Dan Carter führt unsere internationale TR XV der Dekade von der Verbinder-Position aus an. Foto (c) Perlich
Nicht nur das Jahr 2019 neigt sich dem Ende, mit ihm auch eine gesamte Dekade voller Rugby. Ein Jahrzehnt, in dem sich Neuseeland zwei Mal den WM-Titel gesichert hat und deshalb wenig überraschend mit sechs Spielern auch das größte Kontingent in unserer XV der Dekade stellt. Insgesamt schaffen es nur vier Europäer, darunter kein Franzose und Engländer, in die XV.
1. Tendai Mtawarira (Südafrika)
The Beast, wie Südafrikas bester Prop der Dekade von seinen Fans ehrfurchtsvoll genannt wird, hatte in Südafrika bereits vor der letzten WM Legenden-Status. Doch wie er im WM-Finale Englands Gedränge und seine Gegenspieler Sinckler und Coles dominiert hat, ließ ihn unsterblich werden. Mtawarira ist nicht nur ein Gedränge-Monster auf der linken Scrum-Seite, er ist auch im offenen Spiel ein dynamischer Ballträger mit soliden Handling-Skills - er war einer der ersten einer neuen Generation Prop und landet so auf der linken Prop-Seite unserer TR XV der Dekade.
Einer der stärksten Spieler überhaupt und unser Loosehead Prop: Tendai "the Beast" Mtawarira
2.Dane Coles (Neuseeland)
Der Hakler, mit dem Neuseeland 2015 bis zum WM-Titel kam und der als Hurricanes-Kapitän sein Vereinsteam aus der neuseeländischen Hauptstadt bis zum allerersten Super-Rugby-Titel führte. Doch abgesehen von Titeln und Triumphen besticht Coles vor allem durch seine Art die Hakler-Position zu interpretieren: Schnell wie ein Innendreiviertel und so immer wieder Unterstützung laufend, oder in den Außen-Kanälen zu finden, als gefährlicher Angreifer - doch ebensosehr defensiv für den Gegner gefährlich als Balldieb in den Offenen, in der Manier eines Dritte-Reihe-Stürmers. Dazu vernachlässigt Coles die Hakler-Pflichten nicht und ist ein solider Akteur in den Standards.
3. Tadhg Furlong (Irland)
Er war Irlands Entdeckung des Rugby-Jahres 2016, Teil der Mannschaft die den historischen Triumph über Neuseeland in Chicago schaffte und ist seitdem aus der Start-XV der Boys in Green nicht mehr wegzudenken. Tadgh Furlong komplettiert die erste Sturmreihe unserer TR XV als Gedränge-Ass, das zudem noch im offenen Spiel unglaublich effektiv ist. Oftmals bindet Furlong mit seinen dynamischen Ballvorträgen gleich mehrere Verteidiger und ist ein weiterer großartiger Ballträger in der ersten Reihe.
Hier brauchen die All Blacks gleich vier Verteidiger, um Furlong zu Boden zu bringen
4. Brodie Retallick (Neuseeland)
Lobeshymnen auf den 2,04-Meter-Hünen gibt es zu Genüge. In mittlerweile 77 Spielen für die legendären All Blacks hat sich Retallick mittlerweile ein Denkmal gesetzt - ein großartiger Gassespringer, ein Mann fürs Grobe in den Rucks und auch Retallick kann für seine Position und Statur unglaublich viel mit dem Ball anfangen. Offloads, Dummys und perfekt getimete Pässe sind nicht unbedingt das, was man von einem internationalen Zweite-Reihe-Stürmer erwarten würde. Doch Retallick bringt all dies mit und schafft es so als der wohl beste Zweite-Reihe-Stürmer der Welt in unser Team.
