Drei TR-Thesen zum Wolfpack-Triumph in Vina del Mar
Geschrieben von TotalRugby Team
Montag, 17. Februar 2020
Zu immer neuen Höhen - das Wolfpack sichert sich den nächsten Triumph in Chile. Foto (c) Matias Matus Acebo
Nach dem EM-Triumph in Lodz letzten Sommer der nächste große Erfolg unseres Wolfpacks und zwar diesmal im von World Rugby ausgetragenen Challenger Wettbewerb, der den Aufstieg in die World Series entscheidet. Sportlich hat sich das deutsche Team seit dem EM-Sieg noch einmal weiterentwickelt, doch abseits des Platzes herrscht nach der Verschiebung der Hong Kong 7s noch immer Unsicherheit. Unsere Analyse des Geschehens aus der chilenischen Küstenstadt.
1. Dieses Team hat sich unter Coach McGrath noch Mal weiterentwickelt, vor allem in der Defensive
Die atemberaubende Entwicklung der deutschen Siebener-Nationalmannschaft setzt sich auch unter dem neuen Coach Damian McGrath fort. Nachdem unter seinem Vorgänger Vuyo Zangqa der erstmalige EM-Sieg im letzten Juli verbucht werden konnte, zeigt sich das deutsche Team beim ersten wichtigen Turnier unter dem Engländer, der mit Samoa und Kanada bereits zwei Nationalteams erfolgreich auf der World Series betreut hat, noch reifer und mental stärker als zuvor.
Sicherlich hilft es auch, dass Führungsspieler wie Neu-Kapitän Carlos Soteras Merz, Tim Lichtenberg, Bastian Himmer oder Fabian Heimpel mittlerweile noch Mal ein wenig mehr Erfahrung auf höchstem internationalen Niveau haben. Aber an diesem Wochenende in Vina del Mar zeigte das gesamte Team, dass es unter höchstem Druck seine Leistung abliefern kann.
Nicht nur blendete die DRV-Mannschaft die Verwirrung um den Aufstiegsmodus in die World Series komplett aus, der nach der Verschiebung der Hong Kong 7s noch nicht endgültig geregelt ist. Auch unter höchstem Druck im ersten Durchgang des Halbfinales durch die Japaner, die als Topfavorit in dieses Turnier gingen und gegen die unsere Jungs vor 1.5 Jahren eine niederschmetternde Last-Minute-Pleite im Hongkong-Finale kassierten, verteidigte das deutsche Team mit viel Herz und Willen. Immer wieder schmissen sich unsere Jungs selbstlos in die herantstürmenden Japaner.
Denn insgesamt zeigt sich das Team vor allem die Defensive, die dem Team einst in Hongkong den Spitznamen Wolfpack eingebracht hatte, noch einmal verbessert. Nur einen einzigen Versuch in 45 Minuten K.O.-Rugby ließen unsere Jungs gestern zu. Anjo Buckmans und John Dawes Stärke an den Kontaktpunkten war wohlbekannt, genauso wie Sebastians Fromms und Jaco Ottos Tackle-Stärke - doch nie zuvor hat all dies so gut zusammen in einem Defensiv-System funktioniert, wie am gestrigen Sonntag.
Sollte das deutsche Team in den wenigen Tagen bis zum zweiten Challenger-Turnier in Montevideo gut regenerieren und dann dort eine ähnliche Leistung abliefern können, stünde einem zweiten Turnier-Sieg in Folge nichts im Wege. Zu gewinnen kann zur Gewohnheit werden und die Mentalität positiv beeinflussen. Nach den letzten Erfolgen wird das Wolfpack Blut geleckt haben.
Das Finale von Vina del Mar im Re-Live
2. Japan erhielt alle Unterstützung vom Weltverband, der wohl auf das falsche Pferd gesetzt hat
Für den Weltverband World Rugby ist Japan aktuell der Zielmarkt schlechthin. Die Weltmeisterschaft im Land der aufgehenden Sonne war ein riesiger Erfolg, vor allem kommerziell. Diesen Sommer werden die olympischen Sommerspiele in Tokio stattfinden, wo Siebener-Rugby eines der meistantizipierten Events ist. Sollten die Japaner ähnlich gut abschneiden wie in Rio, als Japan nach einem Überraschungssieg über Neuseeland Vierter wurde, würde das den Rugby-Boom in der drittgrößten Volkswirtschaft der Erde nur weiter befeuern.
Kein Wunder, dass man im World-Rugby-Hauptquartier in Dublin den Japanern jede Chance einräumen möchte, sich optimal vorzubereiten. Da hat man beim Weltverband kurzerhand die seit Jahren etablierte Gast-Team-Regelung auf der World Series außer Kraft gesetzt. Auf allen vier Turnieren der Series bisher war Japan als 16. Team dabei, ohne jegliche Legitimation. Eigentlich ergänzt nämlich der jeweilige Kontinental-Champion, wie das deutsche Team, die 15 Kernteams der Series.
