Unsere TR Adler-Mannschaft des Jahrzehnts - Teil 1 - die Bank
Geschrieben von TotalRugby Team
Sonntag, 12. Januar 2020
So viel Talen auf einem Haufen - unsere acht Bankspieler der TR Adler-Mannschaft des Jahrzehnts ist gespickt mit großartigen Spielern, auf allen Positionen.
Weiter geht unser ausführlicher Rückblick auf die vor wenigen Tagen zu Ende gegangene Rugby-Dekade. Tagelang haben wir uns kontrovers mit zahlreichen Rugby-Größen aus der ganzen Republik unterhalten. In genau 72 Spielen haben zwischen 2010 und 2019 über einhundert Spieler für unsere schwarzen Adler auflaufen dürfen, aber wer würde es in das beste Team des Jahrzehnts schaffen? Herausgekommen ist unsere TR-Adler-Mannschaft der Dekade, die von 1 bis 23 mit legendären Namen besetzt ist. Dabei haben wir uns ehemalige und aktuelle Weggefährten der 23 Spieler des Teams gesucht, die euch ein wenig mehr über die besten deutschen Spieler der Fünfzehner-Nationalmannschaft der 2010er-Jahre sagen können. Im ersten von drei Teilen stellen wir euch die acht Bankspieler unseres Teams vor.
Die Ersatzbank
Nicht erst, seit England-Coach Eddie Jones nur noch von Finishern und nicht mehr von Ersatzspielern spricht, sollte auch dem Letzten vermeintlichen ovalen Experten klar geworden sein, wie wichtig die Spieler mit den Nummern 16 bis 23 für ein Rugby-Team heutzutage sind. Ohne eine hervorragend besetzte Bank, die alles von kraftvollen Ballvorträgen, Tackle-Stärke, über einen überragenden Kicker, bis hin zu einem Gasse-Experten abdeckt, kann man kein Rugby-Spieler mehr auf hohem internationalen Niveau gewinnen. Zum Glück hatten wir für unser TR Team eine dreistellige Anzahl an Spielern zur Auswahl, die seit 2010 für die schwarzen Adler aufgelaufen sind. So konnten wir von TR uns acht der besten deutschen Spieler der Dekade ausgewählt, die für unsere TR-Mannschaft auf der Bank starten.
16. Tim Coly (Hakler, Prop)
Tim Coly war zu seiner aktiven Zeit bei der RG Heidelberg und in der Rugby-Nationalmannschaft nicht nur ein absolutes Kraftpaket, sondern auch ein unumstrittener Führungsspieler und dazu noch flexibel einsetzbar. Auf seiner Stammposition Hakler war er Anfang der 2010er-Jahre mit seiner Erfahrung ein absoluter Pfeiler der DRV XV. Doch der mittlerweile im Rugby-Ruhestand als Lehrer arbeitende Coly konnte auch die anderen beiden Positionen in der ersten Sturmreihe bekleiden und das auf internationalem Niveau. In unserer TR Adler-Mannschaft des Jahrzehnts kommt Coly mit ganz viel Dampf von der Bank auf die Hakler-Position.
Mustafa Güngör (ehemaliger Gedrängehalb der RGH und Nationalmannschaft und dabei jeweils Colys Teamkollege) über Tim Coly:
Als ich als Profi nach Frankreich gewechselt bin, hatte sich Tim Coly bereits einen Namen in der Region gemacht. Man wusste, dass der deutsche Hakler hart und unangenehm zu spielen war. Ein Glück für jeden Spieler, der einem solchen Führungsspieler im Sturm hat. Tim war sich auch nicht zu schade auf Prop zu stehen, wenn es gebraucht wurde und auch da machte er es seinem Gegenüber immer hart die Duelle zu bestehen. Tim konnte aber auch in der Halbzeit, oder vor dem Spiel dafür sorgen, dass man die nötige Aggressivität bekommt. Er war einer der ersten modernen Hakler, die auch richtig gutes Rugby spielen konnten - so war er maßgeblich an den Erfolgen der RGH beteiligt.
17. Jörn Schröder (Prop)
Der aktuelle Kapitän der Fünfzehner-Nationalmannschaft ist in unserer Adler-Mannschaft des Jahrzehnts die Nummer 17. Tackle-Maschine, Gedränge-Experte und absoluter Führungspieler - Schröder war schon in ganz jungen Jahren ein absoluter Leistungsträger der Adler und ist es heute im besten Rugby-Alter von 27 Jahren mehr denn je - der Hannoveraner, mittlerweile in Diensten des HRK, ist aus der Nationalmannschaft schlicht nicht mehr wegzudenken. In unserem Adler-Team der 2010er-Jahre bringt Schröder im Schlussviertel Stabilität in die Defensive und ins Gedränge.
