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Super-Taifun Hagibis wirbelt die WM durcheinander: Zwei Spiele fallen aus ein drittes ist bedroht
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Donnerstag, 10. Oktober 2019

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Die All Blacks sind eines der Teams, die vom Taifun profitieren. Foto (c) Perlich

Es hatte sich gestern schon im Laufe des Tages abgezeichnet. Super-Taifun Hagibis wird am Samstag die Mitte der japanischen Hauptinsel Honshu rund um die Hauptstadt Tokio mit hoher Wahrscheinlichkeit treffen. Aus Sicherheitsgründen wurden deshalb seitens von World Rugby vor wenigen Stunden bereits zwei Spiele abgesagt, ein weiteres könnte am Sonntag betroffen sein. Manche Teams werden davon profitieren und für ein weiteres würde die potenzielle Absage das sichere Turnier-Aus bedeuten. Außerdem hat sich Wales gestern mit einem Zittersieg über Fidschi den Viertelfinaleinzug gesichert.

Hagibis ist der stärkste Taifun der aktuellen Wirbelsturm-Saison in Japan und befindet sich gerade über der südlich von Japan gelegenen Ogasawara Insel-Gruppe, wo er in warmen Gewässern aktuell rapide an Stärke und Windgeschwindigkeit zulegt. World Rugby entschied nun am heutigen Vormittag japansicher Zeit die Spiele am Samstag zwischen England und Frankreich, sowie zwischen Neuseeland und Italien definitiv abzusagen und den Turnier-Regularien zufolge als 0-0 Unentschieden zu werten. Die Sicherheit der Zuschauer, Volunteers und Offiziellen habe Vorrang über den Fortgang des Turniers, so die Offiziellen gegenüber der Welt-Presse.

Mit nunmehr nur noch neun Tagen bis zu den Viertelfinal-Partien, war ein Ausweichtermin keine Alternative für den Weltverband - zumal Japan am Wochenende sowieso schon ein Reisechaos mit Flugausfällen und Shinkansen-Sperrungen erwartet. Die Partie Schottland-Japan am Sonntag in Yokohama ist ebenso vom Ausfall bedroht, jedoch steht hier eine endgültige Entscheidung noch aus, da noch nicht klar ist, ob Hagibis bis Sonntag bereits am Großraum Tokio vorbeigezogen sein wird.

WM-Turnierdirektor Alan Gilpin betonte auf einer eigens von World Rugby einberufenen Pressekonferenz, dass kein Team bevorzugt oder benachteiligt werde und man keinen Unterscheid mache, egal welche Teams bei den Spielen involviert seien. Es wäre „grob fahrlässig“ die Spiele trotz der gefährlichen äußeren Bedingungen stattfinden zu lassen.

 

Turnierdirektor Gilpis erklärt die Absage der WM-Spiele auf einer eigens einberufenen PK

Sportliche Auswirkungen des Taifuns: England und All Blacks im Vorteil, Schottland potenziell der große Verlierer

England und Neuseeland geben sich nach außen hin erst einmal betroffen und bedauern die Absage ihrer letzten Gruppenspiele. Beide Teams werden aber trotz und im Falle von England durch die Absage als Gruppensieger in die K.O.-Phase einziehen, jedoch mit einem harten Spiel weniger in den Knochen. Gerade für die Engländer, auf die ein sehr physisches Duell gegen die Franzosen in Yokohama gewartet hätte, bei dem sie potenziell noch auf Rang zwei der Gruppe gerutscht wären, profitieren also von dieser Entscheidung.

Statt sich mit dem französischen Monster-Sturm zu messen, wird England nun im Süden des Landes trainieren, um den Taifun aus dem Weg zu gehen und sich auf das Viertelfinale in Oita vorzubereiten, in dem es aller Wahrscheinlichkeit nach gegen Australien geht. Die Australier wiederum können das Duell perfekt machen, indem sie am Freitag in Shizuoka gegen Georgien gewinnen. Angesichts der aktuell schwachen Form der Lelos, dürfte dies nur Formsache sein.

Frankreich wiederum wird nun um die Chance beraubt, gegen England noch den Gruppensieg zu holen. Dafür können sich die Franzosen nun gute 10 Tage auf ihr Duell mit Wales vorbereiten. Lediglich bedenklich aus Sicht von les Bleus: Gegen Tonga tat man sich verdammt schwer und muss nun mit dem schwachen Spiel im Hinterkopf gegen den Six-Nations-Sieger Wales alles oder nichts spielen. 

Neuseeland spart sich ein Spiel gegen Italien, das man fast mit Sicherheit gewonnen hätte, was aber Kraft gekostet hätte. Italien ist damit aus dem Turnier ausgeschieden - die Proteste von italienischer Seite halten sich in Grenzen, weil sowieso kaum jemand mit einem Sieg über den Titelverteidiger gerechnet hätte.

