Martin Johnson und seine Old Men Army gewannen als erste europäische Mannschaft den Rugby World Cup
Australien, England, Frankreich, Südafrika und natürlich Neuseeland waren die Favoriten im Vorfeld der Weltmeisterschaft auf dem 5. Kontinent. Ursprünglich sollte das Turnier von Australien und Neuseeland gemeinschaftich ausgetragen werden, doch Streitigkeiten im Vorfeld führten dazu, dass Neuseeland sich aus der Organisation zurückzog.
Auch der Austragungsmodus wurde 2003 erneut geändert. So waren die 8 Viertelfinalisten der letzten Weltmeisterschaft automatisch qualifiziert und mussten daher nicht ein einziges Qualifikationsspiel betreiben, zudem wurde die Punkteregelung an die des Tri Nations’ angepasst, d.h. es gab erstmals offensive und defensive Bonuspunkte.
In der Vorrunde des Wettbewerbs begegnete man einem Problem aus dem ersten RWC wieder. Auch 2003 gab es einen frappierenden Niveau-Unterschied zwischen den großen Rugbynationen und den vermeintlich Kleinen, häufig gab es Spiele, die mit mehr als 60 Punkten Unterschied zu Gunsten der Favoriten entschieden wurden. Außerdem gelang es vor allem den Pazifik-Nationen Tonga, Samoa und Fidschi erst gar nicht, alle ihre Topspieler aus dem Ausland freigestellt zu bekommen. Zahlreiche Klubs aus England und Frankreich verweigerten den bei ihnen unter Vertrag stehenden „Islanders“ die Freigabe für die Weltmeisterschafts-Endrunde. Dennoch verpasste Fidschi nur ganz knapp den Einzug ins Viertelfinale, im entscheidenden Gruppenspiel unterlag man Schottland nur mit 2 Punkten. Auch England hatte große Probleme mit Samoa und die beiden „Schwellennationen“ Italien und Argentinien verpassten die Runde der letzten acht nur äußerst knapp. So verloren die Pumas gegen Irland mit nur einem einzigen Punkt.
Die „Old Men Army“, so wurde Englands-Nationalmannschaft aufgrund des hohen Alters der meisten Akteure immer wieder tituliert, präsentierte sich als fittestes Team des Wettbewerbs und konnte sich durch Siege über Wales und Frankreich bis ins Endspiel vorkämpfen. Dort warteten die Wallabies auf das von Clive Woodward akribisch auf das Turnier vorbereitete Team aus dem Mutterland des Rugbysports. Die Gastgeber bekamen es im Viertelfinale mit Südafrika zu tun und konnten im Halbfinale die All Blacks aus dem Wettbewerb schmeißen.
Im intensiv geführten Finale vor der Rekordkulisse von 82 957 Zuschauern konnte der Titelverteidiger durch einen Versuch von Ex-Rugby-League-Star Lote Tuqiri früh in Führung gehen. Doch ein Versuch von Jason Robinson, ebenfalls ein ehemaliger Rugby-League-Superstar, stellte noch vor der Halbzeit wieder Chancengleichheit her. Die beiden Kicker Elton Flatley (Australien) und Jonny Wilkinson (England) sorgten dafür, dass es nach 80 Minuten unentschieden stand. Doch ein lupenreiner Sprungtritt von Englands Golden Boy Jonny Wilkinson sorgte dafür, dass der William Webb Ellis Cup zum ersten Mal in der Geschichte der Weltmeisterschaften nach Europa ging.
Australiens Kapitän John Eales durfte 1999 schon seinen zweiten WM-Titel bejubeln
Die Weltmeisterschaft 1999 war die erste in der professionellen Ära des Rugbysports und die erste, die mit insgesamt 20 Teams ausgetragen wurde. Obwohl Wales offiziell der Ausrichter der Titelkämpfe war, fanden doch die meisten Spiele außerhalb des Kelten-Staates statt. Allerdings wurden sowohl die Eröffnungspartie als auch das Finale im eigens errichteten Millennium Stadium ausgespielt, welches heute als eines der Rugby-Stadien mit der besten Atmosphäre gilt.