Julius Nostadt (Ebenso Erste-Reihe-Stürmer und seit den Jugendjahren Weggefährte Schröders) über Jörn Schröder:
Jörn ist der härteste Spieler, den ich kenne. Nicht umsonst ist sein Spitzname „der Knüppel“, weil Jörn einfach ein Schlagstock ist, der sich jedem in die Beine wirft. Ich habe selten jemanden gesehen, für den das Team so viel wichtiger als er selbst, wie das bei Jörn der Fall ist. In der letzten EM musste er sich auf die zweite Reihe stellen und hat kein Wort gesagt. Er tut alles, um für das Team da zu sein und zu spielen. Genau so ist er auch abseits des Feldes. Ich kenne ihn schon seit der Jugend und er war immer ein guter Gesprächspartner und insgesamt ein sehr sehr liebenswerter Mensch. Auf dem Feld ist er nicht durch die großen Worte ein Leader, sondern durch seine Taten, weil er einfach immer 150% gibt.
18. Samy Füchsel (Prop)
Abseits des grünen Rasens ist Samy Füchsel ein ruhiger und ausgeglichener Typ, ganz und gar nicht das, was der Berliner in Diensten von Frankfurt 1880 auf dem Feld verkörpert. Da ist er nicht nur Deutschlands aktuell bester Prop auf der rechten Seite des Gedränges - er ist auch ein knallharter Tackler und hervorragender Ballträger. Dazu taucht Füchsel auch ab und an, ungewöhnlich für einen Prop, auf Außen auf. So wie gegen Samoa, als er einen Versuch legte, den er trotz mittlerweile fast 50 Länderspielen wohl nie vergessen dürfte. In unserer Adler-Mannschaft des Jahrzehnts ist Füchsel ein wichtiger Impact-Spieler, der eine Partie mit seinen Fähigkeiten im Gedränge noch spät drehen kann.
Jörn Schröder (Selbst Erste-Reihe-Stürmer und langjähriger Weggefährte Füchsels, auf und neben dem Platz) über Samy Füchsel:
Samy ist ein sehr sehr schlauer Spieler. In der Offensive ist er ein sehr guter Ballträger und hat dazu er in der Defensive, ob beim Tackling oder in Sachen Linespeed, immer einen sehr sehr guten Job gemacht. Mir hat es immer einen riesigen Spaß gemacht, mit ihm zusammenzuspielen, in der Verteidigung neben ihm zu stehen, auch weil ich ein kleiner Mentor für Samy bin. Auch als Gedrängespieler - die Wochen, die er bei den Saracens war, da konnte er bei der Nationalmannschaft auch einiges an Input reinbringen.
Seit mittlerweile fast 50 Spielen nicht mehr aus der DRV XV wegzudenken: Samy Füchsel
19. Eric Marks (Zweite Reihe, Flanker)
Athletisch, dynamisch und spielintelligent. Der mit Abstand jüngste Spieler unserer TR Adler-Mannschaft des Jahrzehnts ist Eric Marks und er deckt als Nummer 19 von der Bank aus die Zweite-Reihe und Flanker-Position ab. Mit dynamischen Ballvorträgen, als defensivstarker Tackler und als sicherer Gassefänger ist ein Spieler von Marks Kaliber Gold wert für jedes Team - aktuell für den Pro-D2-Klub RC Vannes und so auch für unsere Mannschaft der 2010er-Jahre.
Denis Frank (TR-Chefredakteur, selbst Zweite-Reihe-Stürmer und hat Marks Entwicklung als Spieler des Aachener Rivalen Köln schon früh beobachtet) über Eric Marks:
Wenn man heutzutage mit Marks Weggefährten bei seinem Heimatklub RC Aachen über den Zweite-Reihe Hünen spricht, hört man unisono: Ausnahmslos jedem beim RCA war schon ganz früh klar, dass der großgewachsene Blondschopf ein ganz besonderes Talent ist und zu Höherem fähig. Gerade erst volljährig, lief Marks schon in der Saison 2014/2015 für Aachen in der Bundesliga auf und die Prognose seiner damaligen Mitspieler sollte sich bewahrheiten: Marks ist seinen Weg gegangen und hat sich nach seiner Akademie-Zeit in La Rochelle in dieser Saison in Frankreich als Profi beim Zweitligisten RC Vannes einen Stammplatz erarbeitet. Sein Trainingsfleiß, sein schierer Wille auf dem Platz, seine guten technischen Fähigkeiten und nicht zuletzt die knallharte Defensiv-Arbeit machen ihn aktuell zum bei weiten bestem Zweite-Reihe-Stürmer in Deutschland und bereits in jungen Jahren zu einem absoluten Führungsspieler. Und als immer noch erst 23-jähriger kann sich seine Karriere in Frankreich auch noch sehr weit entwickeln.
