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Rugby und American Football: Eine komplizierte Geschichte
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Freitag, 24. Januar 2020

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Das Harvard Football Team, Ende des 19. Jahrhunderts. Das Team brachte Rugby in die USA, aus dem sich schließlich der American Football entwickeln sollte.

Am kommenden Sonntag-Abend (3. Februar, 0:30 deutscher Zeit auf ProSieben Maxx) blicken wieder einmal hunderte Millionen TV-Zuschauer in die Vereinigten Staaten, um das wichtigste Spiel des Jahres im anderen ovalen Ballsport zu schauen - darunter sicher auch einige Rugby-Anhänger hierzulande. Auch wenn das Spektakel im „Hard Rock Stadium“ von Miami nicht mehr allzu viel mit dem Rugbysport zu tun hat, haben beide Sportarten doch gemeinsame Wurzeln und noch immer genug Ähnlichkeiten, um für Fans der anderen Sportart attraktiv zu sein. Wir blicken auf die komplizierte Beziehung beider Spielarten des Ur-Footballs der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Gemeinsame Geschichte

Als die amerikanische Universität Harvard im Jahr 1874 ihr Football-Team nach Kanada zur Montrealer McGill University entsandte, um dort ein Freundschaftsspiel abzuhalten, kamen die Amerikaner erstmals mit einem Spiel in Kontakt, dass ihnen bis dato fremd war. Zur damaligen Zeit, bevor Regeln zentral von Verbänden festgelegt wurden und als Football eine Bandbreite von Spielarten beschrieb, hatten die meisten Universitäten ihre eigenen Regeln. Während diejenigen der Amerikaner aus Harvard eher dem heutigen Fußball entsprachen, spielten die Kanadier durch ihre engere Bindung an die damalige Kolonialmacht Großbritannien ein Spiel, das eher dem heutigen Rugby entsprach.

Die Amerikaner übernahmen die Regeln der McGill-Uni und spielten fortan seit dem Jahr 1875 regelmäßig Spiele unter dieser Maßgabe mit dem heimischen Erzrivalen Yale. Eines dieser Spiele beobachtete ein damaliger Yale-Student namens Walter Kemp - dieser sollte später als Vater des American Football in die Geschichte eingehen. Denn die Universitäten, die das neue europäische Football-Spiel spielten, trafen sich nun regelmäßig zu gemeinsamen Sitzungen, um einheitliche Regeln festzulegen. Kemp war bei fast allen Treffen anwesend und maßgeblich daran beteiligt, die amerikanische Football-Version immer weiter zu verselbstständigen. Bis zu seinem Tod im Jahr 1925 wurden nach und nach eingeführt: Snaps aus der Line of Scrimmage, die Downs, Blocken, sowie schließlich der Pass nach vorne.

Dieser sollte das Spiel sicherer machen. Denn US-Präsident Teddy Roosevelt hatte nach einer Reihe von Matches, die mit einer zweistelligen Zahl von Verletzungen endeten, im Jahr 1905 die führenden Vertreter mehrer Universitäten eingeladen. Das Ziel: Football sollte sicherer werden und neben der Einführung der Schutzausrüstungen, wurde der Forward Pass eingeführt, um Defensiv-Reihen ohne rohe Gewalt überwinden zu können.

Das Resultat war jedoch auch der endgültige Bruch mit dem Rugbysport. American Football als Sportart ist bis heute sehr flexibel in Sachen Regeländerungen und die Spielregeln des Sports werden weitaus häufiger, als im Fußball oder Rugby angepasst. So entwickelte sich Gridiron gänzlich anders - auf, aber auch neben dem Feld: Während Rugby lange den Amateur-Ethos hochhielt und die Bezahlung der Spieler per Statut verbot, wurde Mitte des 20. Jahrhunderts im Football bereits die Professionalisierung vorangetrieben.

Können Rugby und Football voneinander lernen?

Auch wenn sich beide Sportarten bis heute sehr weit auseinanderentwickelt haben, können Football und Rugby noch immer voneinander lernen. Seattle Seahawks Coach Pete Carroll ist der wohl prominenteste Vorreiter in dieser Hinsicht. 2013 holte er mit seinem Team den Super Bowl - ein großer Teil seines Erfolgs hing mit einem Kniff zusammen, den er sich im Rugby abgeschaut hatte. Er hatte die Rugby-Tackling-Technik genau studiert und seinen Schützlingen deshalb vermittelt mit der Schulter zu tacklen, anstatt mit dem Helm vorneweg in den Gegner zu rammen, wie es bis dato gelernt wurde. Dabei nahm er auch die Hilfe von All Blacks Coaches in Anspruch.

