Fünftes Spiel, fünfte Niederlage – die deutsche Rugby-Nationalmannschaft wartet in der EM-Division 1 weiter auf ihr erstes Erfolgerlebnis. Der Aufsteiger unterlag am Samstag in Hannover zum Abschluss der Hinrunde vor 3.400 Zuschauern Russland mit 0:53 (0:22) und bleibt damit Tabellenletzter. Die Hoffnungen der Auswahl des Deutschen Rugby-Verbandes (DRV) ruhen damit weiterhin fast ausschließlich auf dem Rückspiel gegen den Tabellenvorletzten Spanien (ein Sieg, vier Niederlagen) im März 2010.
Das Team des Trainerduos Rudolf Finsterer (Mannheim) und Bruno Stolorz (Orleans) lag nach 20 Minuten mit 0:10 zurück und hatte danach gleich zweimal die Chance, den Rückstand zu verkürzen: Erst hatte Außendreiviertel Benjamin Brierley (SC Frankfurt 1880) nur noch einen Gegenspieler vor sich, wurde aber kurz vor dem Malfeld gestoppt, dann vergab Kieron Davies (Ampthill RFC) einen Straftritt aus aussichtsreicher Position (29.). Ohnehin war das Spiel mit dem Fuß nicht die große Stärke der DRV-Auswahl. Gleich mehrere Befreiungskicks landeten direkt im Aus, so dass die schnellen Russen wieder in Ballbesitz kamen und sich bis zur Pause auf 22:0 absetzten. Kieron Davies hatte zwischenzeitlich noch einmal die Chance, per Straftritt zu punkten, zielte aus zentraler Position aber rechts vorbei (37.).
Nach der Pause ließ das deutsche Team bis zur 63. Minute nur noch drei Gegenpunkte zu und hatte Pech, als sich Mustafa Güngör (RG Heidelberg) plötzlich die Chance zu einem Konterangriff bot, ein Russe aber im letzten Moment noch den deutschen Gedrängehalb stoppte (57.). Die russischen „Bären“ machten es auf der Gegenseite besser und sorgten mit 28 Punkten innerhalb von 16 Minuten für den Endstand.
Rudolf Finsterer (Nationaltrainer): „Das waren heute wieder 22 Leute, die unbedingt wollten und alles hingehalten haben. Da kämpft jeder mit Herz. Man hat auch gesehen, dass wir teilweise gut mithalten können. Aber wir haben halt nicht die gleiche Basis wie die Russen. Dass wir in der ersten Hälfte die Befreiungskicks so oft ins Aus getreten haben, geht natürlich nicht. Damit haben wir uns selbst unter Druck gesetzt. Leider haben wir auch die beiden Straftritte vergeben. Wenn wir einen davon verwandelt hätten, wäre das sicher gut für die Motivation gewesen. Die Fans waren jedenfalls sehr fair und haben uns mit Applaus verabschiedet. Sie haben ein Gespür dafür, was wir mit unseren Mitteln leisten.“
Alexander Widiker (Nationalspieler): „Ich bin der Meinung, dass wir zu hoch verloren haben. Wir können mithalten. Und solange das der Fall ist, macht es auch Riesenspaß gegen diese Mannschaften zu spielen. Aber es fehlen oft die entscheidenden Kleinigkeiten. Wir haben uns einige gute Situationen erarbeitet, die Chancen aber leider nicht in Punkte umgewandelt. Andererseits kann man bei der kurzen Vorbereitung, die wir hatten, auch nicht viel mehr erwarten. Man sieht halt wieder unser Problem: Wir sind im Gegensatz zu den anderen Mannschaften weitestgehend Amateure und haben Spieler in unseren Reihen, die sich nicht immer Urlaub oder frei nehmen können. Dennoch wissen wir, dass wir den Klassenerhalt schaffen können. Im Februar und März warten fünf Partien auf uns. Da es auswärts wohl wenig zu holen geben wird, sollten wir uns voll auf die Heimspiele gegen Portugal und Spanien konzentrieren. Gegen diese beiden Mannschaften können wir durchaus gewinnen.“