Eric Marks ist ein Zweite-Reihe-Stürmer moderner Prägung, wie er vor vier Monaten bei seinem Profi-Debüt in Frankreich mit dieser Vorlage beweisen konnte
20. Kehoma Brenner (Flanker)
Im Rundball schuf Jürgen Klopp einst als BVB-Trainer den Begriff Mentalitäts-Monster. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen der extrovertierte Klopp (im Übrigen laut eigener Aussage ein großer Bewunderer des Rugby-Sports) habe Kehoma Brenner gemeint. Der Heidelberger Rotschopf war nie der talentierteste, nie der größte und nie der stärkste Spieler in Rugby-Deutschland. Doch was ihm anderswo fehlte, machte „Keo“ mit eisernem Willen und einer Aggressivität wett, die ihresgleichen suchte und sucht. Ohne auch nur eine Sekunde an sein eigenes Wohlergehen zu denken schmiss sich Brenner in einen jeden Gegenspieler, ob nun im Trikot des HRK, oder wenn immer er für Deutschland spielte. So wurde Brenner in 48 Spielen für die Adler zum absoluten Publikumsliebling und darf natürlich auch in unserer TR Adler-Mannschaft des Jahrzehnts nicht fehlen. Keo kommt in Durchgang zwei von der Bank und gibt dem Team mit seiner unnachahmlichen Art noch Mal einen Ruck.
Samy Füchsel (Erste-Reihe-Stürmer und ehemaliger Mitspieler Brenners beim HRK und in der Nationalmannschaft) über Kehoma Brenner:
Es ist schon länger her, dass ich mir Keo auf dem Platz stand. Aber die Spiele mit ihm sind mir unvergesslich im Kopf geblieben und das soll was heißen. Keo war das perfekte Beispiel dafür, dass Rugby nicht nur physisch ist sondern vor allem im Kopf stattfindet. Seine mentale Stärke und Überzeugung hat ihn zu einem unglaublich starken Spieler gemacht, vor dem die Gegner eher das Weite suchten. Ich war stets fasziniert, wie er regelrecht in jedem Spiel in der Lage war, etliche Bälle an den gegnerischen Rucks für sich zu behaupten und Menschen gefällt hat, die zum Teil doppelt so groß waren, wie er.
21. Sean Armstrong (Gedrängehalb)
Antreiber, Spielmacher und speziell für seine Größe eine absolute Tackle-Maschine. Als der gebürtige Australier aus Brisbane 2008 nach Deutschland kam, hätte er sich wohl selbst nie denken können, wie heimisch er sich einmal in Deutschland fühlen würde. Jahrelang war Armstrong aus der DRV XV nicht wegzudenken und ging immer voran, wenn er mit dem Adler auf der Brust auflief. In unserer TR Mannschaft des Jahrzehnts sorgt er als Impact-Spieler für unglaublich viel Dynamik und treibt das gesamte Team noch einmal na.
Kehoma Brenner (Dritte-Reihe-Stürmer und langjähriger Weggefährte Armstrongs beim HRK und den schwarzen Adlern) über Sean Armstrong:
Eigentlich ist es ganz einfach, etwas über Seany zu sagen. Auf der anderen Seite tue ich mich extrem schwer zu beschreiben, was es für ein Gefühl ist, mit ihm zusammenzuspielen - seine Wirkung im Team, auf dem Spielfeld und auch außerhalb zu beschreiben. Auf dem Feld umgibt ihn so eine unantastbare Aura. Wenn ich mit ihm spiele, gibt es keine Zweifel, dass man nicht gewinnen könnte. Jede Bewegung ist voll von dieser Energie.
Kein Spieler, den ich kenne, steht mehr für die Werte, die unseren Sport ausmachen und die uns Rugbyspieler zu so einzigartigen Menschen machen. Integrität, Respekt, Resilience, Teamwork Disziplin. Sean hat diese Werte verkörpert dass auf dem Platz und daneben. Er ist für mich von einem Mitspieler zu Familie geworden und hat mir durch die härtesten Zeiten geholfen. Egal ob auf dem Feld oder daneben.
