Welch eine Sensation - Südkorea ist bei Olympia 2020 dabei. Foto (c) World Rugby
Große Überraschung beim asiatischen Olympia-Qualiturnier in Seoul: Die Gastgeber konnten sich in einem absoluten Krimi in der Verlängerung gegen Topfavoriten Hongkong durchsetzen und haben damit eines von nur zwölf Tokio-Tickets insgesamt gelöst. Derweil dreht sich das Trainer-Karussell im Fünfzehner immer schneller. Australien hat den All Blacks einen der heißesten Kandidaten auf das Neuseeland-Traineramt weggeschnappt, während ein weiterer heißer Kandidat dankend abgesagt hat. Will aktuell niemand den Coaching-Job beim berühmtesten Rugby-Team der Welt?
Korea gelingt mit der Olympia-Quali eine riesige Überraschung
Aus Wolfpack-Sicht kann man schon neidisch nach Asien blicken. Denn dort fand am Wochenende eines der insgesamt sechs kontinentalen Qualifikationsturniere für die olympischen Spiele 2020 in Tokio statt. Genauso wie in Europa im Juli in Colomiers, wurde auch beim im Speckgürtel von Seoul ausgetragenen Turnier ein direkter Platz bei Olympia, sowie zwei Tickets für das Repechage-Turnier nächsten Frühsommer in Biarritz vergeben. Doch während in Colomiers World-Series-Größen wie England, Spanien, Frankreich, sowie aufstrebenden Teams wie Irland und unser Wolfpack antraten, waren am Wochenende in Incheon die Favoritenrollen klar vergeben.
Da Japan als Gastgeber bereits qualifiziert war, ging Hongkong als haushoher Favorit und Nummer eins der Setzliste in das zweitätige Event mit neun Teilnehmern. Taiwan und Malaysia (jeweils 54:0) waren in der Gruppenphase nicht Mal ein Stolperstein, genausowenig Afghanistan im Viertelfinale (38:0) und die Philippinen (26:0) im Halbfinale. Tatsächlich sollte Hongkong, ein alter Bekannter unseres deutschen Teams, erst in der zehnten und letzten Halbzeit des Turniers Gegenpunkte kassieren. Nach einer 7:0 Halbzeitführung im Endspiel gegen Südkorea, die lediglich als Nummer vier der Setzliste und noch hinter China und Sri Lanka angetreten waren, musste Hongkong schließlich kurz vor Ende der regulären Spielzeit den Ausgleich hinnehmen. In der Nachspielzeit dann vergab das Team aus Hongkong eine Chance nur fünf Meter vor der Linie, nur um Sekunden später einen 95-Meter-Konter zu kassieren.
Die Video-Highlights der Sensation von Seoul
So wird Südkorea tatsächlich bei Olympia gegen die ganz großen Teams um olympisches Edelmetall antreten. Die Leistung ist aller Ehren wert - während Hongkong und Japan beispielsweise stark von der Residency Rule von World Rugby profitieren, indem sie Spieler systematisch aus dem Ausland rekrutieren und nach drei Jahren (mittlerweile nach fünf Jahren) ins Nationalteam integrieren dürfen, stammte der gesamte Korea-Kader mit einer einzigen Ausnahme gebürtig aus dem eigenen Land. Und das mit nur 2.500 registrierten Rugby-Spielern im Land! Gleichwohl muss man aber auch festhalten - die Qualiroute aus Asien ist aktuell gemeinsam mit der nordamerikanischen wohl die bei weitem einfachste. Dort hatte Kanada sich bereits vor einigen Monaten gegen schwache Konkurrenz durchgesetzt, sein Tokio-Ticket gelöst und im Finale gegen Jamaika mit 40:5 das knappste Ergebnis des gesamten Turniers erzielt.
Anfang des Monats hatte sich Australien mit einem 19:12 über Samoa nur mit viel Mühe und Not für Tokio qualifizieren können und auch Kenia hatte es im afrikanischen Qualiturnier mit einem stärkeren Feld zu tun. Für Deutschland bleibt die bittere Erkenntnis: Im aktuellen Modus ist es nirgends schwerer sich für Olympia zu qualifizieren, als aus Europa. Der neue Bundestrainer Damian McGrath wird die Herausforderung natürlich dennoch annehmen und glaubt an die Chancen unseres Wolfpacks, wie er vor kurzem im TR-Interview erklärte.
Zwei heiße Kandidaten auf den Trainerjob bei den All Blacks unterschreiben anderswo
In Neuseeland heißt es landläufig, dass der Trainerposten bei den All Blacks der zweitwichtigste Job im Land sei, direkt nach der Premierministerin Jacinda Ardern. In den letzten 15 Jahren haben mit Graham Henry und Steve Hansen nur zwei Persönlichkeiten auf dem wohl heißesten Trainerstuhl im Weltrugby gesessen. Denn auf den All Blacks lastet die Erwartungshaltung einer ganzen Nation, wie eine gleichnamige Dokumentation des neuseeländischen Pay-TV-Senders Sky zur WM 2011 eindrucksvoll untermauerte.
In Neuseeland gibt man sich mit dritten Plätzen, wie bei der erst kürzlich beendeten WM, nicht zufrieden und analysiert das Geschehen von Japan gerade im Detail, um künftig wieder da zu stehen, wo man sich selbst sieht: An der absoluten Weltspitze.
Seitdem vor der WM bekannt wurde, dass Coach Steve Hansen nach dem World Cup aufhören würde, ist gefühlt ganz Neuseeland auf der Suche nach dem Hansen-Nachfolger. Insgesamt mehr als ein Dutzend Kandidaten hat man beim neuseeländischen Verband laut Medienberichten bereits interviewt. Doch zwei der heißesten Kandidaten, die von Neuseelands größter Zeitung Herald zu den vier führenden Anwärtern gezählt wurden, wollten den langen Auswahlprozess nicht abwarten und haben mittlerweile anderswo unterschrieben. Dave Rennie, der die Chiefs 2012 zu ihrem allerersten Super-Rugby-Titel coachte und im Jahr darauf den Titel verteidigte, um danach mit den Glasgow Warriors die Pro 14 zu gewinnen, hat den ebenso freien Posten als Wallabies-Coach übernommen.
Der andere Top-Kandidat war Jamie Joseph. Er hatte einst in den 1990ern selbst als All-Blacks-Stürmer gespielt und führte 2014 die Highlanders zu ihrem ersten Super-Rugby-Titel. Zuletzt coachte Joseph Japan und war für die fulminante Vorstellung der Brave Blossoms beim Heimturnier verantwortlich. Doch trotz anderslautender Berichte bleibt Joseph nun weiter Coach der Japaner, auch auf die Gefahr hin, das WM-Ergebnis nicht toppen zu können. Weiter im Rennen sind damit von den Top-Kandidaten lediglich Ian Forster, der langjährige Assistent des letzten Coachs Hansen, der aber als blass gilt, sowie Scott Robertson. Dieser hatte zuletzt die Crusaders zu zwei Super-Rugby-Titeln in Folge geführt. Ex-Wales-Coach Warren Gatland dagegen, den sich viele Neuseeländer als Coach gewünscht hatten, signalisierte schon früh kein Interesse zu haben, da er mit dem Job als Chiefs-Coach mehr als zufrieden sei.
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