Sowohl England, Irland, Schottland als auch Frankreich genossen neben Wales während ihrer Gruppenspiele Heimrecht und konnten sich, beflügelt von diesem Vorteil, allesamt für die Zwischenrunde qualifizieren. Allerdings kam bis auf Frankreich keine der damaligen Five Nations Teilnehmer über das Viertelfinale hinaus.
Im Halbfinale gelang den starken Australiern dann ein Sieg in der Verlängerung gegen Titelverteidiger Südafrika. Entschieden wurde die Partie durch einen Dropkick von Steve Larkham, ironischerweise gelang dem Weltklasse-Verbinder dieses Künststück zum damaligen Zeitpunkt zum ersten Mal in seiner großartigen Karriere, wohingegen sein Gegenüber Jannie de Beer alleine im Viertelfinale gegen England mit 5 (!) Sprungtritten erfolgreich war.
Im verrücktesten Spiel des RWC 1999 bezwang Underdog Frankreich die schier übermächtigen All Blacks mit 43-31. Neuseeland bot mit Jeff Wilson, Tana Umaga, Christian Cullen, Jonah Lomu, Andrew Mehrtens, Anton Oliver, Zinzan Brooke, Reuben Thorne und Josh Kronfeld die vielleicht stärkste All Blacks-Mannschaft aller Zeiten auf. Doch die spielstarken Franzosen mit ihren schmächtigen aber wieselflinken Außendreivierteln Phillipe Bernat-Salles und Christophe Dominici packten ihre Chance beim Schopfe und kämpften sich nach einem 10-24 Rückstand, Jonah Lomu – dem überragenden Akteur der Weltmeisterschaft – gelangen alleine zwei Versuche, zurück in die Partie und erzielten in der Folge 2 Drops, 2 Straftritte sowie drei Versuche durch Dominici, Dourthe und Bernat-Salles. Den gestürzten Favoriten gelang lediglich noch ein Ehrenversuch durch Schluss Jeff Wilsion.
Jedoch gelang es den Europäern wie schon 1987 nicht, ihre großartige Halbfinal-Leistung im Endspiel zu wiederholen. Die erschöpft wirkende Equipe de France hatte den Wallabies nicht genug entgegenzusetzen. Zwar hatte man in der ersten Halbzeit noch die ein oder andere Versuchchance und war beim Halbzeitstand-Rückstand von 21-12 noch in Schlagdistanz, doch in der zweiten Halbzeit konnten sich die Australier durch zwei Versuche von Ben Tune und Owen Finegan entscheidend absetzen und sich als erste Nation einen zweiten Weltmeistertitel sichern.
Dieser Moment schrieb nicht nur Rugby-Geschichte: Südafrikas Präsident Nelson Mandela und Kapitän Francois Pienaar mit dem William-Webb-Ellis-Cup
Der Rugby World Cup 1995 war das erste sportliche Großereignis, welches nach dem Ende der Apartheid in Südafrika ausgetragen wurde. Außerdem war er die letzte als Amateurwettkampf ausgetragene Weltmeisterschaft, schon zwei Monate später öffnete der Sport offiziell dem Profitum seine Tore.
Maßgeblich geprägt wurde die Weltmeisterschaft vom Zusammenwachsen der Regenbogennation. Das überraschend gute sportliche Abschneiden wurde von Nelson Mandela und seiner Regierung geschickt dazu genutzt, die auch nach dem Ende der Apartheid noch bestehende riesige Kluft zwischen Schwarz und Weiß zu verkleinern. Die Springboks um Kapitän Francois Pienaar waren nach Jahren der sportlichen Isolation als absoluter Außenseiter ins Turnier gestartet, konnten sich dann aber im Finale überraschend gegen die All Blacks und ihren Superstar Jonah Lomu beweisen. Der damals erst 20-jährige Außendreiviertel reiste als jüngster All Black aller Zeiten und mit nur zwei Länderspielen im Gepäck zur Weltmeisterschaft ans Kap und brachte es in 5 Begegnungen auf 7 Versuche. Lomu brachte damals bei einer Größe von 194 cm fast 120 kg auf die Waage und soll die 100 Meter in 10,8 Sekunden gesprintet sein. Seine schiere körperliche Präsenz reichte aus, um die meisten Gegner wie Statisten aussehen zu lassen. Doch im Endspiel gegen Südafrika wurde der Dominator der 3. Titelkämpfe von aufopferungsvoll kämpfenden Boks fast komplett aus dem Spiel genommen, worin retrospektiv einer der Schlüssel zum Erfolg der Gastgeber lag, welche das Endspiel nach einem späten Dropkick von Verbinder Stransky mit 15-12 gewinnen konnten.
