Die Rugby-Vereine im Norden (hier St. Pauli und Victoria Linden) müssen weiter mit Corona-Restriktionen leben.
Der Start in die neue Bundesliga-Saison ist für das zweite September-Wochenende geplant, das hat der Bundesliga-Ausschuss gestern noch einmal ausdrücklich bestätigt. Weiterhin herrscht aber Unklarheit darüber, ob der Termin überhaupt zu halten sein wird. Die Verantwortlichen zeigen sich weiter vorsichtig optimistisch, doch die Regelungen vieler Bundesländer arbeiten derzeit mit der magischen Zahl 30, die für Rugby zu einem großen Problem werden könnten. Der föderale Flickenteppich mit anderslautenden Regeln in den verschiedenen Bundesländern, droht den Ligastart zu gefährden.
In Niedersachsen gilt seit knapp zwei Wochen die derzeitige Corona-Verordnung, laut der Kontaktsport lediglich mit 30 Personen auf dem Platz zum gleichen Zeitpunkt möglich ist. In Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt eine ähnliche Regelung bereits seit Mitte Juni, ebenso mit maximal 30 Teilnehmern. In beiden Bundesländern wird es voraussichtlich zunächst bis zum 31. August dabei bleiben, also ist eine Novelle erst knapp zwei Wochen vor dem Ligastart zu erwarten.
Das Problem hierbei: Mit 15 Spielern pro Team und einem Unparteiischem auf dem Rasen kommt man im traditionellen Fünfzehner-Rugby auf exakt 31 Involvierte - damit wäre exakt einer zu viel auf dem grünen Rasen. Oliver Gust, Präsident des Rekordmeisters TSV Victoria Linden, hat sich deshalb vergangene Woche mit einem Appell schriftlich an den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius gewandt, der auch für den Sport zuständig ist.
Mit 30 Teilnehmern sieht der Trainingsbetrieb in Niedersachsen fast wie vorher aus - ein richtiger Wettkampf ist derzeich nicht unmöglich
Gust hat darin für eine Erhöhung der Zahl auf 40 Teilnehmer für Kontaktsportarten im Freien plädiert. Immerhin sind sechs Erst- und Zweitligisten allein aus der niedersächsischen Landeshauptstadt betroffen, denen durch die aktuelle Regelung eine Rückkehr zum normalen Spielbetrieb verwehrt wird. Gute 2,5 km vom Heimplatz der Victoria entfernt, im niedersächsischen Innenministerium, gibt man sich verständnisvoll aber ebenso standhaft.
Das niedersächsische Ministerium betont: Gesundheitsschutz hat Vorrang
Die zügige Antwort aus dem Ministerium an Victoria-Präsident Gust, die dieser TR hat zukommen lassen, betont unter anderem: „Die Lockerungen, die wir ständig und stetig für den Sport im Rahmen der Verordnung ermöglichen und erreichen konnten, sind immer unter der Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung erfolgt…{Es} ist zu berücksichtigen, dass je mehr Personen an der Sportausübung teilnehmen, auch mehr Betroffene einem Risiko einer Infektion ausgesetzt sind.“
Eine kurzfristige Änderung sei demnach nicht zu erwarten, da die aktuelle Regelung noch bis Ende August gelte. Man werde das Anliegen der Victoria aber berücksichtigen, wenn demnächst Gespräche mit dem Gesundheitsministerium anstehen, die über die künftigen Regelungen entscheiden würden. Eine seriöse Einschätzung traue man sich aber erst nach dem Ende der Urlaubszeit zu, das mit höheren Infektionszahlen einhergehen könnte.
Bei der Victoria sieht man sich deshalb zunächst nicht benachteiligt, da ähnliche oder gar restriktivere Regeln in den anderen Bundesländern gelten, aus denen die anderen Teams der Zweitliga-Nordstaffel kommen. „Wir müssen Wege finden, um uns optimal vorzubereiten“, so das Credo von Victoria-Präsident Gust, der im Gespräch mit TR die Planungen der Hannoveraner erklärt: „Derzeit planen wir 12er-Testspiele mit zwei Wechseln. Ende August ist ein Testmatch in Holland in Vorbereitung, dort gibt es keine Personenbeschränkung.“
Hamburger Klubs können nur mit 10 Spielern trainieren
In Hamburg gilt derweil eine noch restriktivere Regelung. Lediglich zehn Spieler können derzeit gleichzeitig in einer Gruppe trainieren - die Zusammensetzung dieser Gruppen muss gleich bleiben. Auch in Hamburg gilt die aktuelle Verordnung noch bis Ende August - mit einer Novelle ist erst Anfang September zu rechnen, wie HHRV-Pressesprecher Matthias Hase erläutert.
HHRV-Präsident Nils Zurawski beschreibt die aktuelle Lage als „undurchsichtig“ und prognostiziert: „Es wird ein richtiger Kraftakt werden einen einigermaßen normalen Spielbetrieb hinzubekommen.“ Vom Hamburger Sportamt wird von den Verbänden ein Konzept verlangt, um eine Genehmigung für die Rückkehr in den Wettkampf zu erlangen. Dabei werde man sich, so Zurawski, am „hervorragenden Konzept“ von DRV-Cheftrainer Athletik und Medizin Colin Grzanna orientieren.
Wie umgehen mit den Zuschauern - Eine bisher ungeklärte Frage in Hamburg
Die Hamburger Anlage im Stadtpark, auf der beide Bundesligisten trainieren und spielen, bereitet dem HHRV zusätzliche Kopfschmerzen. Der Zugang müsste geregelt werden, sofern Zuschauer zum Ligastart weiterhin zum Zweck der Kontaktnachverfolgung erfasst werden müssen. Da aber der örtliche Hockey- und Tennis-Klub jeweils am Rugby-Feld entlang zu ihren Anlagen kommen, könnte sich dies zum logistischen Alptraum entwickeln.
Insgesamt herrscht in Rugby-Deutschland also weiterhin Unsicherheit. Nicht zuletzt auch deswegen, weil die Infektionszahlen in vielen europäischen Ländern erneut steigen. Großbritannien beispielsweise hat gestern eine verpflichtende zweiwöchige Quarantäne für Spanien Rückkehrer verhängt - sollte sich ein Bundesliga-Spieler beispielsweise im Urlaub infizieren und vor einem etwaigen positiven Test beim Training erscheinen, wäre die gesamte Mannschaft außer Gefecht.
Natürlich würde eine mögliche Infektion bei einem Aktiven nach dem Saisonstart Gleiches bewirken. Den Spielplan würde ein solcher Fall natürlich gehörig durcheinanderwirbeln. Der Saisonstart rückt immer näher, dennoch bleiben viele Fragen vorerst unbeantwortet, nicht zuletzt auch die Frage nach dem Corona-Ausbruch in Luxemburg (TR berichtete).
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