Seine Fähigkeiten ein Spiel zu lesen und seine Mitspieler in Szene zu setzen, sind unerreicht, sein Ballhandling auf Weltbestenniveau. Er hat das Talent in den hitzigsten Situationen eiskalt zu bleiben und dieser Finisher-Gen in sich, wie ich es von nur ein paar Spielern kenne (Musti, Caine.). Im Training ist er ein Tier und wenn du mal gesehen hast, wie Spieler wegen seiner Verteidigung vom Platz getragen wurden, bezweifelst du nicht mehr, dass er einer der härtesten Verteidiger ist mit denen ich zusammengespielt habe, trotz seiner Körpergröße und Position. Er ist unbestritten der beste Spieler, mit dem ich zusammenspielen durfte. Ich würde ihm überall hin folgen, als Leader war er uneingeschränkt das Beste was ich erleben durfte. Besonnen, gerecht, vorbildlich, agierend, aufopferungsvoll, knallhart, fordernd. Ich bin so dankbar dafür, dass er damals nicht für die Reds gepickt wurde und hierher kam!
22. Christopher Hilsenbeck (Verbinder, Schluss)
Hilsenbeck hat sich als Spielmacher in Frankreichs professioneller Pro D2 durchgesetzt. Einen größeren Qualitätsnachweis kann es für einen deutschen Zehner eigentlich gar nicht geben. Hilsenbeck ist Stratege, Kick-Künstler und von seinen Skills her vielleicht der beste deutsche Spieler der letzten zehn Jahre. Wenn immer er für das deutsche Team aufgelaufen ist, ob anfangs für die Siebener-Mannschaft oder später bei den schwarzen Adlern, hat er überzeugende Leistungen gebracht. Auch als Schluss einsetzbar, ist Hilsenbeck in unserem TR-Team ein nervenstarker Spieler, der in der Schlussphase ins Spiel kommend die Zügel an sich nimmt und das Spiel kontrolliert zu Ende bringt.
Strippenzieher als Profi in Frankreich und im DRV-Team: Chris Hilsenbeck
Raynor Parkinson (Teilte sich als Adler-Verbinder lange Jahre die Spielzeit als Zehner mit Hilsenbeck) über Chris Hilsenbeck:
Chris ist ein Klasse-Spieler! Es gibt nichts, was ich ihm nicht zutrauen würde. Ob er als 10 oder 15 aufgelaufen ist, er hat immer großartige Leistungen abgeliefert. Chris ist ein Typ, auf den du dich verlassen kannst, er macht die wichtigen Spielzüge auch unter Druck. Wie der Straftritt damals zum Sieg gegen Uruguay, oder gegen Kenia in Nairobi.
Nervenstark, auch in den entscheidenden Momenten: Verbinder Chris Hilsenbeck zum Sieg gegen Uruguay 2016
23. Carlos Soteras Merz (Innen, Außen, Schluss)
Der Stuttgarter ist in der laufenden Saison im für ihn neuen Dress der RGH bisher als Flanker aufgelaufen. Trotz seiner Tackle-Stärke und seiner Power eine ungewohnte Rolle, die er mit mittlerweile 29 Jahren dennoch bravourös erfüllt. Denn eigentlich ist Soteras Merz auf der Dreiviertelreihe daheim und zwar auf fast allen Positionen. Als Soteras Merz Anfang des Jahrzehnts erstmals für die DRV XV auflief, war das als Außen. Doch mittlerweile hat der langjährige Leistungsträger des TV Pforzheims so ziemlich jede Position von der Zehn bis zur 15 durch. Auch wenn er in den letzten Jahren weitaus mehr Zeit im Dress der Siebener-Nationalmannschaft verbracht hat, ist Soteras Merz für unsere TR-Mannschaft des Jahrzehnts ein unverzichtbarer Baustein, vor allem aufgrund seiner Vielseitigkeit.
Bastian Himmer (Siebener-Nationalspieler und dort langjähriger Weggefährte von Soteras Merz) über Carlos Soteras Merz:
Carlos ist ein sehr physischer und starker Spieler und deshalb ist es immer besser mit ihm in einem Team zu sein, als gegen ihn zu spielen. Es macht wirklich immer spaß mit ihm und er kann tatsächlich sogar ein bisschen Rugby spielen. Dafür, dass er dermaßen spät angefangen hat mit dem Rugby, macht er das eigentlich ganz gut. Dazu hat er noch den goldenen Fuß im deutschen Rugby schlechthin.
Publikumsliebling in der Siebener- und Fünfzehner-Nationalmannschaft: Carlos Soteras Merz