Neben dieser nationalen Erfolgsgeschichte, welche im vergangenen Jahr gar von Hollywood-Legende Clint Eastwoods unter dem Titel Invictus in die Kinos gebracht worden war, wurde der World Cup von einem schlimmen Unfall überschattet. Max Brito, Nationalspieler der Elfenbeinküste, wurde bei einem Tackling im Spiel seiner Mannschaft gegen Tonga so heftig verletzt, dass er seither gelähmt ist. Der hervorragende Außendreiviertel kann sein Schicksal bis heute noch nicht akzeptieren und äußerte in einem Interview aus dem Jahr 2007 gar den Wunsch sich das Leben nehmen zu wollen.
Um das Endspiel rankt sich noch heute die Legende von “Suzie”, eine Hotelangestellte, welche laut All Blacks-Coach Laurie Mains angeblich das Essen zahlreicherer seiner Akteure 48h vor Anpfiff des Finales vergiftet haben soll.
Australiens überragender WM-Akteuer David Campese (links) und Kapitän Nick Farr-Jones mit dem William Webb Ellis Cup
England, das Team aus dem Mutterland des Rugbysports, war mit einer Niederlage gegen den Titelverteidiger Neuseeland in den 2. Rugby World Cup gestartet. Im weiteren Turnierverlauf konnten sich die Gastgeber, die Weltmeisterschaft 1991 wurde gemeinschaftlich von den Five Nations Nationen England, Irland, Schottland und Frankreich ausgerichtet, aber von Partie zu Partie steigern und sich in den weiteren Gruppenspielen ungefährdet gegen die Auswahl Italiens und das Team der USA behaupten.
Australien war bei der ersten Auflage der Weltmeisterschaft, ebenso wie England, erst im Halbfinale gescheitert, konnte sich im Pool 3 in zwei hart umkämpften Partien gegen Argentinien und Samoa behaupten, bevor sie im letzten Gruppenspiel die Waliser, welchen sich die Wallabies 1987 im Spiel um Platz drei noch mit einem Punkt geschlagen geben mussten, auf deren Boden in Cardiff mit 3-38 regelrecht demontieren konnten.
In der Runde der letzten 8 bekam es das Rosenteam als Gruppenzweiter des Pool 1 mit Frankreich, dem Sieger des 4 Pools, zu tun. Obwohl die Franzosen aufgrund ihres Gruppenspieges das Heimrecht genossen, konnte England die intensiv geführte Partie zu seinen Gunsten entscheiden. Die Mannen aus Down Under mussten nach Dublin und wurden von den gastgebenden Iren bis aufs Letzte gefordert. Mit 18-19 zog man denkbar knapp und dank eines überragenden Superstars David Campese ins Halbfinale ein.
Die Engländer mussten zum Halbfinale in Schottlands Hauptstadt Edinburgh reisen und brachten den gastgebenden Highlandern eine der bittersten sportlichen Niederlagen ihrer Rugbygeschichte bei. 6-9 Stand es nach 80-Minuten für die Gäste im mit 67 800 Zuschauern bis auf den letzten Platz gefüllten schottischen Nationalstadion Murrayfield. Den Australiern blieben nach ihrem Viertelfinal-Sieg weitere Reisestrapazen erspart. In Dublin wartete das Team von Weltmeister Neuseeland. Den hochfavorisierten All Blacks scheiterten bei der Mission Titelverteidigung an ihren Nerven, eine Schwäche, die bis heute anhält, weswegen es die Australier waren, die freudestrahlend nach London zum großen Finale reisen durften.
Das Finale fand in Twickenham vor 75 000 in erster Linie englischen Fans statt. Die Australier hatten neben dem Mann des Turniers, David Campese, mit Tim Horan, Michael Lynagh und John Eales weitere Akteure in ihren Reihen, die das Weltrubgy später noch einige Jahre ganz entscheidend prägen sollten. Doch auch das englische Team um Kapitän Will Carling, den eleganten Jeremy Guscott, Verbinder Rob Andrew, den pfeilschnellen Außendreiviertel Rory Underwood und die wuchtigen Stürmer Brian Moore, Dean Richards und Jason Leonard, hatte zahlreiche Größen des Spiels in seinen Reihen.
