Auf dem ADRT entscheiden die Vereinsvertreter morgen, ob sie der DRV-Führung ihr Vertrauen schenken.
Es ist eine norddeutsche Redensart, die wohl am besten beschreibt, was von Deutschlands Vereinsvertretern morgen gefragt ist. Man könnte, um bei den sprachlichen Bildern zu bleiben auch sagen, dass es Zeit wird, die Karten auf den Tisch zu legen. In Heusenstamm wird Rugby-Deutschland entscheiden, ob es der jetzigen DRV-Führung sein Vertrauen schenkt und damit auch die nötigen Mittel, um die Arbeit nach ihrem Konzept fortzuführen.
Genau darum hatte Präsident Harald Hees vor genau einer Woche bereits per Brief an Mitglieder gebeten. „Gebt uns euer Vertrauen und zwei Euro im Monat mehr, und ihr werdet euch wundern, was alles in kürzester Zeit möglich ist“, so der erst letzten Herbst ins Amt gewählte DRV-Präsident. Gleichwohl hatte Hees bereits vor zwei Wochen verlauten lassen, dass er gerne seinen Stuhl räumen würde, sofern sich jemand finde, der meint den Job unter den jetzigen finanziellen Rahmenbedingungen machen zu können.
Die Kritiker der jetzigen Verbandsführung haben sich nur halb aus der Deckung gewagt. In einem Schreiben an die Spitze, in dem auch mit Veröffentlichung von selbigem gedroht wurde, kritisierten gleich eine ganze Reihe von Landesverbandsvorsitzenden die vermeintliche Intransparenz und Konzeptlosigkeit der DRV-Spitze - die Rede ist von „verspieltem Vertrauen“. Der im Schreiben gestellten Forderung nach einer Verschiebung des ADRT auf den Herbst wurde bekanntermaßen nicht nachgekommen.
Die Kontroverse um den Brief
Ein prominenter Name fehlte unter besagtem Brief: Der des Sprechers der Landesverbände, der zugleich als deren Vertreter im Präsidium sitzt - der Vorsitzende des Rugby-Verbandes Bayern, Alexander Michl. Dieser trat heute aufgrund des Vorgehens einiger seiner Kollegen, nur einen Tag vor dem ADRT, von der Rolle als Landesverbands-Vertreter zurück und will sich auf seine Arbeit im Freistaat konzentrieren.
Im Gespräch mit TR erklärt Michl, dass er über den Brief an die Verbandsführung erst gar nicht informiert wurde. Ein weiterer LV-Vorsitzende habe seine Meinung zur Gebührenerhöhung im persönlichen Gespräch abgeklopft. Dieser habe schließlich das Gespräch beendet, nachdem klar wurde, dass Michl hinter dem Vorschlag der DRV-Führung steht. Wohl nur wenn Michl sich in diesem Telefonat der DRV-Führung gegenüber kritisch gezeigt hätte, wäre das Gespräch auf besagten Brief gelenkt worden, so zumindest Michls Vermutung am heutigen Freitag.
Beim DRV wehrte man sich indes gegen beide Haupt-Kritikpunkte. Nachdem die jetzige Führung zuletzt in mehreren öffentlichen Formaten der ovalen Öffentlichkeit Rede und Antwort gestanden hatte, wurde vom Sportvorstand Manuel Wilhelm (Gründer dieser Seite; Anm. d. Redaktion) dieser unter der Woche eine Reihe von Dokumenten zugänglich gemacht.
In einer E-Mail an ein breiteres Publikum, bestehend aus Landesverbänds- und Vereinsvertretern, wurde eine Reihe von Konzepten sowie die Geschichte zu deren Entstehung geteilt. Im Kern dessen steht die DRV-Strategie 2024, sowie die sogenannten Player Pathways „vom Kücken zum Adler“ sowie die Arbeit der AG nationaler Spielbetrieb.
Über diese Konzepte und die Ideen dahinter, die in den vergangenen Monaten und Jahren ausgearbeitet wurden, kann man streiten. Der Verbandsführung pauschal Konzeptlosigkeit und Intransparenz vorzuwerfen greift aber nicht nur zu kurz, es ist schlichtweg falsch. Zumal nirgends irgendwelche Alternativen - ob inhaltlich oder personell - aufgezeigt worden wären.
Es bleibt Frage nach dem lieben Geld
Was bleibt, ist die Frage nach dem lieben Geld. In der Kommentarspalte unter unserem Artikel „Wie viel darfs denn sein?“ fragte gestern ein TR-User, warum er ausgerechnet dem DRV mehr Geld geben solle, sowie was er denn überhaupt vom DRV im Gegenzug bekomme. Dies ist durchaus eine berechtigte Frage - braucht es in Deutschland einen Rugby-Dachverband, der sich um Dinge wie Spielbetrieb, Nationalmannschaften, Schiedsrichterausbildung, die Jugend sowie die Verbreitung des Sports kümmert?
Manch ein Verein würde sicherlich auch gut in einem Vakuum funktionieren. Doch ein Großteil der Rugby-Landschaft und wir von TR meinen, dass das deutsche Rugby den DRV braucht und zwar als funktionierenden Vertreter der Rugby-Spielerinnen und Spieler in diesem Lande. Wer sich lediglich auf ein paar Runden Touch und ein Feierabend-Bier treffen will, kann dies auch tun, ohne einen Verein zu gründen und dem DRV beizutreten.
Dann wird der ovale Ballsport in Deutschland aber auch niemals über seinen jetzigen Status als Nischensport hinauskommen. Soll der DRV und damit der Sport hierzulande florieren, muss er auf finanziell soliden Beinen stehen. Wohl kein Verein wünscht sich eine derartige Erhöhung - aber viele, wie beispielsweise der RC Aachen, unterstützen sie trotzdem. Im Falle der Aachener übrigens, obwohl sie künftig gesondert Beiträge an den niederländischen Verband abführen muss, die höher sind als die hiesigen.
Außerdem muss sich Rugby-Deutschland fragen, was im Falle einer Ablehnung geschieht? Ein Not-Haushalt, oder gar eine Verbands-Pleite würden gleichzeitig das Ende der Nationalmannschaften, der Nachwuchs-Förderung und des so erfolgreichen Siebener-Programms bedeuten. Beides steht tatsächlich im Raum, denn es besteht weiterhin eine massive Unterdeckung im DRV-Haushalt.
Deshalb heißt es morgen: Butter bei die Fische. Ist Rugby-Deutschland bereit seinem Dachverband zur nötigen finanziellen Ausstattung zu verhelfen und der Mannnschaft um Präsident Hees das Vertrauen zu schenken?
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