Claus-Peter Bach (DRV-Präsident): „Um in der Division 1 zu bleiben, müssen wir versuchen, unsere Mannschaft 14 Tage vor dem Spiel gegen Spanien zusammenzuziehen. Das wird natürlich Geld kosten, aber wir müssen das irgendwie hinbekommen, zumal man ja gesehen hat, dass unserer Mannschaft nicht so extrem viel fehlt. Der Kampfgeist ist da, die Kraft für eine starke Defensive ist da und der Mut im Angriff – aber es fehlt der spielerische Zusammenhalt bei den Offensivaktionen. Und das bekommt man nur durch Training hin. Unsere Dreiviertelreihe hat oft zu flach gestanden und den Ball nicht richtig in den Lauf bekommen. Daher gab es wenige Durchbrüche. Stattdessen musste zu oft um den Ball gekämpft werden, was unsere Spieler auch gut gemacht haben. Aber das kostet viel Kraft. Mit dieser Spielweise machen wir uns selbst kaputt. Und wir brauchen einen Kicker. Die beiden Straftritte waren sehr leicht auszuführen, wurden aber vergeben. Auch die Chance auf der rechten Seite hätten wir nutzen müssen. Da gibt es keine Ausrede. Wenn wir den Versuch machen und die beiden Straftritte verwandeln, steht es zur Pause 11:22. Das wäre man noch einigermaßen in Sichtweite gewesen. Letztlich waren uns die Russen aber läuferisch jedem unserer Spieler überlegen und in den Kontaktsituationen auch etwas aggressiver.“
Deutschland: Alexander Widiker (RC Orleans), Tim Coly (RG Heidelberg), Pierre Faber (RG Heidelberg/40. Benjamin Krause, SG Hannover 78/08 Ricklingen), Manuel Wilhelm (RG Heidelberg), Bodo Sieber (Capetown University), Tim Kasten (Southend RFC), Kehoma Brenner (RG Heidelberg/58. Alexander Pipa, TSV Handschuhsheim), Timur Tekkal (Victoria Linden/44. Rob Elloway, Cornish Pirates) Mustafa Güngör (RG Heidelberg), Colin Grzanna (Berliner RC), Benjamin Simm (SG Hannover 78/08 Ricklingen), Kieron Davies (Ampthill RFC/70, Lars Eckert, SC Neuenheim), Clemens von Grumbkow (RC Orleans), Benjamin Brierley (SC Frankfurt 1880/61. Sebastien Chaule, TSV Handschuhsheim), Domenick Davies (Bournemouth RFC)
Russland: (1-15) Alexander Khrokin, Vladislav Korshunov (capt), Ivan Prishepenko, Alexander Voitov, Andrey Ostrikov, Kirill Kushnare, Evgeniy Matveev, Victor Gresev – Alexander Shakirov, Yuriy Kushnarev, Alexander Gvosdovskiy, Sergey Trishin, Mikhail Babaev, Vasiliy Artemiev, Igor Kluchnikov
Auswechslungen:
53’ Fatakhov <-> Ostrikov
59’ Motorin <-> Shakirov
67’ Marchenko <-> Korshunov Kuzin <-> Trishin
77’ Yanushkin <-> Y. Kushnarev
Punkte: 0:3 – Y.Kushnarev (15’), 0:8 – Y.Kushnarev (19’), 0:10 – Y.Kushnarev (20’), 0:15 – Kluchnikov (33’), 0:17 – Y.Kushnarev (34’), 0:22 – Gresev (40’), 0:25 – Y.Kushnarev (43’), 0:30 – Trishin (63’), 0:32 – Motorin (64’), 0:37 – Gvozdovskiy (75’), 0:39 – Motorin(76’), 0:44 – Garbuzov(78’), 0:46 – Motorin (79’), 0:51 – Matveev(79’), 0:53 – Motorin (80’).
Schiedsrichter: Doyle (England) |