Der Heimvorteil sollte den Engländern aber nicht zum Vorteil gelangen. Es waren die Wallabies, welche nach 80-Minuten 6-12 in Front lagen und folgerichtige den goldenen Pokal in Empfang nehmen durften.
Wir haben für Euch ein paar der besten Szenen der zweiten globalen Rugbymeisterschaft herausgesucht.
Neuseelands Kapitän Richie McCaw wurde nach dem 49:28-Erfolg gegen Australien zum „Mann des Spiels“ gewählt. (c) AP
Die All Blacks dominieren weiter das „Tri Nations“: Das Rugby-Nationalteam von Neuseeland hat beim traditionellen Drei-Nationen-Turnier auch sein drittes Spiel gewonnen und damit die Tabellenführung ausgebaut.
In Melbourne entschieden die ganz in Schwarz gekleideten Spieler des Weltranglistenersten am Samstag das Nachbarduell mit Australien klar mit 49:28 für sich und krönten damit ihren „goldenen“ Juli, der für die All Blacks mit zwei Siegen gegen den amtierenden Weltmeister Südafrika (32:12 und 31:17) begonnen hatte.
Präzise mit dem Fuß - Australiens Innendreiviertel Matt Giteau
Der Weltmeister kommt beim diesjährigen Tri Nations einfach nicht so richtig in die Gänge. Am Samstag setzte es bereits die 3. Niederlage im 3. Spiel und zum dritten Mal in Folge schien das Team von Kapitän John Smit hilflos angesichts der spielerischen Überlegenheit ihrer Gegenüber, diese Umstände spiegelt auch der Endstand von 30-13 zu Gunsten der australischen Platzherren wieder.
Doch auch eine weitere Schwäche der 2010er Springboks zieht sich wie ein roter Faden durch den bisherigen Turnierverlauf, die Mannschaft des wortgewaltigen Coaches Peter De Villiers, dieser hatte vor Wochenfrist noch die europäischen Schiedsrichter und eine Verschwörung der Rugbywelt zu Gunsten der All Blacks für das katastrophale Auftreten seiner Mannen in den ersten beiden Partien verantwortlich gemacht, hat ein offenkundiges Disziplinproblem. Aufgrund zweier gelber Karten spielten die Boks wieder für 20 Minuten in Unterzahl und das Flanker Schalk Burger zum wiederholten Male mit seinen Fingern nach den Augen seiner Gegenspieler krabbelte, in diesem Falle waren es die des großartigen australischen 3. Reihe-Stürmers David Pocock, wird ihm vermutlich eine neuerliche Vorlandung bei den Regelkommissären bescheren. Mit diesen hatte auch Australiens glänzend aufgelegter Verbinder Quade Cooper im Anschluss an die Partie Erfahrung machen dürfen, der Spielmacher der Queensland Reds, wurde für ein gefährliches Tackling an seinem Gegenüber Morne Steyn mit einer zweiwöchigen Spielsperre belegt.
Immerhin gelangen den gebeutelten Südafrikaner in diesem Spiel zwei Versuche, durch Fourie und Steenkamp, und damit genauso viele wie den im traditionellen gelb spielenden Gastgebern (Die Versuche der Australier erzielten Mitchell und Genia). Doch das attraktive “Running-Rugby” der von Kiwi Robbie Deans betreuten Mannen aus Down Under, führte zu zahlreichen Chancen, welchen sich die Grünen häufig nur mit Regelverstößen zu erwehren wussten. Die fälligen Strafkicks verwandelte der nicht nur am Kicking-Tee gut aufgelegte Innendreiviertel Matt Giteau mit ungewohnter Präzession.
Die angeschlagenen Springboks werden nun darauf hoffen, bei den verbleibenden drei Heimspielen bessere Ergebnisse erzielen zu können. Während beim Spiel der Wallabies gegen die All Blacks, am kommenden Wochenende in Melbourne, eine erste ernsthafte Standortbestimmung zu erwarten ist.