Simon Cooper kämpft den wohl letzten Kampf seines Lebens. Bei Cooper, der 2004 Rugby League nach Deutschland brachte, wurde bereits im Jahr 2016 im Alter von nur 43 Jahren Blutkrebs diagnostiziert. Laut Aussage seiner Ärzte bleiben ihm mittlerweile nur noch wenige Monate zu leben. Für den in Halifax aufgewachsenen Sohn eines Hamburgers, der noch 2015 auf dem Rugbyplatz stand und mit Deutschlands League-Auswahl als Dritte-Reihe-Stürmer Erfolge feierte, war es eine niederschmetternde Diagnose. Doch diese hielt ihn nicht davon ab, weiter an seinem Lebenswerk zu arbeiten: Die 13er-Variante des Rugbysports nach Deutschland zu bringen.
Die Diagnose traf Simon Cooper wie ein plötzlicher Tiefschlag. Multiples Myelom, Blutkrebs - eine nicht heilbare Krebserkrankung, deren Verlauf durch Behandlung lediglich hinausgezögert, aber nicht besiegt werden kann. Jahre der Chemo-Therapie, ein signifikanter Gewichtsverlust, Knochenbrüche und mehrere Phasen im Rollstuhl sollten für den Familienvater folgen.
Weggefährten, wie Mitspieler Sebastian Peter oder Trainer Bob Doughton beschreiben Cooper als leidenschaftlichen Menschen, auf wie neben dem Platz und loben nicht zuletzt seinen unbändigen Kampfgeist, der ihn zuletzt auch durch die ganz schweren Monate getragen hat. Doughton lobt Coopers bemerkenswerten Willen und auch Peter beeindruckt Coopers Einstellung: „Er hat einfach dieses Feuer in sich und er konnte es sowohl als Mitspieler, als auch als Trainer immer rüberbringen.“
Cooper stammt gebürtig aus Halifax, einer Rugby-League-Hochburg im Norden Englands, hatte aber bereits in seiner Kindheit durch seinen Hamburger Vater, sowie seine deutschen Großeltern mütterlicherseits immer eine enge Bindung an Deutschland. Wie die Ironie des Schicksals es wollte, wurde Cooper in den letzten Jahren im Hamburger Klinikum Eppendorf behandelt. Genau dort, wo sein Vater 1944 das Licht der Welt erblickte.
Im Rugby League ist die WM das wichtigste Event und Coopers Vision ist ein deutsches Team beim World Cup
In Halifax mit der League-Leidenschaft großgeworden
In der Coopers Heimatstadt Halifax ist Rugby League und der dortige Rugby League Football Club der Stolz der Stadt, noch vor dem von dort stammenden Sänger Ed Sheeran. Vier englische Meisterschaften und fünf Challenge-Cup-Titel im Wembley-Stadion feierte der meist nur „Fax“ genannte Klub Halifax RLFC - es war also kein Wunder, dass Simon Cooper früh mit dem League-Virus infiziert wurde und er den Kampf um das ovale Leder in der 13er-Variante aufnahm.
Nachdem Cooper bereits zu Schulzeiten nur als der Deutsche bekannt war, zog es ihn als jungen Erwachsenen nach Bayern, wo er 12 Jahre lang lebte. Mit ihm kam die Leidenschaft für Rugby League in den Süden, nach München und Bad Reichenhall - Coopers Anstrengungen den Sport zu etablieren begannen. Er gründete den Rugby-League-Verband im Jahr 2004. Erste Versuche auf dem Feld erfolgten mit bayerischen Union-Vereinen, deren Spieler den Sommer über die League-Variante trainierten.
Eine für beide Rugby-Varianten vorteilhafte Konstellation, wie Cooper selbst gegenüber TR erklärt: „Ich hatte das Glück mit einigen Union-Trainern und Spielern zusammenzuarbeiten, die einer Kooperation offen gegenüber standen. So hatten wir das ganze Jahr über Rugby-Spielbetrieb - die wichtigsten Fähigkeiten, Passen, Tacklen und Laufen sind ja sowieso die gleichen. Beide Varianten können voneinander profitieren!“ Da League in Europa den Sommer über gespielt wird, ergänzen sich beide Varianten kalendarisch.
Aufbau der Nationalmannschaft, Guiness-Rekord mit dem Keinhorst-Brüdern
Der nächste logische Schritt war für Cooper der Aufbau einer Nationalmannschaft, deren Spieler und später einmal Trainer er selbst werden sollte. Er war die treibende Feder, organisierte Gegner, Sponsoren und Plätze, trommelte in Deutschland talentierte Spieler zusammen und kontaktierte deutschstämmige Spieler in Großbritannien und formierte so eine schlagkräftige Truppe.