Nachdem Japan 2018 im Finale des Hongkong Qualifiers unsere Jungs mit der allerletzten Aktion des Spiels besiegt hatten und so in die World Series zurückkehrten, zeigte der japanische Verband wenig Interesse am Siebener-Team. Eine Reihe von Spielern um Superstar Lemano Lemeki wurden aus der Mannschaft abgezogen, um sich auf die Heim-WM im Fünfzehner vorzubereiten. Die Folge: Das japanische Siebener-Team stieg nach dem Aufstieg 2018 und nur einer einzigen katastrophalen Saison im Sommer 2019 sang- und klanglos wieder ab.
Jetzt wo die Fünfzehner-WM vorbei ist und Tokio 2020 das nächste große Ziel ist, verschiebt sich der Fokus der Japaner wieder auf die olympische Kurzform des ovalen Ballsports. So trainiert Fünfzehner-Superstar Kenki Fukuoka, der im Herbst gegen Schottland und Irland beim World Cup spektakulär aufspielte, nun mit dem Siebener-Team mit Blick auf Olympia. Die Japaner waren fast eine Woche vor den restlichen Teams vor Ort in Chile, hatten mit ihrem Challenger-Kader das World-Series-Turnier in Hamilton bestritten, aber für Sydney fast komplett durchrotiert und ihre Asse geschont - vergeblich, wie sich nach dem deutschen Sieg herausstellt.
World Rugbys Highlights in den sozialen Medien beschränkten sich am Wochenende einzig und allein auf japanische Versuche, als sei alles auf eine Krönung des Topfavoriten ausgelegt. Selbst mit all diesen Vorteilen im Rücken, reichte es für das Land der aufgehenden Sonne aber nur zu Platz drei. Ob World Rugby wohl auf das falsche Pferd gesetzt hat? Ob das deutsche Team als Europameister, wie es eigentlich etabliert war, in London und Paris auf der World Series antreten darf? Die Antworten auf beide Fragen gibt es erst in den kommenden Wochen.
3. Das letzte Wort über die Aufstiegsregelung ist noch nicht gefallen
Auch beim Turnierstart des World Rugby Challenger Series Events in Vina del Mar gab es seitens des Weltverbands noch keine verlässliche Aussage über die endgültige Regelung des Aufstiegs unter die Top 15 Teams der Welt. Natürlich sind die Umstände der Verschiebung des letzten Qualifier-Events von Hongkong unglücklich und World Rugby trifft dahingehend keinerlei Schuld. Doch bereits vorher war der Verband amateurhaft vorgegangen und hatte die Challenger Series nur zwei Monate vor Start überhaupt erst angekündigt. Dazu ist die Kommunikations-Politik in den letzten Tagen katastrophal.
Da passt es geradezu ins Bild, dass in einer offiziellen Pressemitteilung des Weltverbands die Rede von der Entscheidung im Oktober in Hongkong über den Aufstieg ist, während den Teams hinter vorgehaltener Hand mitgeteilt wurde, dass sie die beiden Turniere in Südamerika wie ein Finale angehen sollen. Auf welche Information man sich schlussendlich beruft, ist Interpretationssache. Zyniker könnten vermuten, World Rugby wird am kommenden Sonntag entschieden, je nachdem wie der Wunschkandidat Japan abschneidet.
Dabei spricht vieles dafür, den Aufstieg jetzt und nicht erst im Oktober zu klären. Denn dem späteren Aufsteiger blieben dann nur wenige Wochen, um sich auf die in Dubai im November beginnende World-Series-Saison vorzubereiten. In Sachen Trainingsplanung, Kader-Management und Logistik eigentlich viel zu wenig, speziell für einen Aufsteiger, der natürlich über weniger finanzielle und personelle Ressourcen verfügt, als die großen Teams auf der World Series.
Aus deutscher Sicht wäre eine Entscheidung am kommenden Wochenende nach dem Ergebnis von Vina natürlich vorteilhaft. Sollte Japan und unser Wolfpack ihre jeweiligen Vorrundengruppen in Montevideo gewinnen, würden sie erst im Finale aufeinandertreffen. Ein deutscher Gesamtsieg, unabhängig vom Final-Resultat, wäre die Folge.
Finale
hallo, das ist aber nicht korrekt, wenn GER und JAP jeweils ihre Gruppen gewinnen sollten und auch ihre VF, dann spielen sie im HF wieder gegeneinander und nicht erst im finale.
Februar 19, 2020
Kommentar schreiben
Du mußt angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Letzte Aktualisierung ( Montag, 17. Februar 2020 )