Bei der knappen 36-20 Niederlage gegen den Tabellenführer USV Potsdam zeigten die Kieler wieder einmal ordentliches Rugby und konnte dennoch keine Punkte einfahren. Dabei sah es zumindest 40 min so aus, als ob es für die Kieler zu Punkten reichen könnte. Zur Halbzeit stand es 10-10!
Doch der Reihe nach. In der ersten Minute zückte Schiedsrichter Scharrmann gleich eine gelbe Karte und machte deutlich, dass er sich nicht auf Scharmützel abseits des Balles einlassen wollte. Leidtragender war der Kieler Lock „Gordon Bleu“ Röder, der, kaum aufs Feld gekommen, schon wieder 10 min Pause machen konnte. Den resultierenden Straftritt verwandelte Potsdam zur 0-3 Führung. Wer jetzt glaubte, dass die Punkte wie am Fließband fallen würden, sah sich getäuscht. Die von Coach Wentzel in der Vorwoche trainierte Verteidigung zeigte Wirkung. Die Kieler rückten schnell vor und machten so ein ums andere Mal die Potsdamer Angriffsbemühung zunichte und konnten ihrerseits Druck auf die Brandenburger ausüben. Als ein Potsdamer den Ball nahe des eigenen Malfelds zu lange festhielt, erhielt Kiel einen Straftritt, den Verbinder Daniel „Ich“ Michel zum 3-3 verwandeln konnte. Spätestens jetzt wurden den Kieler Spielern klar, dass es hier doch was zu holen gab. In der Folge ging es auf dem Geläuf am PPP (Professor- Peters- Platz) auf und ab. Die Potsdamer liefen eine Welle nach der anderen, scheiterten doch wiederholt an der Verteidigung der Kieler und den eigenen Unsicherheiten im Ballhandling. Die Kieler stürzten sich mit zwei Mann auf den Ball und konnten so einige Bälle gewinnen. Eine kurze Unaufmerksamkeit sorgte jedoch erneut für Gästepunkte, als die Kieler auf dem Flügel schlecht organisiert waren und der Ball ins Malfeld gebracht werden konnte. Nach Erhöhung stand es 10-3. Doch anders als zu erwarten, oder zu befürchten, steckten die Kieler nicht auf und stürmten auf das Potsdamer Malfeld zu. Angesichts des Drucks wichen die Brandenburger immer weiter zurück und produzierten schließlich einen Ballverlust im eigenen Malfeld. Flanker Christian „Physio“ Kronberg schaltete am schnellsten und bekam die Hände an den Ball. Nach der fälligen Erhöhung stand es 10-10. Die Halbezeitansprache von Coach Wentzel war dementsprechend. Er feuerte seine Jungs an, weiter Gas zu geben. Zumindest der Defensivpunkt schien möglich. Doch der hohe Aufwand kostete seinen Tribut. Mit fortschreitender Spieldauer schwanden die Kieler Kräfte und es kam zu Lücken in der Verteidigung, die die Potsdamer geschickt nutzen konnten. Zwei Versuche für die Gäste und es stand 24-10. Doch die Kieler steckten nicht auf, schickten frische Kräfte aufs Feld und starteten ihrerseits wieder Angriffe auf das Malfeld der Brandenburger. Nach einem weiteren Straftritt von Verbinder Michel (31-13) witterten die Kieler wieder Morgenluft und setzten weiter nach. Die Potsdamer stemmten sich mit aller Macht gegen die Angriffe der Adler. Als ein Versuch nicht mehr zu verhindern war, gab der souveräne Schiedsrichter Scharrmann einen Strafversuch für Kiel, nachdem die Potsdamer regelwidrig den Ball verteidigt hatten. 31-20 und noch zehn Minuten auf der Uhr. Kiel stürmte weiter, vergaß dabei jedoch die Verteidigung, so dass die Gäste einen weiteren Versuch legen konnten. Am Ende stand es 36-20 für die Gäste, ein Ergebnis das Mut für die verbleibenden Aufgaben macht in diesem Jahr macht. Coach Wentzel Fazit: „Wieder einmal zeigten die Kieler, dass sie besser waren als das Ergebnis es ausdrückt. Das Ergebnis gibt uns allen Selbstbewusstsein für die weiteren Spiele. Jetzt weiß man, dass man auch in Kiel Rugby spielen kann!“ In der dritten Halbzeit mit den Gästen aus Potsdamer ließ man in freundschaftlicher Runde den Tag ausklingen.
