Raus mit Applaus.
Trotz einer starken Leistung unterlag Hannover 78 der Rudergesellschaft Heidelberg im Viertelfinale der Meisterrunde mit 7:13 und ist aus dem Wettbewerb ausgeschieden. Der Sieg hätte auch an die Gastgeber fallen können, nur einige wenige Kleinigkeiten gaben diesmal den Ausschlag für den Gästeerfolg.
Fast 400 Zuschauern waren trotz Kälte und Regen an den Schnellen Graben gekommen. Ein Indiz dafür, dass die hannoverschen Rugbyfans endlich einmal wieder einen richtigen Nord-Süd-Gipfel erleben wollten. Die bisherigen Begegnungen in dieser Spielzeit –mit mehr als deutlichen Ergebnissen- hatten diesen Reiz nicht.
Gleich zu Beginn machten die Gäste klar, wie sie ihren Gegnern beikommen wollten. Sehr viel Konzentration wurde auf die Standardsituationen gelegt. Denn so konnte die augenscheinliche körperliche Überlegenheit genutzt werden. Vor allem am Gedränge dominierten die Heidelberger. Mit Leichtigkeit wurden die eigenen Einwürfe im Vorwärtsgang gewonnen. Und bei gegnerischen Einwürfen setzte der Gästesturm den Gegner so unter Druck, dass dieser kein geordnetes Angriffsspiel aufziehen konnte. In der ersten Halbzeit bestimmte die RGH so klar das Geschehen. Doch es waren die 78er, die nach guter Verteidigung und einem „gestohlenem Ball“ zum ersten Versuch kamen. Eingeleitet von Benjamin Simm konnte Nikolas Müller nach sehenswerten Ballstafetten ins gegnerische Malfeld einlaufen. Phil Szczesny erhöhte zur überraschenden 7:6-Führung für 78.
Bis zur Pause blieb der Gast überlegen, fand jedoch kein Durchkommen und punktete lediglich durch zwei von Fabian Heimpel verwandelte Straftritte.
Umgekehrte Vorzeichen in der zweiten Halbzeit: Mehr und mehr fand 78 besser in die Begegnung und schaffte sich –trotz Rückwärtsbewegung im Sturm- Feldvorteile. Mehrmals sorgten schnelle Angriffe für Gefahr, manchmal fehlen nur wenige Schritte zum zweiten Versuch.
In dieser Drangperiode sorgte dann aber die RGH für die Entscheidung. Einen Ballverlust der 78er nutzten Marvin Diekmann und Florian Wehrspann zu einem Konter, kickten den Ball mehrmals nach vorn und gemeinsam warfen sie sich im Malfeld auf den Ball. Heimpel erhöhte sicher zum 13:7. Auch das war ein Unterschied an diesem Tag. Während Heimpel 3 von 4 Kicks sicher verwandeln konnte, scheiterte Szczesny bei zwei leichten Straftritten.
Die Gastgeber wirkten nun konditionsstärker und setzten sich in der gegnerischen Hälfte fest. Bis zum Schlusspfiff bemühte sich 78 um eine Ergebniskorrektur, schaffte aber nicht mehr den entscheidenden Durchbruch. Die Wende gelang nicht mehr.
Die Begegnung am Schnellen Graben hatte Klasse. Beide Mannschaften schenkten sich keinen Meter und trotz weniger Nickligkeiten war es eine faire Partie. Die Gäste hatten in den „Sturm-Senioren“ Tim Coly und Manuel Wilhelm ihre Aktivposten, die den offensichtlich vorgegebenen Fahrplan umsetzten und die Konzentration bei den Standardsituationen hoch hielten. 78 überzeugte durch Lauffreude, verteidigte beherzt und hätte mit mehr eigenem Ballbesitz gewinnen können. In Sczcesny und Müller hatten die Gastgeber trickreiche Spieler, die immer für Gefahr sorgten.
Schade für 78, dass nach diesem Spiel, welches allen Zuschauern Lust auf „mehr“ machte, die Saison nun vorbei ist.
Nicht mit diesem hohen Niveau mithalten konnte der Heidelberger Schiedsrichter Florian Forstmeyer. Eine uneinheitliche Regelauslegung z.B. beim Drehen des Gedränges und dem Bodenspiel sorgte auf beiden Seiten für Verwirrung. Und anstatt dieses schnelle Spiel zu fördern, fand er Gefallen an immer mehr Unterbrechungen. Jede zweite Gasse und jedes vierte Gedränge wurde mit schiefem Einwurf sanktioniert. Sollte hier die eigene offensichtlich mangelnde Fitness kaschiert werden?
Ein Straftrittverhältnis von 70:30 zu Gunsten der RGH kann für die technischen Unzulänglichkeiten der 78er sprechen. Es kann aber auch Vereinsbrille auf einen Beigeschmack haben Vereinsbrille ab.
Glückwunsch an die RGH zum Erreichen des Halbfinales. Viel Erfolg im weiteren Wettbewerb. Als Team präsentierten sich die Heidelberger am Schnellen Graben sympathisch und sie sorgten für ein tolles Spiel. Leider wird es mindestens ein Jahr dauern, bis es erneut zu derart packenden Begegnungen kommen kann.
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