Die Tackling-Technik der Seahawks, inspiriert vom Rugbysport

Carroll sah die Chance für eine Revolution, die den Sport sicherer machen könnte und ließ ein Video für andere Coaches und Spieler anfertigen, das mittlerweile millionenfach angeklickt wurde. Er erklärte darin seinen NFL-Kollegen, dass die Rugby-Technik in Sachen Tackling sicherer und erfolgreicher sei. Im Rugby wird man künftig ebenso vom Football lernen können: Beispielsweise, so der Konsens, müssen Rugby-Profis aktuell viel zu viele Spiele absolvieren - die NFL-Saison beschränkt sich dagegen derweil auf 16 Saisonspiele, plus Playoffs. Das sorgt nicht nur für fittere Spieler, sondern ist auch kommerziell lukrativ, da durch die künstliche Verknappung jedes einzelne Spiel wertvoller ist.

Wechsel vom Rugby zum Football und andersherum?

Für Spieler dagegen ist der Sprung von einer ovalen Ballsportart zur anderen kein leichter. Zuletzt sind mit Christian Wade und Valentine Holmes (kam aus dem Rugby League) zwei prominente Rugby-Spieler trotz vielversprechender Anfänge mit ihren Football-Abenteuern gescheitert. Während im Football die Taktik und Schnellkraft dominiert, sind im Rugby Ausdauer und Kreativität auf dem Feld wichtiger. Unmöglich ist der Sprung jedoch nicht - Nate Ebner, der mit Rugby und Football groß geworden war, hatte es 2016 in das Siebener-Team der USA bei Olympia geschafft und danach mehrmals den Super Bowl mit den New England Patriots geholt.

Die Geschichte von Nate Ebner - Super-Bowl-Gewinner und Siebener-Nationalspieler der USA

Jordan Mailata hat es ebenso geschafft, auch wenn der 22-jährige Mann aus Down Under bisher bei seinem NFL-Team keine unumstrittene Stammkraft ist. Der Australier war im Nachwuchsprogramm der South Sydney Rabbitohs, dem Rugby-League-Klub von Russel Crowe, sah dort aber wegen seiner Größe keine Perspektive gelangte aber über einen Agenten in das internationale Nachwuchsprogramm der NFL. Coaches hatten ihn angeraten 50 Pfund abzunehmen, trotz seiner großartigen Läufe für den Rabbitohs-Nachwuchs. In der NFL wiederun, so Mailatas Agenten, wäre seine Größe gefragt.

Innerhalb von zwei Jahren stand der 2,03 Meter große und 160 kg schwere Hüne erstmals im Trikot der Philadelphia Eagles auf dem Feld und zwar als Offensive Tackle. Die Fitness-Werte des Australiers waren die besten, die die Football-Scouts bei einem Spieler seiner Größe gesehen hatten. Doch der Weg dorthin war für Mailata, der nie selbst Football geschaut hatte ein schwieriger. In der technisch anspruchsvollen Position in der Mitte def Offensiv-Linie muss zum Einen der Quarterback geschützt werden und zum anderen müssen Breschen für die Running Backs geschaffen werden. Mailata schafft mittlerweile beides immer besser und könnte mit Verletzungsglück noch 15 Jahre NFL spielen.

Die Highlights im Rugby-League-Nachwuchsteam der Rabbitohs überzeugten die Football-Scouts

Football und Rugby haben sich in den letzten 150 Jahren weit auseinanderentwickelt und Rugby wird auch in den USA in letzter Zeit wieder beliebter. Dennoch schadet es auch eingefleischten Rugby-Fans nicht, ab und an herüberzuschauen, auf den American Football, zum Beispiel an diesem Sonntag auf RAN bei ProSieben Maxx - dem Sender, der am kommenden Wochenende die Six Nations übertragt. Auch wenn die Diskussionen darüber, welcher ovale Sport der bessere ist, so schnell nicht aufhören werden.

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