Unerhörte Fähigkeiten für einen Zweite-Reihe-Stürmer: Erst der Turnover dann per Dummy zum Versuch des Jahres
5. Alun Wyn Jones (c) (Wales)
Sicherlich ist Wales-Legende Alun Wyn Jones nicht mit Retallick zu vergleichen in Sachen Fähigkeiten am Ball. Doch was so ziemlich jeder, der in einem seiner 134 Spiele für Wales und zehn für die British und Irish Lions an seiner Seite spielen durfte, unterstreicht: Sie wären ihm allesamt bis in die Hölle gefolgt. Der 1,96-Mann ist ein Anführer, der im Welt-Rugby seinesgleichen sucht. Wohl nur Paul O’Connel versprühte eine vergleichbare Aura und deshalb führt Wyn Jones unsere TR XV als Kapitän aufs Feld.
6. David Pocock (Australien)
Kein klassischer Sechser, aber dennoch extrem wertvoll für unsere TR XV. Der in Simbabwe geborene Flanker ist eigentlich ein klassischer Siebener und wohl der beste Balldieb im Welt-Rugby aller Zeiten. Der Trainings-Freak hatte zwar seine gesamte internationale Karriere lang, die er mit der WM in Japan beendete, mit Verletzungen zu kämpfen. Doch wenn er fit und auf dem Feld war, erwies sich Pocock für Gegenspieler zum Albtraum. Einmal nach dem Tackle über dem Ball, war Pocock eigentlich kaum mit legalen Mitteln vom Ball zu trennen. Die WM 2015 war wohl der Höhepunkt seiner Laufbahn, als er gemeinsam mit Micheal Hooper Australien bis ins WM-Finale führte - mit 17 Turnovern lag er damals klar an der Spitze aller Aktiven bei der WM.
7. Richie McCaw (Neuseeland)
Richie McCaw, die Legende, wohl der beste Spieler aller Zeiten und aus unserer TR XV nicht wegzudenken. Er führte Neuseeland zwei Mal als Kapitän zum Webb-Ellis Cup und absolvierte mehr Länderspiele als jeder vor oder nach ihm. 148 Mal streifte er in 14 Jahren das berühmte schwarze Trikot über. Neben den unbestrittenen Führungsqualitäten bringt McCaw dabei noch seine großartige Fähigkeiten in den Rucks hinzu. Wie unser Sechser Pocock auch, ist McCaw keine überragender Ballträger, aber dafür umso gefährlicher Balldieb. In der Defensive machte McCaw den Ball immer wieder langsam oder klaute ihn gar, während er offensiv immer wieder dafür sorgte, dass Neuseeland durch saubere Rucks sein blitzschnelles Phasenspiel aufziehen kann. Dazu war McCaw quasi unkaputtbar - selbst mit gebrochenenem Fuß spielte er das WM-Finale 2011 und führte Neuseeland zum langersehnten Titel. Das macht ihn auch für unsere TR XV so wichtig.
8. Kieran Read (Neuseeland)
McCaws langjähriger Partner in der dritten Sturmreihe schaffte es zwar zuletzt in Japan nicht, die All Blacks zum Titel zu führen. Dafür startete Read die beiden vorherigen Endspiele und war dort jeweils einer der Sieggaranten. Für unsere TR XV ist Read in mehrerlei Hinsicht wichtig: Er fungiert offensiv als Ballträger, der unsere XV über die Vorteilslinie bringt, ist mit seinen 1,93 m eine wichtige dritte Gasse-Option und teilt in der Defensive gerne harte Hits aus, nach denen unsere Doppel-Sieben sich an die Arbeit machen und Turnover holen kann.
9. Conor Murray (Irland)
Die wohl schwerste Entscheidung in unserer TR XV, war die auf der Neun. Der nach unserer Auffassung wohl kompletteste Spieler ist Conor Murray. Taktgeber im irischen Angriffsspiel und vor allem auch Stratege. Murray ist mit dem kompletten Arsenal eines guten Neuners gesegnet: Ein akkurater und blitzschneller Pass, ein perfekter Boxkick und dazu ist Murray mit dem Ball unterm Arm selbst eine Gefahr. Mit seinen 1,88 m und 95 kg hat er schon so manchen Versuch per Pick&Go selbst gelegt.
