USA Rugby, wie hier mit dem erfolgreichen Siebener-Team, wähnte sich auf dem Vormarsch, muss nun aber Insolvenz anmelden. Foto (c) Perlich
Die Corona-Epidemie hat die Welt des Rugbys weiter komplett im Griff und die Hiobsbotschaften nehmen nicht ab. So musste der amerikanische Rugby-Verband USA Rugby am späten gestrigen Abend Insolvenz anmelden, will aber eine Restrukturierung wagen und hofft auf die Kooperation der Geldgeber. Wie weit man im ovalen Universum noch von Normalität entfernt ist, kann man dieser Tage in Cardiff sehen - das wohl schönste Rugby-Stadion der Welt wird in ein Behelfs-Krankenhaus umgewandelt, um das strapazierte britische Krankenhaus-System zu entlasten.
Vom Hoffnungsträger zum Sorgenkind
Die Vereinigten Staaten waren für World Rugby seit Jahren ein vielversprechender Wachstumsmarkt, in den der Weltverband kräftig investierte. Die Leistungen des amerikanischen Siebener-Teams mit den Superstars Perry Baker und Carlin Isles auf der World Series, der erfolgreiche Start der amerikanischen Profi-Liga MLR und die ausverkauften Gastspiele der All Blacks in großen NFL-Stadien - all dies befeuerte die Phantasie der World-Rugby-Entscheider in Dublin, der größte Sportmarkt der Welt sollte vom ovalen Ballsport erobert werden.
Doch bereits kurz nach der WM schien sich der US-Verband in schweren finanziellen Turbulenzen zu befinden, nachdem bereits 2018 ein Verlust von 4 Millionen Dollar eingefahren wurde. Die Vorbereitung auf die Rugby-WM 2019 in Japan war äußerst kostspielig und im Endeffekt 900.000 US-Dollar teuerer als vorher budgetiert - schlussendlich konnten die US-Amerikaner dennoch keines ihrer vier Gruppenspiele im Land der aufgehenden Sonne für sich entscheiden. Dazu seien nun Ausfälle von Sponsoren-Geldern zu verzeichnen gewesen, welche die Situation des Verbandes, der die Aktivitäten von über 130.000 registrierten Spielern organisiert, nur noch verschlimmert haben.
Gestern Abend nun hat das Präsidium des US-Verbands einstimmig für den Antrag auf eine Insolvenz nach „Chapter 11“ gestimmt, da "finanzielle Herausforderung durch die Corona-Krise noch drastischer geworden sind", wie USA Rugby in einem offiziellen Statement verkündet. Diese besondere Form der Insolvenz im US-Recht soll dem zahlungsunfähigen Unternehmen die Möglichkeit zur Sanierung bieten und eine endgültige Liquidierung abwenden. Gläubiger müssen ihre Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einstellen und das Unternehmen erhält eine Art Galgenfrist zur Reorganisation der Schulden unter Aufsicht eines speziellen Insolvenzgerichtes. Große Firmen, wie General Motors und American Airlines sind bereits Restrukturierungen nach Chapter 11 gelungen und haben danach wieder Gewinne eingefahren.
Zunächst soll das Verfahren keinerlei Auswirkungen auf den Spielbetrieb der US-Nationalteams haben, die nach der Corona-Pause weiterhin antreten sollen. Man werde, so die offizielle Verlautbarung von USA Rugby, den Restrukturierungsprozess in enger Abstimmung mit dem Weltverband World Rugby durchführen. Dieser wird dem Verband laut einer Meldung von Associated Press auch mit Krediten unter die Arme greifen.
Damit könnte World Rugby allerdings einen Präzedenzfall schaffen und Begehrlichkeiten anderswo wecken. Denn selbst der als finanziell gesund geltende neuseeländische Verband beantragt in diesen Tagen finanzielle Hilfe vom Staat. Australiens Rugby-Verbands-Präsidenten Castle rechnete der Presse heute vor, dass der Ausfall der laufenden Saison mit über 120 Millionen australischen Dollarn zu Buche schlagen würde und man deshalb 75% der Angestellten des Verbandes in unbezahlten Urlaub schicken muss.
Das Principality Stadium von Cardiff wird zur Notfall-Klinik
Nachdem bereits letzte Woche die Heimat des walisischen Profi-Teams Scarlets zu einem Behelfs-Krankenhaus umgebaut wurde, um 500 zusätzliche Betten für das walisische Gesundheitssystem zu schaffen, geschieht nun dasselbe mit dem Principality Stadium. Der walisische Rugby-Tempel, in dem das WM-Finale 1999 stattfand, soll temporär bis zu 2000 Patienten in der Hauptstadt Cardiff beherbergen.
Für viele ist es das schönste Rugby-Stadion der Welt - nun wird das Principality Stadium zum Behelfs-Krankenhaus in der Corona-Krise
Da, wo Wales noch vor gut einem Monat gegen Frankreich bei den Six Nations spielte, sollen nun im Bauch des Stadions von der globalen Pandemie betroffene Patienten unterkommen. Hintergrund: Das britische Gesundheitssystem gilt seit Jahren als unterfinanziert und hat im Vergleich westlicher Industriestaaten erheblich weniger Krankenhaus- und Intensiv-Betten. Um vor der anstehenden Welle an Corona-Patienten gewappnet zu sein, wird beispielsweise in London auch ein Messezentrum zur temporären Klinik umgebaut.
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