Ein letztes Mal Six Nations, ein letztes Mal internationales Rugby. Foto (c) Kessler
Cardiff, 74.000 Zuschauer unter dem Dach der wohl schönsten Rugby-Arena, die walisische Hymne Wlad Fy Nhadau, am Samstag ist es Zeit für Six Nations. Für einen Rugby-Fan könnte es kaum ein schöneres Szenario geben. Sportlich geht es um nicht mehr viel - Schottland hat nur noch theoretische Chancen auf den Titelgewinn, Titelverteidiger Wales gar keine. Doch das Duell in der walisischen Hauptstadt könnte das letzte große Länderspiel sein, nicht nur in Europa. Genießt es, bevor es in die vermutlich ganz lange Pause geht.
Wales - Schottland Samstag 14. März 15:15, Principality Stadium Cardiff (Live bei ProSieben Maxx / DAZN)
Die wichtigste Info vorneweg: Stand Freitag Früh wird das Six-Nations-Duell Wales gegen Schottland am Samstag ausgetragen und zwar mit Zuschauern. Dies hat der walisische Gesundheitsminister auf einer Pressekonferenz betont. Zwar sind auch in Großbritannien knapp 600 Fälle des Coronavirus entdeckt worden, jedoch erst 25 davon in Wales. Dazu werde man zusätzliche Hygiene-Stationen im Stadion bereithalten. Gesundheitsminister Vaughan Gething betonte, aus medizinischer Sicht gäbe es keinen Grund für eine Absage.
Angesichts der Tatsache, dass heute der Pro-14-Spielbetrieb eingestellt wurde, in Irland wie vorgestern bereits in Deutschland alle Vereinsspiele abgesagt wurden, die Champions-Cup-Viertelfinalspiele Anfang April mehr als fraglich sind und auch in den Ländern der Südhemisphäre mehr und mehr COVID-19-Fälle bekannt werden, könnte dieses Spiel ein letztes Hurra des internationalen Rugbys vor einer langen Pause sein.
Sportlich geht es zunächst zumindest mit Blick auf die Six-Nations-Gesamtwertung um wenig. Schottland hat theoretisch noch Siegchancen - doch dazu müsste den Bravehearts in Cardiff gewinnen, was ihnen seit 2002 nicht mehr gelungen war, natürlich mit Bonuspunkt. Irland müsste Frankreich schlagen und dann gegen Italien verlieren - die Azzurri müssten dann noch Vizeweltmeister England schlagen. Kein Wunder, dass die Wettquote auf einen schottischen Gesamtsieg aktuell bei etwa 1/150 liegt.
Die Waliser wiederum wollen ihren Fans zumindest einen versöhnlichen Abschluss bieten, nach einem durchwachsenem Six-Nations-Turnier. Aus neutraler Sicht ist deshalb zu hoffen, dass sich ein offenes und ansehnliches Spiel entwickelt. Wales hatte zuletzt versucht mehr und mehr mit dem Ball zu versuchen, expansiver zu spielen, dabei aber defensive Schwächen offenbart. Anders die Schotten, die sich in die gegenteilige Richtung entwickelt haben, damit aber erfolgreich waren.
Ohne den Zauberer Finn Russel auf der Zehn, der auch weiterhin nicht für Schottland auflaufen wird, haben die Schotten sich auf einen einfacheren Gameplan mit mehr Boxkicks und weniger Risiko beschränkt. So bleibt die größte Waffe der Gäste ihre Konterstärke über Schluss Stuart Hogg. Nach dem Sieg über Frankreich dürften die Bravehearts zudem mit etwas mehr Selbstbewusstsein auflaufen.
Coach Gregor Townsend hat deshalb zumindest an der Hintermannschaft nichts geändert und im Sturm lediglich den formstarken Hakler Stuart McInally ins Team gebracht, der schon gegen Frankreich nach seiner Einwechslung punktete. Magnus Bradbury ersetzt den kranken Nick Haining. Auch unter dem Dach der Cardiffer Arena dürfte ein ähnliches Spiel der Schotten zu erwarten sein.
Wie sich Wayne Pivac den neuen Spielstil seiner Waliser vorstellt, konnte man bei diesem großartigen Versuch gegen England sehen
Wales-Coach Wayne Pivac würde seinem Team ein „ordentliches Turnier“ attestieren, sollte man gegen Schottland gewinnen. Die zwei späten Versuche gegen England und das schlussendlich knappe 30-33 Ergebnis konnten über die Enttäuschung nicht hinwegtäuschen. Aber in Wales will man mit Blick auf die nächste WM aufbauen und sich spielerisch weiterentwickeln. In Ansätzen, wie beim spektakulären Versuch von Justin Tipuric gegen England, waren da schon Fortschritte zu sehen. Mehr Wert auf die individuellen Fähigkeiten und kein taktisches Korsett, wie unter Vorgänger Gatland, so das Motto des Neuseeländers Pivac.
Die große Gefahr aber ist, dass Wales bis zum Herbst aus den Top acht der Weltrangliste herausfällt. Nach den November Internationals werden nämlich bereits die Gruppen für die kommenden WM ausgelost und sollte Wales, aktuell sechster, noch auf Rang neun abrutschen, würde das Team bei der WM in Frankreich in einer Todesgruppe mit zwei weiteren Top-Teams landen. Schottland, aktuell Achter, hat dasselbe Problem.
Dennoch gibt es vier Änderungen im Wales-Team - WillGriff John gibt auf der Drei sein Debüt, Gedrängehalb Tomos Williams wird durch Toulon-Rückkehrer Rhys Webb ersetzt, die wiedergenesenen Cory Hill und Wyn Jones kommen in den Sturm. Alun Wyn Jones wird in seinem 148. Länderspiel den Rekord von Richie McCaw einstellen. Ein Meilenstein für die lebende Wales-Legende. George North bleibt trotz Befürchtungen um seinen Gesundheitszustand im Team.
TotalRugby-Prognose: Ein letztes Hurra vor der Rugby-freien Zeit. Das erhoffen sich die Fans der Six Nations und ganz besonders die 74.000, die am Samstag Nachmittag in Cardiff das wohl schönste Rugby-Stadion der Welt wieder restlos füllen werden. Der walisische Verband musste sich viel Kritik anhören, man gehe ein zu großes Risiko ein. Das scheint aufgrund der stark ansteigenden Fallzahlen des Coronavirus in Großbritannien durchaus der Fall zu sein. Zumal es sportlich um nicht mehr viel geht. Rugby-Fans haben zumindest noch ein Mal die Chance den schönsten Sport der Welt zu sehen. Wales wird daheim mit über 70.000 im Rücken mit einem Hurra in die Pause gehen und mit +11 gewinnen.
Die Spiele Italien-England, sowie Frankreich-Irland sind aufgrund des Coronavirus abgesagt und sollen aller Vorausicht nach im Oktober nachgeholt werden.