Seit diesen frühen Tagen ist der Name Keinhorst untrennbar mit der deutschen 13er-Auswahl verbunden. Gleich vier Keinhorst-Brüder liefen im Jahr 2007 Seite an Seite in Prag gegen Tschechien mit dem Adler auf der Brust auf - mit einem deutschen Vater im Rugby-League-Kernland im Norden Englands großgeworden, schafften es die Keinhorst-Brüder damit nicht nur ins Guiness-Buch der Rekorde, sie bildeten auch jahrelang das Rückgrat des Nationalteams.
Die Anfänge: 2005 stand Verbandsgründer Cooper mit drei der Keinhorst-Brüder in Rotterdam auf dem Feld.
Jimmy Keinhorst, der es 2015 als Profi bei den Leeds Rhinos bis zum Super-League-Titel vor 73.500 Zuschauern im Old Trafford von Manchester gebracht hat, erinnert sich im Gespräch mit TR: „Ich traf Simon das erste Mal in Rotterdam im Jahr 2005, als drei meiner Brüder mit ihm das allererste Spiel für Deutschland absolviert haben. Damals waren einige von uns auf dem Weg noch in einen Autounfall verwickelt - 2007 habe ich dann in Prag mit gerade Mal 17 erstmals mit ihm für Deutschland gespielt.“ „Simons Enthusiasmus und seine Leidenschaft für Rugby League sind bewundernswert - jeder der in Deutschland mit League verbunden ist, hat einen Freund in Simon“ wie Keinhorst weiter betont.
Jimmy Keinhorst, Weggefährte Coopers und Deutschlands bester League-Spieler
Der größte Erfolg gegen Wales
Simon Cooper stehe sinnbildlich dafür, wie viel man mit der Liebe für den Sport erreichen kann, so das Urteil Keinhorsts, der auch für Deutschlands Fünfzehner-Auswahl in der Union-Variante und den Heidelberger RK auflief. Keinhorst war auch am wohl größten Erfolg des Teams beteiligt, bei dem Cooper als Coach an der Seitenlinie stand. Im Oktober 2017, da hatte Cooper bereits die niederschmetternde Krebs-Diagnose erhalten, gewann das deutsche Team einen Thriller in Wales und besiegte die dortige A-Nationalmannschaft Dragonhearts mit 38-34.
„Damals hatten wir Spieler mit deutschen Vorfahren auf den Schlüsselpositionen, stell dir vor wir erreichen so etwas lediglich mit Spielern, die ihr Rugby in Deutschland erlernt haben“, so Cooper gegenüber TR. Seine Vision für das Team, das seine einheimischen Spieler aktuell aus vier Vereinen zieht, ist ambitionierten Spielern hierzulande Entwicklungswege aufzuzeigen. „Spieler und Teams weiterzuentwickeln ist für mich der größte Antrieb“, so Cooper. Das Höchste aller Gefühle ist auch im League der World Cup, den es sogar schon länger gibt, als im Rugby Union.
Regelmäßige Länderspiele sind ein Verdients der jahrelangen Arbeit Coopers
Einer von Coopers Weggefährten, seitdem er aufgrund einer beruflichen Veränderung seiner Frau in die Nähe von Hamburg zog, ist Bob Doughton. Der Engländer teilt wie Cooper die Vision von der WM-Qualifikation des deutschen Teams - doch zunächst wollen beide mehr Vereine in Deutschland etablieren. Mit Hilfe einiger deutschstämmiger Profis in England, wie Jimmy Keinhorst und Kapitän Brad Billsborough, hält Cooper die Qualifikation beim übernächsten World Cup für möglich.
Für ihn selbst ist die Rugby-League-WM 2025 ein wahrscheinlich zu weiter Weg. Eine Reihe seiner Trikots und andere Andenken hat Cooper schon an seinen Weggefährten Doughton übergeben, der sie eines Tages mit weiteren Memorabilia über den Sport in Deutschland ausstellen will und schon heute den neugeschaffenen Pokal-Wettbewerb für deutsche Klubs Cooper Cup getauft hat. „Aufgeben ist keine Option“, so Cooper Ende März auf Twitter: „Der Krebs tut sein bestes, um mich kleinzukriegen, aber ich weigere mich Kleinbei zu geben“
In diesen schweren Tagen, die durch die Corona-Pandemie für Cooper noch verkompliziert werden, sind der Sport und seine Familie die beste Ablenkung. Seine Frau Katharina und Tochter Lottie sind an seiner Seite und bieten ihm die nötige Unterstützung. „Wir haben als Familie so viel durchgemacht, alle Emotionen. Ich frage mich manchmal, wie ich weitermachen kann. Aber dann versuche ich mich auf meine Familie und den Sport Rugby League zu fokussieren, jeden Tag aufs Neue.“
Cooper betont gegenüber TR, wie wichtig die Arbeit die Arbeit des Bundesverbandes Myelom und der deutschen Knochenmarkspender-Datei sei. Spenden an beide Organisationen sind unter den folgenden Links möglich: DKMS / Myelom Deutschland