutms-Motor

Frauen-Rugby, so Gosper weiter, bleibe zudem auch künftig ein Fokus des Weltverbands. Denn bei World Rugby erhofft sich in der Dubliner Zentrale mehr weibliche Zuseher und Aktive in traditionellen Märkten, in denen beim bisherigen meist männlichen Publikum kein massives mehr Wachstum zu erwarten ist. Allein 2018 stieg die Zahl der registrierten weiblichen Spieler weltweit um beeindruckende 28%.

Denn vielerorts stagniert der Männer-Rugbysport und das nach jahrelangem dramatischem Wachstum in der frühen Profi-Ära. Die großen Ligen Europas verzeichneten in den ersten 15 Jahren des Professionalismus ein starkes Zuschauerplus im Fernsehen und in den Stadien, seitdem stagnieren Top 14, Premiership und Pro 14 auf hohem Niveau. Super Rugby musste nach dem Boom der 90er und 2000er in der letzten Dekade herbe Verluste einstecken und steht in seiner jetzigen Form vor dem Aus.

Frauen-Rugby und die Siebener-Variante waren die größten Wachstums-Motoren für World Rugby

Besonders die Siebener-Variante leidet unter Corona

Seit Jahren sieht man bei World Rugby vor allem auch die Siebener-Variante als Schlüssel zu neuen Märkten. Diese jedoch leidet am meisten unter der Corona-Pandemie - Siebener-Turniere mit 16 Teams in einem Stadion abzuhalten, sprengt fast überall die Corona-Richtlinien. Zumal beispielsweise im Falle der World Series die Anreise aller 16 Teams von allen Ecken der Erde mit aktuellen Reisebeschränkungen unvereinbar sind. 

Die Konsequenzen für die Aktiven sind zum Teil bitter. England hat dieser Tage auf unbestimmte Zeit sein Siebener-Nationalteam aufgelöst und heute hat Wales nachgezogen und seine Siebener-Nationalmannschaft ebenso vorerst eingestampft - ohne Turniere müssen die finanziell stark gebeutelten Verbände auf jeden Cent achten.

Regelmäßige Debatten über Schauspielerei (TR berichtete) und Verweichlichung des Rugbysports könnten einige Kritiker der damaligen Freigabe bestätigen. Hatten diese doch unterstellt, dass eine Bezahlung den Charakter von Rugbyspielern verderben würde. Angesichts der absurden letzten Jahre der Amateur-Ära, mit verdeckten Zahlungen in der Wallabies-Superstar David Campese behauptete als Amateur zum Rugby-Millionär geworden zu sein, war der Schritt des damaligen IRB sowieso unausweichlich. Nun kommt es darauf an, wie die nächsten 25 Jahre Profi-Rugby gestaltet werden.

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