Doch der größte Verlierer könnte Schottland sein. Die Bravehearts hätten am Sonntag eigentlich noch die Chance mit einem Bonuspunkt-Sieg über Gastgeber Japan das Viertelfinale des Turniers zu erreichen. Findet das Spiel nun nicht statt, wäre Schottland definitiv aus dem Turnier. Kein Wunder, dass der schottische Verband in einem Statement verlauten ließ: „Der schottische Rugby-Verband erwartet, dass Notfallpläne gemacht werden, um Schottland das letzte Gruppenspiel und damit die Chance auf einen Platz im Viertelfinale zu ermöglichen - Schottland wird dabei flexibel sein, um dies zu ermöglichen.“

Ein Ausweichort dürfte aber auf die Schnelle kaum zu organisieren sein, zumal dies weder für England-Frankreich, noch für Neuseeland-Italien gemacht wurde. Aktuell laufen in Japan die Baseball-Playoffs - auch das dürfte die Suche nach Ausweichorten schwierig machen. Der Sapporo Dome beispielsweise, wo England sein erstes Gruppenspiel gegen Tonga abhielt, ist komplett geschlossen und wäre damit wetterunabhängig nutzbar. Zehntausende Zuschauer quer durchs Land zu schicken, bei nach dem Taifun sicherlich noch eingeschränkten Transport-Möglichkeiten, sollten es dem Weltverband eigentlich unmöglich machen, eine solche Entscheidung zu treffen.

Für Japan wiederum wäre eine solche Entscheidung das beste Szenario - man hätte den Viertelfinaleinzug sicher, zum ersten Mal in der Geschichte des japanischen Rugbys und zwar als Gruppensieger - mit 16 Zählern hätte man genauso viele wie Irland, aber den direkten Vergleich gewonnen. Man würde deshalb die All Blacks vermeiden und gegen Südafrika spielen, wie schon 2015.

Auswirkung für die Weltmeisterschaft: Enttäuschte Fans, Sicherheit hat Vorrang

Sicherlich dürften die WM-Organisatoren für dieses Szenario vorgesorgt haben und eine Versicherung für die kommerziellen Verluste abgeschlossen haben. Immerhin ist der Herbst in Japan Taifun-Saison. Die finanziellen Verluste dürften sich also für den Weltverband World Rugby, der sich weitestgehend über die Einnahmen aus dem drittgrößten Sport-Event der Welt finanziert, also in Grenzen halten.

Doch für die Fans in Japan sind dies schlechte Neuigkeiten. England-Frankreich und Schottland-Japan, jeweils im mit über 70.000 Zuschauern Kapazität größten Stadion der WM von Yokohama, waren laut World Rugby die mit am stärksten nachgefragten Gruppenspiele des Turniers. Zusammen mit dem Neuseeland-Spiel im Toyota Stadium kommen nun wohl rund 200.000 Rugby-Fans nicht auf ihre Kosten.

Viele, die lange und teure Anreisewege in Kauf genommen haben, werden bitterböse enttäuscht sein. Doch schlussendlich ist es die richtige Entscheidung - das körperliche Wohlergehen dieser Fans, sowie tausender Volunteers und Einsatzkräfte wiegt weitaus schwerer, als der Ausfall eines Spiels.

Die Entscheidung das Turnier nach Japan zu geben, sollte ebenfalls nicht in Frage gestellt werden. Denn bisher war es ein großartiges Turnier mit Hunderttausenden Fans aus aller Herren Länder, die friedlich miteinander den ovalen Ballsport feierten, in einem Land, das man bisher nicht zu den Rugby-Kernländern gezählt hätte. Auch die olympischen Spiele im nächsten Jahr finden ebenfalls genau zur Taifun-Saison statt. 

Wales zittert sich als Gruppensieger ins Viertelfinale

Six-Nations-Sieger Wales hat sich derweil mit dem gestrigen Sieg über Fidschi in Oita den den Viertelfinaleinzug in Pool D geholt. Die roten Drachen kämpften sich nach einer stürmischen Startphase, in der Fidschi sich früh über Tuisova und Murimurivalu eine 10-0 Führung sicherte, über 70 Minuten zurück zu einem Bonuspunktsieg. Dabei wurde Wales-Außen Josh Adams wie schon bei den Six Nations zum Helden des Rugby-verrückten Landes - sein Hattrick war es, der den Walisern den Sieg bescherte. Am Sonntag in Kumamoto wird sich Wales dann den Gruppensieg gegen Uruguay holen können und dann wie erwartet gegen Frankreich im Viertelfinale erneut in Oita antreten.

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