Nach dem Auswärtspiel gegen Victoria Linden sind die Kieler jetzt gefordert, die guten Ansätze aus den beiden Spielen gegen Pauli und Potsdam, in Zählbares umzumünzen. Die Chance dazu besteht bei den Besuchen gegen den BRC II (14.11) und die RU Hohen Neuendorf (21.11). Die erfolgreiche Kieler Werbetrommel wird wieder ordentlich gerührt werden müssen, denn zum Gastspiel der Brandenburger waren lediglich 40 Zuschauer zu Gast.
Aus Sicht des USV Potsdam
Im Kampf der Adler musste sich der FT Adler Kiel zwar geschlagen geben, jedoch bewiesen sie ihren Kampfeswillen. Sah das Spiel auf dem Papier noch nach einer einseitigen Partie aus, konnten die Adler aus Kiel den Tabellenersten dann doch arg in Bedrängnis bringen. Der USV hatte viele Verletzte zu beklagen und als sich auch noch George Ngamotu beim Aufwärmen verletzte, musste man die letzten Register ziehen und so lief das Potsdamer Urgestein Wolfram Westphal 1,5 Jahre nach seinem Rücktritt noch einmal als Hakler auf.
Das Spiel schien von jedem Spieler auf Seiten des USV schon als sicheres Ding abgehakt, doch da machten sie die Rechnung ohne den Gegner. Die Kieler ließen es sich nicht nehmen ihren Sturm immer wieder gut in Szene zu setzten. So fand sich Potsdam ständig in Bedrängnis, viele Fehler resultierten aber auch aus Unsicherheiten in den eigenen Reihen, so wurden viele finale Pässe einfach nicht gefangen. Es dauerte bis endlich einen Versuch für Potsdam gelegt werden konnte. Kiel konnte aber relativ schnell antworten, nachdem Gedrängehalb Jahn im eigenen Malfeld einen kompletten Aussetzer hatte. Anstatt den Ball tot zu legen, wollte er noch einmal spielen, warf den Ball aber einen eigenen Spieler an den Kopf und einer der heranstürmenden Kieler musste sich nur noch draufwerfen. So ging es mit 10:10 in die Halbzeit, natürlich völlig inakzeptabel für die Potsdamer und so gab es auch eine laute Ansprache durch Trainer Robby Lehmann. Die Potsdamer begannen nun endlich auch die offenen Gedränge besser sauber zu machen und so konnte ein Versuch nach schöner Vorarbeit von Jahn, der seinen Fehler aus der 1. Hälfte unbedingt vergessen machen wollte, ins gegnerische Malfeld gebracht werden.
Als nächstes konnte dann auch der wiedergenesene Kapitän Bachmann nach einem schnell gespielten Straftritt einlaufen.
Nach einem offenen Gedränge kurz vor dem Potsdamer Malfeld, gab der sicher leitende Schiedsrichter einen Strafversuch (und eine Gelbe Karte für Burgemeister), nachdem der Ball aus dem Offenen gekickt wurde.
Als der Abpfiff endlich ertönte, konnte man sich im Potsdamer Lager nicht so recht freuen, da man mit einer solchen Leistung in den nächsten beiden entscheidenden Partien, keinen Stich sehen wird. Nach dem Spiel saß man noch mit dem netten Gastgeber bei Bier, kostenloser Wurst und Kuchen und wertete das Spiel noch mal aus bevor man sich, viel zu früh, auf die lange Heimreise machen musste.
Tilo Michaelis |