Wird Frankfurt seinen Titel verteidigen können? Foto (c) Seufert-Chang
Noch ist das Ende der durch die Coronavirus-Pandemie bedingten Ausgangs- und Versammlungsbeschränkungen im Land noch nicht abzusehen. An einen Rugby-Spielbetrieb, ja noch nicht Mal an Training ist aktuell zu denken. Dennoch stellt sich den Liga-Verantwortlichen die Frage: Wie soll es mit der Saison weitergehen, sobald aus gesundheitlihcer Sicht wieder an einen Spielbetrieb zu denken ist? Wir haben uns mit Bundesliga-Ausschuss-Vize Ingo Goessgen über mögliche Szenarien unterhalten.
In England hat die Rugby Football Union konsequenterweise einen Schlussstrich gezogen und die laufende Saison komplett eingestellt. Das gilt für alle Ligen von der untersten bis hoch zur zweitklassigen semiprofessionellen Championship, deren Sieger in die Premiership aufsteigt. Die Premiership wiederum soll Stand heute weitergespielt werden, sobald es die Umstände wieder zulassen - nicht zuletzt, da sonst massive Ausfälle an TV-Geldern drohen, die Vereins-Pleiten zur Folge hätten.
Nach Liga-Abbruch in England: Wie regelt man Auf- und Abstieg?
Das Problem der Auf- und Abstiegs-Regelung hat der Verband aber bisher ungeklärt gelassen. Eine Lösung soll im April bekanntgegeben werden, wobei Auf- und Abstieg Stand heute explizit nicht ausgesetzt werden sollen. Das führt aktuell in der bereits weitestgehend professionellen Championship dazu, dass die Newcastle Falcons sich trotz 18 Zählern Vorsprung auf den engsten Verfolger Ealing und trotz deutlichem Hinspielsieg zu Gast bei Hauptkonkurrent Ealing ihrer Sache nicht sicher sein können. Der Londoner Stadtteilklub Ealing drohte dem Verband zuletzt gar mit rechtlichen Konsequenzen, sollte dieser die Falcons durchwinken. Eine öffentlich über die Medien ausgetragene Schlammschlacht hält seitdem an.
Derlei Konflikte könnten uns auch in Deutschland bevorstehen, obwohl es hierzulande im Rugby nicht um Millionen-Beträge geht. Aber je nachdem, welches Modell schlussendlich zur Anwendung kommen könnte - es wird am Ende Verlier und Gewinner geben. Zunächst aber ist die wichtigste Frage: Wann kann der Spielbetrieb überhaupt wieder aufgenommen werden? Die strengsten Maßnahmen, die Bund und Länder gemeinsam verabschiedet haben, sind zunächst für die kommenden drei Wochen angesetzt.
Doch selbst wenn sich das öffentliche Leben danach Schritt für Schritt normalisieren sollte, vorausgesetzt die Zahl der Neuinfektionen hat bis dahin signifikant abgenommen, wäre der Sport sicherlich nicht der erste Bereich, in dem wieder Business as usual herrscht. Denn während in Schulen, Universitäten und Restaurants gewisse Hygiene- und Abstands-Regeln beachtet werden können, ist dies im Sport und speziell im Kontaktsport Rugby unmöglich.
Von daher müssen sich die Rugby-Spieler in Deutschland sicherlich noch auf eine längere Pause einstellen. Sollten Ligaspiele wieder denkbar sein, werde man den Teams mindestens ein paar Wochen geben, um wieder daraufhin zu trainieren, wie Ingo Goessgen gegenüber TR erläutert. Der Präsident des RK 03 Berlin, der gleichzeitig auch im Bundesliga-Ausschuss über die weitere Liga-Planung bestimmt, will die Entscheidung über die Wiederaufnahmen in enger Abstimmung mit den Vereinen treffen.
Drei mögliche Szenarien: Abrruch, Fortsetzung im Sommer oder Doppel-Saison
Aktuell seien drei Szenarien am wahrscheinlichsten, wie Goessgen erläutert. „Unser worst case ist, dass wir sagen müssen Haken dahinter, wir beenden die Saison und machen im September weiter“ - in diesem Fall werde man die Ligazusammensetzung beibehalten, also Auf- und Abstieg aussetzen. Das wäre für einige abstiegsbedrohte Teams wie Odin/Döhren und den RK Heusenstamm sicherlich eine willkommene Nachricht. Ambitionierte Zweitligisten wiederum, allen voran Offenbach, würden sich um ihre Chancen betrogen fühlen.
Sollte sich die Corona-Entwicklung wider Erwarten doch bereits früher bessern, wäre auch eine Fortsetzung der laufenden Saison den Sommer über denkbar. Im Oberhaus wären bei sechs verbleibenden regulären Runden, plus Halbfinale und Finale, ganze zwei Monate dafür nötig. Der Spielbetrieb müsste demnach spätestens Ende Mai wieder aufgenommen werden, um so verfahren zu können.
Die dritte und wohl ungewöhnlichste Option wäre, die laufende Saison im Herbst fortzusetzen und die Hinrundenergebnisse mit zwei weiteren Spielrunden zu kombinieren. So müsste man die bereits erzielten Ergebnisse nicht abschreiben und hätte wohl genug Zeit, um den Ligastart wie gewohnt im September durchführen zu können. Doch auch in diesem Szenario müssten Auf- und Abstieg in diesem Sommer ausgesetzt werden.
Das Rugby-Jahr 2020 abzuschreiben, oder die Rückrunde im Herbst auszuspielen und so die neue Saison im Frühjahr 2021 zu starten und das System auf das Kalenderjahr umzustellen, ist wohl aktuell kein Thema im Bundesliga-Ausschuss.
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