Am Samstag wird entschieden, wie es mit dem DRV weitergeht.
Über Geld zu sprechen, ist für viele Deutsche ein unangenehmes Thema. Am Samstag wird es in Heusenstamm beim ADRT ausnahmslos um nichts anderes gehen und schon die letzten Tage der offenen Briefe (TR berichtete) lassen erahnen, dass es am idyllischen Martinsee nicht unbedingt harmonisch zugehen wird. Die entscheidende Frage, die am Samstag beantwortet werden soll: Wie viel (Geld) darf es denn sein?
Dass der Deutsche Rugby-Verband derzeit nicht in Geld schwimmt, bezweifelt momentan kaum jemand. Schon zum Jahreswechsel, als mit dem Namen Corona lediglich ein bei Jugendlichen beliebtes Leichtbier verbunden wurde, war eine mögliche Pleite in aller Munde. Von der Verbandsführung wurde die Rettung durch eine konzertierte Spendenaktion, private Darlehen und die Streckung bestehender Verbindlichkeiten vollbracht.
Doch diese Last-Minute-Rettungsaktion änderte nichts am Grundproblem, der chronischen Unterdeckung der laufenden Kosten, die über Jahre durch Gönner und Darlehen auf die lange Bank geschoben wurde. Der eigentlich für den März geplante ADRT sollte genau diese Problematik ändern und derart dramatische Zustände wie zum Jahreswechsel künftig verhindern, indem die Finanzierung des DRV über die Mitgliedsbeiträge auf eine stabilere Basis gestellt werden sollte. Die Verbandsführung aus Präsidium und Vorstand zog als Begründung unter anderem Vergleiche mit anderen Teamsportarten, deren Mitgliedsbeiträge deutlich höher liegen.
Bekanntermaßen machte Corona, nunmehr zum Unwort des Jahres 2020 mutiert und in aller Munde, der DRV-Führung einen Strich durch die Rechnung. Der ADRT wurde wenige Tage vor der geplanten Durchführung aufgrund der immer stärker grassierenden Pandemie abgesagt. An der Unterfinanzierung des Verbandes, der diese bereits vor dem eigentlichen ADRT-Termin mit schonungsloser Offenheit transparent gemacht hatte, änderte die Corona-Pandemie indes nichts.
Das Thema rückte auf der Prioritätenliste vieler engagierte Rugby-Anhänger hierzulande lediglich in den Hintergrund - die Sorge um die Gesundheit der Familie hatte vorrang. De facto aber verschlechterte sich die Situation aber derweil: World-Rugby-Gelder fließen nicht mehr im gleichen Umfang wie zuvor, der Hauptsponsor ging von Bord und durch Corona hat der DRV obendrein kein Produkt, dass er vermarkten kann - sei es über Sponsoren, die mit den Rugbyspielern und Spielerinnen auf dem Feld in Verbindung gebracht werden wollen, oder schlicht durch Ticket-Einahmen.
Wie soll nun darauf reagiert werden? Vorschläge von Verbandsführung, TSV und MRFC
Das Rezept der Verbandsführung um Harry Hees ist klar: Man will die Fixkosten senken und die Einnahmebasis konsolidieren - vor allem Letzteres war zuletzt trotz langer Vorlaufzeit auf wenig Gegenliebe gestoßen. Die Ausgabenseite wird in der künftigen Planung um etwa ein Drittel und damit drastisch beschnitten. Nachdem die Beiträge zuletzt 2014 erhöht wurden, müssen nach bestehender Ordnung pro Mitglied und Jahr von den Klubs je nach Vereinsgröße 7,50€ bis 10€ entrichtet werden.
Der DRV schlägt laut Tischvorlage im Antrag 1 eine pauschale Verdopplung der Beiträge nach dem aktuellen Schema vor. Für viele Landesverbände ein Unding, wie sie zuletzt in einem Brief an die DRV-Führung klarmachten. In diesem wurde gar die Notwendigkeit einer Erhöhung gänzlich in Abrede gestellt - man könne ja schließlich auch im Herbst mit Blick auf 2021 mit mehr Vorlaufzeit über die Finanzierung reden. Einen Gegenvorschlag gab es indes lediglich vom TSV Handschuhsheim und dem München RFC, zwei Vereins-Schwergewichten, die seit Jahren unter den Top-Ten-Klubs in Sachen Mitglieder rangieren.
Der TSV Handschuhsheim schlägt in seinem Antrag eine Erhöhung pro Mitglied und Jahr von 4€ vor, unterstreicht die Notwendigkeit der Verbreiterung der DRV-Finanzbasis, spricht aber ebenso davon, dass keine „latent{e} finanzielle Notsituation“ bestehe und deshalb eine moderate Anhebung ausreiche.
Der MRFC wiederum schlägt eine (zunächst) einmalige Sonderumlage von 20€ vor, um im laufenden Jahr die Finanzierung zu sichern, über deren Fortführung und Höhe in der Folge jährlich abgestimmt werden könne. Denn zum einen ließen sich laut MRFC-Sichtweise zu hohe Gebühren nur schwer wieder senken und zum anderen sei eine Finanzierung des Spitzensports aus Mitgliedsbeiträgen mittelfristig utopisch.
Von DRV-Seite wird im Antrag 2 eine Alternative zum eigenen Antrag 1 geboten. Mit einer sehr moderaten Erhöhung auf 12,50€ könne der absolute Mindestaufwand geleistet werden, wohlgemerkt unter Berücksichtigung der bereits eingeplanten drastischen Ausgabenkürzungen. In einer ganzen Liste von Zusatzanträgen - von 2a in alphabetischer Reihenfolge bis 2g - können sich die Delegierten Samstag dann quasi à la Carte aussuchen welche Maßnahmen sie unterstützenswert finden.
Im Antrag 2 wird praktischerweise das Preisschild der jeweiligen Maßnahme als zweckgebundenes Zusatzbeitrag mitgeliefert:
- a) Get into Rugby (2,60€ pro Mitglied und Jahr)
- b) Schiedsrichterausbildung Ref 2024 (1€ pro Mitglied und Jahr)
- c) DRJ / Jugendsekretärin (1,50€ pro Mitglied und Jahr)
- d) Frauen-Fünzehner-Nationalmannschaft (2,80€ pro Mitglied und Jahr)
- e) Herren-Fünfzehner-Nationalmannschaft (2,60€ pro Mitglied und Jahr)
- f) U-18-Nationalmannschaft Herren (2,80€ pro Mitglied und Jahr)
- g) U-20-Nationalmannschaft Herren (2,80€ pro Mitglied und Jahr)
Für die Delegierten wird es am Samstag am Ende Tages heißen Farbe zu bekennen. Fast wie im Restaurant, können sich die deutschen Klubs - von Rostock bis Freiburg und von Flensburg bis Bad Reichenhall - selbst aussuchen, was auf den Tisch kommt, inklusive der darauf folgenden Rechnung. DRV-Präsident Hees bittet nach nicht Mal einem Jahr erneut um das Vertrauen und 2€ im Monat pro Mitglied. Am späten Samstag-Nachmittag wird man sehen, für was sich Rugby-Deutschland entschieden hat.
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