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WM-Quali-Chaos: Aufstand in Südamerika, Adler ohne Chance auf Frankreich 2023
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Freitag, 12. Juni 2020

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Das Länderspiel letzten Herbst gegen die Niederlande war quasi schon die WM-Quali für unsere Adler, ohne dass dies von Rugby Europe kommuniziert worden wäre. Foto (c) Kessler

World Rugby hatte erst am Montag dieser Woche verkündet, wie der Quali-Prozess der bereits in drei Jahren und drei Monaten beginnenden WM ablaufen soll (TR berichtete). Doch die Verlautbarung des Weltverbands ließ am Ende fast ebenso so viele Fragen offen, wie sie Antworten gab. Dazu ist man in Südamerika mit einer der minimalen Änderungen des Qualifikationsprozesses alles andere, als zufrieden. Unsere Adler haben nun auch theoretisch keine Chance mehr auf eine Qualifikation.

Für die WM 2019 hatten die USA und Kanada den nordamerikanischen Platz noch direkt ausgespielt. Verlierer Kanada musste dann gegen Südamerikas beste Mannschaft Uruguay antreten und bekam nach der Niederlage die zweite Chance im Repechage-Turnier. Um Süd- und Nordamerika gleiche Chancen einzuräumen, machte World Rugby die Americas Rugby Championship nun zum Quali-Wettbewerb.

Damit sollten Kanada, die USA, sowie vier weitere südamerikanische Teams direkt um zwei WM-Tickets, sowie einen verbleibenden Repechage-Platz spielen. Für Südamerika eigentlich ein Gewinn, könnten so im Zweifel doch zwei oder gar drei Teams das Frankreich-Ticket lösen. Jedoch stellt man sich in Südamerika nun quer und fordert jeweils einen direkten Platz für Nordamerika und Südamerika, um garantiert einen Teilnehmer für Frankreich 2023 zu stellen.

Jetzt stellt Südamerika-Rugby-Präsident Sebastián Piñeyrua aber das gesamte Konzept Americas Rugby Championship in Frage und spekuliert in einem Zeitungsinterview über Alternativen. Das 2016 aus den Angeln gehobene Turnier, das parallel zu den Six Nations ausgetragen wird, galt eigentlich bisher als Erfolgsmodell. Jedoch scheint die Atmosphäre zwischen den südamerikanischen Rugby-Funktionären und World Rugby aktuell vergiftet - der Argentinier Agustin Pichot war bei der Wahl zum World-Rugby-Präsidenten knapp an Amtsinhaber Bill Beaumont gescheitert.

Qualifikation aus Europa: Keine Playoffs mehr zwischen Divisionen

Der Qualifikationspfad aus Europa wurde derweil weder auf der Rugby-Europe-Webseite, noch auf der Webpräsenz des Weltverbands genau beschrieben. Lediglich, dass die Wertung der 2021er- und 2022er-Ausgabe der Rugby Europe Championship als Qualifikations-Kriterium herangezogen werden.

Wir hatten am Dienstag noch anhand der bisherigen Regelung für die letzten beiden World Cups spekuliert, dass es ein Playoff-Spiel zwischen den einzelnen Staffeln geben werde, auch damit jedes europäische Team zumindest eine theoretische Chance auf den World Cup hat. Wie im Jahr 2018, als Deutschland als Championship-Zweiter gegen den Trophy-Gewinner Portugal in Heidelberg beim Playoff-Spiel 16:13 gewann, und so gegen Samoa antreten durfte.

Seitdem hat uns aber Klaus Blank, Ex-DRV-Präsident und aktuell Mitglied im Rugby-Europe-Council, kontaktiert und den Prozess klargestellt. Blank erläutert, dass die Playoff-Spiele zwischen den vier EM-Ebenen von Rugby Europe in diesem WM-Zyklus weggefallen sind, da die Spielzeiten Jahr für Jahr und nicht mehr in einer Zwei-Jahres-Gesamtwertung gezählt werden und so eine Qualifikation von der untersten Ebene in angemessener Zeit möglich sei. World Rugby betont weiterhin, dass alle 102 vollwertigen Mitgliedsländer eine Chance auf die Qualifikation für den World Cup haben.

Theoretisch ist dies durchaus noch der Fall: Als Mitglied der Rugby Europe Conference 2 - wie beispielsweise Serbien, Österreich, Türkei oder Dänemark - hätte man also den ersten von drei Aufstiegen in Folge im Frühjahr 2018 erreichen müssen, um 2021/2022 in der Rugby Europe Championship zu konkurrieren und dort unter die Top drei Teams zu kommen. Das wäre aus Europas vierter EM-Ebene der schnellstmögliche Weg, um das Ticket für Frankreich 2023 zu lösen.

Da unsere Adler aber bis zum kommenden Jahr nicht mehr in die Championship aufsteigen können, ist die sowieso nur theoretisch vorhandene Chance auf die WM-Teilnahme damit schon obsolet. Die Spiele der abgebrochenen EM-Saison waren demnach schon die WM-Quali, ohne das dies durch Rugby Europe kommuniziert worden wäre. Lediglich die Trophy-Teams Niederlande und Schweiz haben, sofern die Rugby Europe Trophy noch zu Ende gespielt wird und das Auf- und Abstiegsspiel mit dem Letzten der Championship noch stattfindet, eine Chance auf das WM-Ticket.

Dank der mangelhaften Informationspolitik von Rugby Europe und World Rugby, dürfte aber vielen Teams 2018 noch gar nicht bewusst gewesen sein, dass man bereits um das WM-Ticket 2023 spielt. Klaus Blank jedenfalls gibt gegenüber TR zu, selbst noch Mal in internen Dokumenten nachgeschaut zu haben, um den Prozess richtig wiedergeben zu können.  

Blank kritisiert im TR-Gespräch darüber hinaus auch einen weiteren Aspekt der Gesamtkonstruktion WM-Quali. Den Pazifik-Teams werde der rote Teppich quasi ausgerollt. Fidschi ist als Gruppendritter in Japan bereits qualifiziert, entweder Samoa oder Tonga wird im direkten Duell die Quali schaffen und der Verlierer aus diesem Duell hat weitere zwei Chancen: Erst im Playoffspiel gegen das beste asiatische Team und sofern dieses verloren werden sollte im Repechage-Turnier.

Die Frage ob diese vermeintliche Vorzugsbehandlung auch mit der Loyalität der Pazifik-Nationen in der Abstimmung für die World-Rugby-Präsidentschaft zu tun hat, stellt sich einigen Beobachtern. Immerhin hatten Fidschi, Samoa und Ozeanien den Amtsinhaber Beaumont unterstützt, obwohl Herausforderer Pichot den kleinen Rugby-Nationen mehr Chancen versprochen hatte.

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