10. Dan Carter (Neuseeland)
Jahrelang der schillernde Star der neuseeländischen Mannschaft und zweifelsohne der beste Spielmacher der Dekade. Ob als gefährlicher Angreifer mit Ball in der Hand, als cleverer taktischer Kicker mit großartiger Übersicht, oder als Beschleuniger, der das Spiel im richtigen Moment blitzschnell in die richtige Richtung lenkt. Carter war für das neuseeländische Spiel das Gehirn und fungiert in unserer TR XV ebenso als Stratege. Wie er bei der WM 2015 im Finale das Comeback der Australier unter höchstem Druck mit einem perfekten Dropgoal beendete zeigt vor allem auch: Carter konnte selbst in den brenzligsten Situationen einen kühlen Kopf bewahren.
Nerven aus Stahl im WM-Finale, Dan Carter mit dem entscheidenden Dropgoal
11. Bryan Habana (Südafrika)
Weltmeister, Super-Rugby-Sieger und Heineken-Cup-Gewinner. Habana ist einer der erfolgreichsten Außen aller Zeiten und war bis 2016 nicht aus dem Springboks-Team wegzudenken. Blitzschnell auf Außen brachte er es in über 100 Spielen auf 67 Versuche im Grün der Boks. Doch auch defensiv und unter dem hohen Ball war Habana eine sichere Bank und ist deshalb für unsere TR XV so wichtig.
12. Ma’a Nonu (Neuseeland)
2003 debütierte Nonu für die All Blacks und selbst im für einen Rugby-Innen biblischen Alter von 37 wurden in Neuseeland in diesem Jahr Forderungen laut, Nonu solle für die WM nominiert werden. Er hatte für die sonst eher mäßig erfolgreichen Blues das gezeigt, was ihn jahrelang so groß gemacht hatte: Er war ein durchbruchsstarker Zwölfer, der trotzdem am Ball alles konnte. Wegen seiner harten Art zu spielen, übersahen beim zweifachen Weltmeister viele die Fähigkeiten, die er am Ball mitbrachte. Als Zwölfer ist er in unserer TR XV gesetzt.
13. Jonathan Davies (Wales)
Jonathan Davies ergänzt sich mit unserem ersten Innen Nonu perfekt. Er interpretiert das Spiel auf Innen ein wenig anders, als der spektakulärere und öfter auf Bruch gehende Nonu. Gefühlt trifft er immer die richtige Entscheidung und scheut auch vor Grubber-Kicks und Überpässen nicht. Dazu ist er defensiv eine absolute Bank, so dass er seit über zehn Jahren für Wales und auch zwei Mal für die British and Irish Lions auflaufen durfte. Für unsere TR XV ist Davies defensiv wie offensiv eine wichtige Stütze.
14. George North (Wales)
Ein weiterer Waliser, der die abgelaufene Dekade auf seiner Position geprägt hat. Als 18-jähriger debütierte North 2010 und legte als jüngster Debütant jemals direkt einen Versuch. In den neun Jahren seitdem hat North 40 weitere folgen lassen und ist, sofern fit, nicht aus der Nationalmannschaft von Wales wegzudenken. Schnell und dabei mit 110 kg unglaublich durchbruchsstark - wenn George North in Topform ist, gab es in dieser Dekade keinen Außen, der stärker war.
15. Israel Folau (Australien)
Man mag über Folau als Menschen denken, was man will. Seine Äußerungen über Homosexuelle und sein religiöser Extremismus (unter anderem behauptete er kürzlich, dass die schweren australischen Buschfeuer die gerechte Strafe Gottes für die in Australien nunmehr erlaubte Homoehe seien) hat ihm zurecht den Job gekostet. Doch ebensowenig ist umstritten, welch großartiger Spieler Folau für die Wallabies und Waratahs war. Vor allem Folaus Fähigkeiten unter dem hohen Ball, suchten ihresgleichen. Der ehemalige Australian-Football- und Rugby-League-Star konnte besser als jeder andere das ovale Leder aus der Luft pflücken. Dazu war Folau auch mit dem Ball in der Hand, seinen großartigen Steps bei voller Geschwindigkeit und seiner Stärke im Kontakt einer der Schlüsselspieler der Wallabies. Für unsere TR XV ist der kontroverse Australier tongaischer Abstammung eine großartige Fünfzehn.
Folaus Fähigkeiten auf dem Platz waren nie umstritten