Das Berliner Derby in der Rugby-Bundesliga - noch kann in der Hauptstadt nicht unter normalen Bedingungen trainiert werden - eine Vorrausetzung für den Saisonstart im September. Foto (c) Grzanna
Am ersten September-Wochenende soll der Spielbetrieb in den Bundesligen mit der neuen Saison wieder regulär losgehen, so zumindest lautete der Beschluss der Klub-Bosse am 9. Mai, als die letzte Saison auf Wunsch einer breiten Mehrheit der Vereine abgebrochen wurde. Damals konnte noch niemand absehen, ob dieser Termin angesichts der grassierenden Corona-Pandemie überhaupt zu halten sein würde. Mittlerweile aber zeichnet sich ab: Ein Neustart Anfang September ist gar nicht Mal dermaßen unrealistisch, nachdem zuletzt gleich mehrere Bundesländer Vollkontakttraining zugelassen haben. Einigen Hürden bestehen aber noch immer.
Eine Grundvorraussetzung für einen Bundesliga-Start im September wird sein, dass alle Teams die Chance auf eine adäquate Vorbereitung bekommen. Wenn man vom ersten September-Wochenende die von vielen Experten als ausreichend betrachteten sechs Wochen zur Vorbereitung zurückrechnet, müssten spätestens am 25. Juli alle Einschränkungen in Sachen Kontakttraining in den Ländern mit Bundesliga-Teams fallen, damit der erste Spieltag am 5. September abgehalten kann. Das sind auch die Signale, die der Bundesliga-Ausschuss gerade an die Vereine weitergibt.
Chancengleichheit als oberste Maxime
Sollten nämlich Teams aus bestimmten Bundesländern aufgrund der Corona-Einschränkungen ihrer jeweiligen Landesregierungen nicht in vollem Umfang trainieren können, wäre das eine klare Wettbewerbsverzerrung zu ihren Ungunsten und genau das soll möglichst vermieden werden. Denn: In einigen Bundesländern ist nicht an normalen Trainingsbetrieb zu denken, während beispielsweise in Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland Nordrhein-Westfalen schon seit letzter Woche Vollkontakt-Training mit Gruppen von bis zu 30 Spielern möglich ist.
Was allerdings nicht heißt, dass im Westen keinerlei Corona-Regeln mehr zu befolgen wären. Noch immer können in NRW die Umkleidekabinen und Duschen nicht genutzt werden, müssen Spielgerät und Hände vor dem Training desinfiziert werden. Jedoch findet das eigentliche Training auf dem Feld schon fast wie gewohnt statt. Beim Zweitligisten RSV Köln plant man deshalb mit einem durchgängigen Training bis zum Saisonstart, wie von den Vereinsverantwortlichen zu vernehmen ist.
Die Klubs im Westen der Republik, wie Köln und Düsseldorf, trainieren schon seit zwei Wochen unter "Normalbedingungen"
Seit dem ersten Juli gilt eine ähnliche Regelung auch in Baden-Württemberg, wo mittlerweile 20 Spieler pro Feldhälfte trainieren können und mittlerweile auch Kontaktelemente im Training erlaubt sind. Für die fünf Erstligisten und drei Zweitligisten aus dem Südwesten sind das gute Nachrichten. So will beispielsweise der Heidelberger RK langsam wieder zum normalen Trainingsbetrieb übergehen.
Weiterhin muss jedoch penibel genau dokumentiert werden, wer an welcher Einheit teilgenommen hat, um im Falle einer Corona-Infektion mögliche Infektionsketten nachvollziehen zu können. In der Hansestadt Hamburg gelten derweil seit dem 1. Juli ähnliche Regeln - Kontaktsport ist möglich, aber nur in Gruppen mit bis zu 10 Personen.
In Hessen ist Kontakttraining mittlerweile schon erlaubt. Meister Frankfurt 1880 aber hat seine Spieler beispielsweise schon vor einigen Wochen mit individuellen Trainingsplänen in die Sommerpause geschickt. „Anfang August ist der Neustart geplant“, wie 1880-Meistertrainer Byron Schmidt gegenüber TR erläutert.
Restriktionen gelten noch immer für etliche Bundesländer
Anders sieht die Situation noch in Niedersachsen und vor allem in der Hauptstadt Berlin aus. Die Vereine in Hannover und Umgebung, die bereits Anfang Mai als allererste bundesweit in Kleingruppen trainieren durften, können erst kommende Woche in großen Gruppen und unter Vollkontakt trainieren. Absurder stellt sich die Situation in Berlin dar, wie RK-03-Coach Maxi Bonnano erläutert.
Der Argentinier wohnt nur gute fünf km von der Berliner Landesgrenze entfernt in Brandenburg - während an seinem Wohnort bereits normales Vollkontakttraining erlaubt ist, wurde in Berlin erst vorgestern das bestehende Abstandsgebot im Training bestätigt. „Für uns in Berlin ist es ein wenig schwieriger, immerhin sind die erlaubten Gruppen vergrößert worden, aber wir hoffen, dass wir in zwei Wochen spätestens normal trainieren können“, wie Bonanno gegenüber TR erläutert.
Für die drei Berliner Bundesligisten eine schwierige Situation, denn noch ist keine Lockerung in Sicht. Die Grizzlies zum Beispiel hatten zuletzt ihre Heimspiele in Brandenburg ausgetragen - könnten also am Spielort mit weitaus weniger Einschränkungen trainieren, als an ihrem Trainingsplatz.
Der Bundesliga-Ausschuss muss sich aber noch mit ganz anderen Fragen beschäftigen. Sollten einzelne Teams während der Saison von einem lokalen Lockdown betroffen sein, wie es beispielsweise der Fall in Gütersloh aufgrund des massiven Corona-Ausbruchs in den Tönnies-Fleischfabriken der Fall war, soll es genug Puffer im Spielplan geben.
Das erklärt Ingo Goessgen vom BLA, der auf zahlreiche eingeplante Nachspieltermine verweist. Grünes Licht für den Neustart wird es aber erst dann geben, wenn die Kontaktsportbeschränkungen in den letzten Bundesländern gefallen sind und auch Wettkampf unter Vollkontakt erlaubt ist. Sollte sich dies verzögern, muss auch der Bundesliga-Start weiter in den Herbst verschoben werden.
Colin Grzanna jedenfalls, DRV-Cheftrainer Athletik & Medizin ist im Gespräch mit TR "vorsichtig optimistisch" mit Blick auf den angedachten Ligastart im September. Grzanna ist beim DRV für die Corona-Maßnahmen zuständig und hält einen Start nach Plan derzeit für realistisch.
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