Wer darf mit wem Rugby spielen? Diese Frage droht im Trans-Kontext gerade die Community zu spalten.
Rugby schreibt sich seit langem auf die Fahne ein inklusiver Sport für alle zu sein. Diesen Teil der Rugby-DNA sehen momentan vielen in Gefahr, auch in Deutschland - der Grund: World Rugby verkündete bereits im Juli, dass man aktuell untersuche, ob Transgender-Frauen aus dem Vollkontakt-Frauenrugby ausgeschlossen werden sollen. Die Ergebnisse eines Positionspapiers einer WR-Arbeitsgruppe wurden an die Medien geleakt - demnach seien Trans-Frauen für ihre Mitspielerinnen eine Gefahr. Dagegen regt sich nun Widerstand, unter anderem auch aus dem DRF-Vorstand.
Gegenüber der BBC bezeichnete ein World-Rugby-Sprecher Transgender-Frauen im Vollkontakt-Rugby der Frauen als „Sicherheits-Risiko“ und verwies auf Studien, laut denen das Verletzungsrisiko für Ihre Mitspielerinnen signifikant erhöht sei. Anders als im sonstigen Weltsport, in dem die Testosteronlevel bei Trans-Frauen das ausschlaggebenden Kriterium über ihre Teilnahme am Frauensport ist, könnte Rugby damit der erste Sport weltweit mit einem absoluten Trans-Verbot sein.
World Rugby könnte zum Verbots-Vorreiter werden
Ob der Rugbysport ausgerechnet im Ausschluss einer ganzen Gruppe eine globale Vorreiterrolle einnehmen sollte, wird in Rugby-Kreisen nun zunehmend kontrovers diskutiert, auch in Deutschland. Mehrere LGBT-freundliche Klubs, allen voran die Berlin Bruisers und die Cologne Crushers positionierten sich nun offen gegen die Bestrebungen in der World-Rugby-Zentrale in Dublin.
Bruisers-Präsident Alexander Craddock erklärte: „Als wir von dem geplanten Ausschluss von Trans-Frauen gehört haben, waren wir geschockt.“ Craddock weiter: „Gerade unsere Mitglieder mit Trans-Hintergrund betonen immer wieder, wie wichtig es ist, dass Trans-Menschen im Sport willkommen geheißen werden und nicht aufgrund ihrer körperlichen Besonderheiten ausgeschlossen werden.“
Auch die Kölner Crushers betonen in einem Statement: „Die Cologne Crushers sind entschieden gegen Pläne jedweder Art, die eine komplette Gruppe von Menschen per se von der Ausübung unseres wunderbaren Sports ausschließen.“ Ein Verbot für Transgender-Frauen Vollkontakt-Rugby zu spielen führe die Werte des Rugby „ad absurdum“, so das Statement der 2014 gegründeten Crushers.
Die eindeutige Position der Cologne Crushers: Lass Trans-Frauen spielen!
DRF wollen Rugby inklusiv halten
Im Vorstand der Deutschen Rugby-Frauen hat man bisher noch keine offizielle Position verfasst. Gleichwohl betont die stellvertretende DRF-Vorsitzende Anne-Marie Kortas, dass Rugby für die DRF ein „inklusiver Sport“ sei. „Wir hatten noch keinen konkreten Fall und deshalb auch noch keine exakte Position“, wie Kortas erläutert. Grundsätzlich wolle man aber von Fall zu Fall entscheiden und lehnt ein generelles Verbot ab.
Persönlich sieht die RK-03-Spielerin Kortas die Bestrebungen von World Rugby äußerst kritisch und führt ihre eigene Erfahrung an: „Ich bin selbst eine kleine Persönlichkeit von um die 60 kg - wenn ich gegen eine Erste-Reihe-Stürmerin spiele, ist das auch ein extremer körperlicher Unterschied, das gehört zum Rugby aber auch dazu. Ich spiele nun Mal eine Sportart, wo ein Großteil meiner Gegnerinnen größer und schwerer ist - ob das nun eine CIS-Frau oder eine Transgender-Frau ist, das macht für mich keinen Unterschied - Frau ist Frau!“
Anne-Marie Kortas (rechts im Bild) aus dem DRF-Vorstand ist strikt gegen ein Transgender-Verbot im Frauen-Rugby
Für betroffene Trans-Frauen wäre ein Verbot verheerend
Für Transgender-Frauen bliebe nach einem möglichen Verbot nur noch der Weg ins Touch-Rugby oder zu den Herren. Für eine sowieso schon stark von Diskriminierung betroffen Bevölkerungsgruppe, wäre ein Verbot ein Tiefschlag. Eine potenziell betroffene Spielerin hatte der BBC erklärt, dass ihr der Rugbysport aus einer Identitätskrise geholfen und eine neue Heimat gegeben habe (Link zum Artikel).
Die DRF werden sich in den kommenden Monaten sicherlich noch ausgiebiger mit diesem Thema auseinandersetzen müssen. Auch wenn in Deutschland bisher kein Fall bekannt ist, droht dennoch Ungemach, sollte sich eine Mannschaft weigern, gegen eine Trans-Spielerin anzutreten - sei es, weil sich ein Team benachteiligt fühlt. Für diesen Fall muss man sich auch im deutschen Rugby vorbereiten.
Die endgültige Entscheidung von World Rugby folgt aller Voraussicht nach im November im World Rugby Council. Dieser dürfte sich aber an die Empfehlungen der World-Rugby-Arbeitsgruppe halten. Bis dahin dürften die Diskussionen um das kontroverse Thema weitergehen - das Stimmungsbild im Frauen-Rugby, nicht nur hierzulande, spricht eher gegen ein Verbot. World Rugby könnte die boomende Frauen- und LGBT-freundliche Rugby-Szene verärgern.
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